Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Macabros 004: Konga, der Menschenfrosch

Macabros 004: Konga, der Menschenfrosch

Titel: Macabros 004: Konga, der Menschenfrosch
Autoren: Dan Shocker
Vom Netzwerk:
»Ich hätte Angst«, sagte der Mann mit dem bleichen
Gesicht und den hervorquellenden Basedowaugen.
    »Angst? Wovor?« Der Jüngere hob den Kopf und
unterbrach die Arbeit, mit der er sich gerade beschäftigte.
    Vor ihm auf dem klobigen Tisch lag auf einem Brett ein Frosch
gespannt. Der gedrungene Körper war mit vier silberschimmernden
Nadeln aufgespießt. Zwischen den Spannhäuten der kurzen
Vorderbeine steckten die Nadeln ebenso wie in den langen hinteren
Gliedmaßen. Der Frosch lag wie zum Sprung bereit. In dem
erdbraunen Körper schien noch Leben zu sein. Ein leichtes Zucken
lief durch die Gliedmaßen. Es waren elektrische Impulse, denen
die Muskeln noch unterworfen waren.
    Jörg Maruschka hob den Blick, als sein Gast, dessen Alter
schwer zu schätzen war, nicht weiter sprach.
    »Was wolltest du sagen?« hakte Maruschka nach. Sein
unsteter Blick wanderte über den Mann, der auf der anderen Seite
des Tisches stand, das Gesicht halb im Schatten. Die tief von der
Decke herabgezogene Lampe leuchtete nur einen bestimmten Fleck auf
dem Tisch aus, der zur Operationsfläche geworden war. Hier
wollte Maruschka den Frosch auseinandernehmen und sezieren. Er wollte
die drüsenreiche Hautschicht ablösen und freilegen.
Ähnliche Versuche hatte er mit Käfern und Insekten und auch
anderen Fröschen schon gemacht.
    Maruschka war zumindest ebenso merkwürdig wie sein bleicher
Besucher.
    Der junge Mann kannte den älteren seit geraumer Zeit. Wie
Maruschka, so lebte auch Tössfeld in einer selbstgewählten
Abgeschiedenheit.
    Tössfeld war eines Tages hierher zu ihm ins Moor gekommen,
und so hatte ihre Bekanntschaft begonnen. Sie hatten entdeckt,
daß sie fast die gleiche Leidenschaft hatten: seltsamen und
ungewöhnlichen Dingen auf den Grund zu gehen, Käfer und
Insekten zu sammeln und zu konservieren. Doch ihr Interesse ging weit
über das eines Biologen oder Naturwissenschaftlers hinaus.
    Maruschka kam es darauf an, nach Wahrheiten zu suchen, die
jenseits der sichtbaren Dinge lagen. Er hatte in alten Büchern
entdeckt, daß es für viele Käfer- und Insektenarten
göttliche wie teuflische Bestimmungen gab. Dieses oder jenes
Tier erfüllte einen bestimmten Zweck im okkulten Bereich.
    So wußte er von Käfern und Insekten, deren Eingeweide
man in Liebestränke gemischt hatte.
    Auch der Frosch, der ihn seit geraumer Zeit am stärksten
interessierte, war ein geheimnisvolles Tier. Im alten Ägypten
war er als weibliche Gottheit bekannt, die für glückliche
Geburten und ein langes Leben zuständig war.
    In der Bibel dagegen wurde er als zweite Plage apostrophiert, die
Gott schickte, um die Ägypter zu bestrafen. Der Frosch war das
Symbol für die unreinen Geister.
    Dies hatte jedoch die Menschen im 4. Jahrhundert nicht daran
gehindert, den Frosch als Zeichen der Wiedergeburt und des ewigen
Lebens auf Lampen und Gefäßen darzustellen.
    Maruschka und Tössfeld hatten sich oft über diese
rätselhaften Probleme unterhalten.
    Für Maruschka war Tössfeld der ideale
Gesprächspartner. Tössfeld versuchte sich in okkulten
Praktiken, und sein Wissen auf dem Gebiet der Astrologie war
bemerkenswert. Tössfeld war ein Grübler und Sucher und
überzeugt davon, den Sinn seines Lebens nur erfüllen zu
können, wenn er abseits der menschlichen Gesellschaft lebte und
ganz in seinen Forschungen aufging.
    Er schrieb an einem Buch, das – dieser Überzeugung war
er – nach seiner Veröffentlichung eine Sensation werden
würde.
    Tössfeld druckste herum. Er wollte mit der Sprache nicht
heraus. Aber man sah ihm an, daß er sich nicht ganz wohl in
seiner Haut fühlte.
    Als Jörg Maruschka nach einem scharfen Seziermesser griff und
mit einer beinahe zärtlichen Bewegung die großen,
rückziehbaren Froschaugen zurückschob, lief ein eisiger
Schauer über den Rücken des bleichen, etwas gedrungenen
Mannes.
    »Ich wollte eigentlich schon immer dabei sein, wenn du das
tust«, bemerkte Tössfeld mit belegter Stimme. Seine Augen
glitzerten. »Aber es macht mir doch ’ne Menge aus. Ich habe
geglaubt, abgebrühter zu sein.«
    Jörg Maruschka lachte. Er hielt den Kopf gesenkt. Trotz
seiner Jugend wurde sein Haar schon schütter, und das gelbliche,
unruhige Licht der Petroleumlampe spielte auf der gebräunten
Kopfhaut, die durchs Haar schimmerte.
    »Es ist doch nur ein Frosch«, bemerkte Maruschka. Seine
Miene war gespannt. Mit dem Handrücken rieb er an seiner
großen, breiten Nase.
    »Nur ein Frosch«, echote Tössfeld. Die Angst in
seinem Blick war nicht zu
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher