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Lenobias Versprechen: Eine House of Night Story (German Edition)

Lenobias Versprechen: Eine House of Night Story (German Edition)

Titel: Lenobias Versprechen: Eine House of Night Story (German Edition)
Autoren: P.C. Cast , Kristin Cast
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Kopf und umklammerte ein juwelenbesetztes Kruzifix, das sie an einer dicken goldenen Kette um den Hals trug. Sie alle fürchten sich , erkannte sie.
    Sie lächelte Simonette an, und dieses Mal war es nicht nur eine Grimasse. »Nein, ich habe keine Angst«, sagte sie in viel kräftigerem Ton, als ihr zumute war. »Das Schiff ist wunderschön.«
    »A-aber ich kann nicht schwimmen!«, stammelte die zitternde kleine Blonde.
    Schwimmen? Ich mache mir Sorgen, als Betrügerin entlarvt zu werden, meine Mutter nie wiederzusehen und ein ganz neues Leben in einem anderen Land beginnen zu müssen. Und sie hat Angst, dass sie vielleicht schwimmen muss. Sie brach in Lachen aus. Sofort waren die Blicke aller Mädchen und der Nonne auf sie gerichtet.
    »Lacht Ihr mich aus, Mademoiselle?«, fragte die Kleine.
    Lenobia räusperte sich. »Nein, natürlich nicht. Ich dachte nur eben, wie lustig es aussehen würde, wenn wir alle versuchen würden, zur Neuen Welt zu schwimmen. Wie ein treibender Blumenstrauß.« Wieder musste sie lachen, diesmal weniger hysterisch. »Ist es nicht besser, dass wir stattdessen dieses herrliche Schiff haben?«
    »Was redet Ihr von Schwimmen!«, fragte Schwester Marie Madeleine. »Niemand hier muss schwimmen können. Mademoiselle Cécile tut ganz recht, über einen solchen Gedanken zu lachen.« Die Nonne trat zur Kaimauer, wo die Matrosen schon bereitstanden, um den Mädchen ins Boot zu helfen. »Nun kommt. Wir müssen an Bord, damit die Minerva ablegen kann.« Ohne noch einmal zurückzusehen, nahm sie die Hand des erstbesten Seemanns und trat ungeschickt, aber schwungvoll in das schaukelnde Ruderboot. Nachdem sie sich gesetzt hatte, zupfte sie erst ihren voluminösen braunen Habit zurecht, ehe sie aufsah.
    Keines der Mädchen folgte ihr. Einige waren sogar auf Abstand zu dem Boot gegangen, und die Tränen verbreiteten sich so geschwind wie eine Seuche.
    Das hier ist nicht so schlimm, wie meine Mutter zu verlassen , sagte Lenobia sich fest. Und auch nicht so schlimm, wie die Bastardtochter eines gleichgültigen Herzogs zu sein. Sie zauderte nicht lange, trat an die Kante des Kais und streckte die Hand aus, als wäre sie es gewohnt, dass stets ein Diener zur Hand war, um ihr zu helfen, und ehe sie ihre Kühnheit noch einmal überdenken konnte, stand sie schon in dem kleinen Boot und sank neben Schwester Marie Madeleine auf die Bank. Die Nonne drückte ihr kurz, aber fest die Hand. »Gut gemacht.«
    Lenobia hob das Kinn und sah Simonette an. »Kommt, kleine Blume! Ihr habt nichts zu befürchten.«
    »Oui!« , sagte Simonette, schürzte ihre Röcke und nahm die ausgestreckte Hand eines Seemanns. »Wenn Ihr es wagt, kann ich es auch.«
    Das brach den Damm des Widerstrebens. Bald kletterten alle mit Hilfe der Matrosen in das Boot, und aus den Tränen wurde Lächeln, während die Selbstsicherheit der Mädchen wuchs und ihre Furcht sich in Seufzer der Erleichterung und sogar in zögerndes Lachen auflöste.
    Lenobia hätte nicht sagen können, wann aus ihrem eigenen gezwungenen, unechten Lächeln ehrliche Freude wurde, aber als das letzte Mädchen an Bord kletterte, erkannte sie, dass sich die Enge in ihrer Brust gelockert hatte, als könnte ihr Kummer tatsächlich erträglich werden.
    Sie waren schon fast am Schiff angelangt, während Simonette munter darüber plauderte, dass sie trotz ihrer beinahe sechzehn Jahre noch nie das Meer gesehen hatte und darum wohl nur ein wenig aufgeregt war, als eine vergoldete Karosse vorfuhr, der ein hochgewachsener Mann in purpurner Robe entstieg. Er trat an die Kaimauer und blickte grimmig zu den Mädchen im Boot und dann zu dem wartenden Schiff hinüber. Alles an ihm – von seiner Haltung bis zu seiner finsteren Miene – erschien zornig, aggressiv … und vertraut. Furchterregend vertraut …
    Lenobia überkam wachsender Unglauben und Schrecken. Nein, bitte, nicht er!
    »Sein Blick macht mir Angst«, sagte Simonette leise. Auch sie starrte zu dem Mann auf dem fernen Kai hinüber.
    Schwester Marie Madeleine tätschelte ihr tröstend die Hand. »Ich habe heute Morgen erst erfahren, dass das Bistum Nouvelle-Orléans mit seiner wunderschönen Kathedrale Saint-Louis einen neuen Bischof bekommen wird. Das muss er sein.« Sie lächelte Simonette freundlich an. »Du musst keine Angst haben. Wir dürfen uns glücklich schätzen, dass der gute Bischof mit uns gemeinsam nach Nouvelle-Orléans reist.«
    »Wisst Ihr, wo er herkommt?«, fragte Lenobia. Doch sie kannte die Antwort bereits,
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