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Leichensache

Leichensache

Titel: Leichensache
Autoren: Norbert Horst
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mit.
    »Na?«
    Thomas bleibt stumm, sieht, ob Nr. 4 schon weg ist.
    »Scheiße. Aber war sowieso sehr vage«, er sammelt die Nummerntafeln ein, »tausche eine nicht voll auswertbare Fingerspur gegen zwanzig eindeutige Zeugenaussagen. Eine Nachbarin hat zur tatrelevanten Zeit einen Mann im Flur gesehen. Der Taxifahrer war es wahrscheinlich nicht. Beim zweiten Durchgang warst du verdächtig.«
    »Wahrnehmung ist ein Konstrukt. Ist das neu für dich?« Er winkt ab.
    »Warten wir den Tatortbefund ab und die Befragung der Verwandten, dann sehen wir vielleicht schon ein Stück weiter.« Er räumt weiter auf. »Die beiden lagen mindestens zwei Tage, sagt der Doc.«
    »Zwei Tage Vorsprung, na ja. Der MK-Raum ist übrigens leer.«
    Er hebt die Hand, nickt, weiß er schon.
    »Ach, ja, wenn alles schief läuft. Wo warst du denn vorgestern?«
    Scherzkeks.
     
    Die Tür zu Ullas Büro steht auf, Gerster, Röhrig und Stroter wühlen in Spurenordnern. Atze beugt sich über Ulla, erklärt eine Skizze im Tatortbefundbericht. Sie lugt unter seiner Achsel durch.
    »Konni, ich habe dir die Spuren alle in dein Büro gelegt. Der MK-Raum ist jetzt leer, Tom kann sich da ausbreiten, wenn er will.«
    »Ich danke dir, du Größte, Schönste, Beste aller Aktenfüchsinnen.« Sie nimmt den Scherz mit Dir-ist-nicht-zu-helfen-Gesicht.
    »Um halb fünf sind alle da?«
    »Alle, von denen, die noch da sind!«
    »Bis auf mich«, Atze kippt die Hand nach oben ohne aufzusehen. »Ich habe seit Wochen einen Banktermin, schon zweimal verschoben.«
    Kein Problem, nicht bei Atze. Bis gleich.
    Der Flur ist leer, Marlies kommt aus dem Treppenhaus, wieselt zum Computer. Tür zu. Ulla hat die Spurenkörbchen neben dem Aktenrollschrank gestapelt. Das Eingangskörbchen ist voll. Mal sehen, was im Radio kommt. Nick Kershaw, fünftausend Jahre alt. Wahrscheinlich WDR II, was sonst. So, von oben abarbeiten.
     
    Spur 88
    Auf mündliche Vorladung erscheint der Bankkaufmann
    Herbert Ries, 14.05.60 in München,
    wh. hier, am Taubenschlag 12.
    Herr Ries war am Tatabend Gast im Squash-Center »Quick«. Er hat nach eigenen Angaben die Gaststätte zusammen mit seiner Spielpartnerln
    Anna Ruprecht, 11.11.78 in Korschenbroich,
    wh. hier, Quittensteg 3,
    gegen 21.20 Uhr verlassen. Die Angaben werden von Frau Ruprecht und der Wirtin des »Quick«, Frau Dagmar Sieg, weitere Pers. bekannt, bestätigt.
    Die Spur ist erledigt.
    Schäfer, KHK
     
    Ulla mit Akten unterm Arm, Zigarette im Mundwinkel, muss ein Auge zukneifen, wuchtet das Papier neben die Kaffeemaschine.
    »Die sind fertig nach meiner Einschätzung«, sie legt die Zigarette ab, »nur noch ein paar mit Nachermittlungen, aber nicht zu viele. Wollen wir mit Engel eine Tatortbegehung machen?«
    »Hm. Ne, bringt, glaub ich, nichts. Jetzt noch nicht. Vielleicht später. Ich würde da aber gern noch einmal hinfahren. Morgen oder so, jedenfalls noch vor’m Abschlussbericht.«
    Sie teilt den Aktenstapel auf, macht Notizen, klemmt Zettelchen, bildet neue Stapel, sortiert, hält inne.
    »Ist doch gut gelaufen letztendlich, hm?«
    »Wir haben noch kein Geständnis.«
    »Ach ja, hier …«, sie reicht ein Fax, vom Institut, Bestätigung der telefonischen Voranalyse, Bericht folgt, »was willst du mehr?«
    »Du meinst, ich soll die Bande loben morgen in der Frühbesprechung?«
    Nicken mit hochgeschobener Unterlippe.
    »Hast du noch was für die Besprechung?«
    Sie lehnt sich zurück, dreht die Augen nach oben links, dann nach rechts, faltet die Hände hinter dem Kopf.
    »Nein.« Pause, drei Atemzüge. »Unsere wie vielte MK ist das eigentlich zusammen?«
    »Keinen Schimmer. Dieses Jahr …«, Martinez, Greuter, Möcker war mit Atze, Yildiz, »… dieses Jahr die vierte, oder?«
    Sie sieht wieder nach oben, immer noch Hände hinter dem Kopf. Verhaltenes Nicken, abwesend. »Und alle geklärt.« Sie schnellt nach vorn, schlägt die Hände auf die Schreibtischplatte, sieht auf die Uhr. »Los, komm, einmal einigermaßen Feierabend heute.«
    »Einfach abhauen, meinst du? Den Rest einfach mal liegen lassen?«
    »Der Rest«, sie wedelt mit dem Fax, »der Rest ist ein Kinderspiel.«

VIERZEHN TAGE SPÄTER, FREITAG
    7 Uhr 05
    »A 1, Köln Fahrtrichtung Bremen zwischen Münster Süd und Münster Nord fünf Kilometer Stau nach einem Unfall, A 2, Dortmund Richtung Hannover zwischen Bad Oeynhausen und Porta Westfalica drei Kilometer vor einer Tagesbaustelle, A 3 Oberhausen …«
    Es wird Zeit. Die Kaffeemaschine aus? Ja. Der Schlüssel hakt jeden
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