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Lenobias Versprechen: Eine House of Night Story (German Edition)

Lenobias Versprechen: Eine House of Night Story (German Edition)

Titel: Lenobias Versprechen: Eine House of Night Story (German Edition)
Autoren: P.C. Cast , Kristin Cast
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Welt verschickt zu werden, um dort einen unbekannten Fremden heiraten zu müssen.
    »Grausam … beängstigend …«, wiederholte Lenobia dann leise, griff nach dem Rosenkranz ihrer Mutter und betete wieder und wieder: »Gegrüßet seiest du, Maria, voll der Gnade, der Herr ist mit dir. Du bist gebenedeit unter den Frauen …« – genau wie ihre Mutter es getan hatte, solange sie sich erinnern konnte, bis das Geflüster der Schankmägde in der Erinnerung an die Stimme ihrer Mutter unterging.
    Am dritten Vormittag erreichten sie die Hafenstadt Le Havre. Prompt versiegte der Regen, und der Nebel begann sich zu lichten. Alles war von dem Geruch nach Fisch und Meer durchdrungen. Als die Kutsche schließlich hielt und Lenobia auf den Kai hinaustrat, vertrieb eine kühle Brise die letzten Wolken, und wie um sie willkommen zu heißen, erstrahlte die Sonne über einer verschwenderisch bunten Fregatte, die ruhelos schaukelnd im Hafenbecken vor Anker lag.
    Ehrfürchtig starrte Lenobia das Schiff an. Über den ganzen Rumpf verlief ein blaues Band mit kunstvoll gemalten goldenen Arabesken, die an Blumen und Efeu erinnerten. Auch orangene, schwarze und gelbe Malereien waren am Rumpf und an Deck zu sehen. Und den ihr zugewandten Bug zierte die Galionsfigur einer Göttin mit ausgestreckten Armen, deren Gewand wild in einem erstarrten Sturm flatterte. Sie trug einen Helm wie zur Schlacht gerüstet. Zu Lenobias Erstaunen stockte ihr beim Anblick der Göttin der Atem, und ihr Herzschlag beschleunigte sich.
    »Mademoiselle d’Auvergne? Mademoiselle? Excusez-moi, êtes-vous Cécile Marsan de la Tour d’Auvergne?«
    Nicht die halb verwehten Worte, sondern das Flattern des braunen Habits der Nonne war es, das endlich Lenobias Aufmerksamkeit erregte. Bin ich Cécile? Mit Schrecken erkannte Lenobia, dass die Schwester sie von ferne gerufen und, als keine Reaktion kam, die Gruppe reichgekleideter junger Damen, bei der sie stand, verlassen hatte und nun zu ihr eilte. In ihrer Miene war Besorgnis zu erkennen.
    »Es – es ist so schön!«, entfuhr es Lenobia.
    Die Nonne lächelte. »In der Tat. Und falls Ihr Cécile Marsan de la Tour d’Auvergne seid, werdet Ihr Euch freuen zu hören, dass es weit mehr als nur schön ist – es ist Euer Weg in ein neues Leben.«
    Lenobia atmete tief ein, legte die Hand auf die Brust, um den Rosenkranz ihrer Mutter spüren zu können, und sagte: »Ja, ich bin Cécile de la Tour d’Auvergne.«
    »Ah, wie freue ich mich! Ich bin Schwester Marie Madeleine. Ihr seid die Letzte der Demoiselles. Nun können wir endlich an Bord gehen.« Ihre braunen Augen blickten freundlich. »Ist es nicht ein wunderbares Vorzeichen, dass Ihr die Sonne mitgebracht habt?«
    »Ich hoffe es, Ehrwürdige Schwester«, sagte Lenobia und musste sich beeilen, mit der Nonne Schritt zu halten, die sie mit wehenden Gewändern zu den Mädchen führte.
    »Mademoiselle d’Auvergne ist angekommen. Wir sind vollzählig.« Gebieterisch winkte die Nonne einigen müßig herumstehenden Seeleuten, die der Mädchenschar heimlich neugierige Blicke zuwarfen. » Allons-y! Bringt uns auf die Minerva , aber lasst trotz der Eile Sorgfalt walten. Commodore Cornwallis möchte mit der Flut auslaufen.«
    Mit angehaltenem Atem musterte Lenobia jedes der Mädchen in der Angst, es könnte ein bekanntes Gesicht darunter sein. Als sie feststellte, dass ihre ängstlichen Mienen alles waren, was ihr vertraut vorkam, atmete sie erleichtert aus. Dennoch hielt sie sich am Rand der Gruppe und richtete ihre Aufmerksamkeit einzig auf das Schiff und das Ruderboot, das sie dorthin bringen würde.
    »Bonjour, Cécile« , sagte da leise und schüchtern ein Mädchen, das nicht älter als dreizehn aussah. »Je m’appelle Simonette La Vigne.«
    »Bonjour« , sagte Lenobia und versuchte zu lächeln.
    Das Mädchen drängte sich dichter an sie heran. »Habt Ihr auch so schreckliche Angst?«
    Lenobia musterte sie. Sie war ohne Zweifel hübsch – lange dunkle Locken, die ihr über die Schultern fielen, und ein zartes, unschuldiges Gesicht mit milchweißem Teint, der nur von zwei hochroten Flecken auf den Wangen getrübt wurde. Die Kleine fürchtete sich offenbar zu Tode.
    Lenobia warf noch einmal einen Blick in die Runde der Mädchen, und erst diesmal sah sie sie richtig. Alle waren hübsch, gut gekleidet und ungefähr in ihrem Alter. Ihrer aller Augen waren geweitet, und sie zitterten. Manche weinten sogar leise vor sich hin. Eine kleine Blonde schüttelte mechanisch den
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