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Licht über den Klippen

Licht über den Klippen

Titel: Licht über den Klippen
Autoren: Susanna Kearsley
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und hatte das
große Haus ihren Stiefkindern überlassen. Ich konnte es ihr nicht verdenken.
Von außen sah Trelowarth House wunderschön aus, doch es war und blieb ein
zugiges, feuchtes und reparaturbedürftiges altes Gemäuer mit riskant verlegten
elektrischen Leitungen, während das kleine Cottage, das seit den zwanziger
Jahren des vergangenen Jahrhunderts an dieser Stelle stand, Behaglichkeit bot.
    Wir traten ein, ohne zu klopfen, mit sämtlichen Hunden. Claire, die
im Wohnzimmer saß und las, legte das Buch weg und stand auf, um mich zu umarmen.
    Claire Hallett schien das Alter nichts anhaben zu können. Sie wirkte
mit fast sechzig genauso wie in meiner Kindheit. Vielleicht war ihr Haar ein
wenig kürzer und grauer als damals, aber sie trug noch immer Jeans und strahlte
Stärke und Energie aus. »Schön, dass du da bist«, begrüßte sie mich. »Katrinas
Tod hat uns sehr traurig gemacht.«
    Als sie sah, wie mir die Tränen in die Augen stiegen, wandte sie
sich anderen Themen zu, dem Cottage und den Veränderungen, die sie daran vornehmen
wollte. Wir setzten uns an den wackligen alten Küchentisch, tranken Claires
starken Tee und aßen dazu Käsesandwiches mit Mixed Pickles, als wäre unser
letztes Treffen Monate, nicht Jahre, her.
    Susan erzählte von der Teestube, die sie eröffnen wollte. »Mark ist
natürlich dagegen. Er kann Veränderungen nicht leiden.«
    »Es geht nicht um die Veränderungen«, widersprach Mark, »sondern um
die simple Tatsache, dass die Nachfrage fehlt.«
    »Dann sorgen wir eben dafür. Wir könnten die Touristen busweise
anlocken, wenn wir die Gärten für die Öffentlichkeit zugänglich machen.«
    »Busse sind zu groß für die Straßen von Polgelly.«
    »Dann lässt man sie eben von der anderen Seite kommen, von St.
Non’s. Da fahren die Touristen sowieso hin, um sich den Brunnen anzuschauen –
und hinterher kommen sie zum Lunch hierher.« Susan wandte sich ihrer
Stiefmutter zu. »Du bist doch hoffentlich auf meiner Seite, oder?«
    »Ich halte mich da raus.« Claire schenkte mir Tee nach. »Trelowarth
gehört jetzt euch; ihr müsst euch untereinander einigen.«
    Susan verdrehte die Augen. »Du behauptest, du hättest Trelowarth
aufgegeben, aber wir wissen alle, dass du nie …«
    »Wende dich doch an Eva«, meinte Claire. »Es ist ihr Beruf, Dinge an
den Mann zu bringen.«
    Susan und Mark sahen mich an, doch ich schüttelte den Kopf. »Ich
glaube, ich sollte mich da besser auch raushalten.«
    Mark machte kein Hehl aus seiner Belustigung. »Das wird dir bei
Susan nicht gelingen. Sie wird dir, so lange du hier bist, in den Ohren
liegen.«
    »Du bleibst doch ein bisschen, oder?«, fragte Susan mich. »Nicht nur
übers Wochenende.«
    »Mal sehen.«
    Claires Blick fiel auf meine Hand. »Das ist der Ring deiner Mutter,
stimmt’s?«
    »Ja.« Der Claddagh-Ring, den Bill im Krankenhaus von Katrinas Finger
gezogen und mir gegeben hatte. Meine Mutter hatte den kleinen Goldreif mit dem
gekrönten Herzen, gehalten von zwei behandschuhten Händen, ein Symbol
immerwährender Liebe, von ihrer irischen Großmutter geerbt, die nach Cornwall
gegangen war.
    Claire lächelte, als wüsste sie genau, warum ich nach Trelowarth
House gekommen war. Sie legte ihre Hand auf die meine und sagte: »Bleib, so
lange du möchtest.«

DREI

    A ls wir den Wilden Wald über den Küstenpfad verließen und
nach Trelowarth zurückgingen, stand die Sonne so tief am Himmel, dass die
Schatten vor uns lang wurden.
    Die Hunde, die während unseres Besuchs bei Claire ruhig geblieben
waren, sprangen jetzt an Susan hoch. »Sie haben Hunger«, erklärte sie mir und
führte sie zum Hintereingang. Weil mein Koffer vorn stand, kehrte ich mit Mark
dorthin zurück.
    Als Mark das Licht einschaltete, freute ich mich zu sehen, dass das
Haus sich nicht verändert hatte; in der geräumigen Eingangshalle atmete ich den
vertrauten Geruch von altem poliertem Holz und verstaubten Wollteppichen ein.
Früher war diese Halle vermutlich mit dem gleichen dunklen Holz verkleidet
gewesen wie die Wohnzimmertür zu meiner Linken und die Treppe, die dahinter zu
den Schlafzimmern hinaufging, doch ein Hallett aus einer früheren Generation
hatte die Vertäfelung verputzen lassen, um den Raum freundlicher zu gestalten.
    Ebenfalls links von mir und jenseits der großen Treppe führte ein
schmaler Flur zum Billardzimmer und zur Küche am hinteren Ende des Gebäudes,
und zu meiner Rechten befanden sich die Türen zum Esszimmer und zum Salon.
    Mark blieb
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