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Lenobias Versprechen: Eine House of Night Story (German Edition)

Lenobias Versprechen: Eine House of Night Story (German Edition)

Titel: Lenobias Versprechen: Eine House of Night Story (German Edition)
Autoren: P.C. Cast , Kristin Cast
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bereits langsam zu der nächsten Kerzenflamme aus, die heller und heller flackerte, als erwartete sie sehnlich seine Berührung – da fiel sein Blick auf das dicke Bleisiegel auf dem Pergament, und das Blut schien ihm in den Adern zu gefrieren.
    »Eine päpstliche Bulle!« Mit diesen Worten wich ihm der Atem aus den Lungen, als wäre das Siegel wahrhaftig ein Schild, das ihm vor die Brust gerammt wurde.
    »Ja. Ich bin im Auftrag Seiner Heiligkeit hier. In Rom ist bekannt, dass ich hier bin, und wie Ihr selbst nachlesen könnt: Falls mir oder einem meiner Begleiter bei diesem Besuch ein feuerbedingtes Ungeschick zustoßen sollte, wird die Gnade Seiner Heiligkeit in Grimm umschlagen, und er wird nicht zögern, Vergeltung an Euch zu üben. Wäret Ihr nicht so sehr damit abgelenkt gewesen, Eure Kanzel zu entweihen, dann hättet Ihr bemerkt, dass meine Eskorte nicht aus Geistlichen besteht. Seine Heiligkeit hat mir seine persönliche Garde zur Seite gestellt.«
    Mit zitternden Händen nahm Charles die Bulle und brach das Siegel auf. Während er las, schallte die Stimme des Erzbischofs durch das Zimmer.
    »Man hat Euch nun fast ein Jahr lang genau beobachtet und Berichte nach Rom gesendet. Seine Heiligkeit ist zu dem Schluss gekommen, dass Eure Vorliebe für das Feuer nicht unbedingt, wie viele von uns glauben, einer dämonischen Macht geschuldet sein muss. Er ist bereit, Euch die Chance zu geben, Eure ungewöhnliche Gabe zum Wohl der Kirche einzusetzen, um diese dort zu beschützen, wo sie am verwundbarsten ist. Und nirgendwo ist das mehr der Fall als in Neu-Frankreich.«
    Charles hatte das Ende der Bulle erreicht und sah auf. »Der Papst schickt mich nach Nouvelle-Orléans.«
    »So ist es.«
    »Nein. Ich werde meine Kathedrale nicht verlassen.«
    »Nun, das ist Eure Entscheidung, mein Sohn. Doch wisset: im Falle, dass Ihr diese Verfügung missachtet, hat Seine Heiligkeit seiner Garde die Anweisung erteilt, Euch zu ergreifen, worauf Ihr exkommuniziert und der Hexerei für schuldig befunden werden sollt. Wir werden sehen, wie groß Eure Liebe zum Feuer noch ist, wenn Ihr selbst auf einem Scheiterhaufen steht.«
    »Dann habe ich also keine Wahl.«
    Der Erzbischof stand auf und zuckte mit den Schultern. »Wäre es nach mir gegangen, so hättet Ihr nicht einmal diese Wahl gehabt.«
    »Wann soll ich Frankreich verlassen?«
    »Unverzüglich. Mit der Kutsche braucht Ihr zwei Tage bis nach Le Havre. In drei Tagen legt dort die Minerva ab. Seine Heiligkeit hat bestimmt, dass Euer Schutzauftrag für die Kirche in dem Augenblick beginnen soll, da Ihr den Boden der Neuen Welt betretet, wo Ihr den Bischofssitz in der Cathédrale Saint-Louis übernehmen werdet.« Antoine lächelte verächtlich. »Ihr werdet feststellen, dass man in Nouvelle-Orléans nicht so freigiebig mit seinen Gütern ist wie in Évreux, doch vielleicht wird Eure Gemeinde in der Neuen Welt nachsichtiger sein, was Eure, nun nennen wir es einmal, Exzentrik angeht.« Der Erzbischof machte sich schlurfend auf den Weg zur Tür, drehte sich jedoch noch einmal um und sah Charles direkt an. »Was seid Ihr? Seid ehrlich zu mir. Ich werde es Seiner Heiligkeit nicht weitergeben.«
    »Ich bin ein bescheidener Diener der Kirche. Alles andere sind Übertreibungen, sie entstammen Neid und Aberglauben.«
    Der Erzbischof schüttelte den Kopf. Ohne ein weiteres Wort verließ er den Raum. Als die Tür sich hinter ihm geschlossen hatte, ballte Charles beide Hände zur Faust und ließ sie auf die Tischplatte niedersausen. Geschirr und Besteck klirrten heftig, die Kerzen flackerten wild, und Wachs rann an ihren Seiten herab, als weinten sie vor Schmerz.

    Während der zwei Tage dauernden Reise nach Le Havre hüllten Nebel und Regen die Kutsche, in der Lenobia saß, in einen so undurchdringlichen grauen Schleier, dass ihr schien, als wäre sie aus der ihr bekannten Welt und von ihrer liebenden Mutter weggerissen und in ein nicht enden wollendes Fegefeuer versetzt worden. Tagsüber sprach sie mit niemandem. In den kurzen Pausen erledigte sie nur ihre dringendsten körperlichen Bedürfnisse, dann ging es weiter bis zum Anbruch der Dunkelheit. An beiden Abenden hielt die Kutsche an netten Gasthöfen, deren Wirtinnen sich Cécile Marsans de la Tour d’Auvergne annahmen, sich über ihre Jugend und fehlende weibliche Begleitung ausließen und, wenn sie sich außer Hörweite glaubten, mit den Schankmädchen darüber tuschelten, wie atroce und effrayant es sein musste, einfach in eine neue
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