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Leichensache

Leichensache

Titel: Leichensache
Autoren: Norbert Horst
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Junge. Die Mädels verlangen danach, hä hä.« Er stößt mit dem Ellbogen. Die Uhr am Bahnhofsturm zeigt zehn vor zwölf.
    »Los komm, beeil dich!«
    »Ich bin kaputt, Mann. Nehme ich halt ein Taxi.«
    Laufen. Der Bahnhofsvorplatz ist verlassen. Drei Penner grölen, zwei Bahnmenschen mit Aktentasche schlurfen nach Hause. Eine Kehrmaschine fegt die Rinnsteine.
    »Verpisst euch hier, Scheißpenner. Geht lieber arbeiten.«
    Die drei glotzen rüber, einer gestikuliert und verschüttet dabei kostbares Bier.
    »Mach keine Sprüche, Schmidt. Lass die armen Schweine.«
    »Ist doch wahr. Überall nur Müll.« Er tritt an eine Dose.
    »Du machst dich doch auch nicht kaputt, oder?« Fast zwölf. »52 fuhr die letzte, die ist bestimmt schon weg.«
    »Komm schon, wir nehmen ein Taxi, ist doch eine Richtung. Ich lass dich vorher raus.«
    Er setzt sich nach vorn.
     
    Noch fünf Nächte. Ich hasse Bereitschaft, gewöhn ich mich nie dran. Das Handy überprüfen, zum zehnten Mal. Die Stadt ist leer, kaum Autos heute. Der Taxifahrer fährt schnell und hört Blasmusik. Wie früher zu Hause. Ernst Mosch und die Original Egerländer. Ein Schwachkopf singt: »Kannst du Knödel kochen?«
    »Eigentlich hab ich noch Kohldampf. Weißt du noch ’ne gute Pommesbude?« Schmidt dreht sich um.
    »Bei mir um die Ecke ist ein Türke.«
    »Zum Türken?!«
    »Sener ist okay.«
    »Ist der Laden auch sauber?« Idiot.
    Das Taxi hält, sechs Euro zwanzig. Schmidt zahlt. Er hält die Tür auf, Sener putzt die Stehtische.
    »Ah, Herr Kommissar, guten Abend.«
    »Sener, hallo. Gibt’s bei dir noch was?«
    »In einem deutschen Gasthaus wird man niemals abgewiesen«, er lacht breit. »Ist doch erst zehn nach.«
    Schmidt studiert die Tafel über der Theke. »Was ist denn ein Adana-Kebab?«
    »Rindfleisch mit Gemüse.«
    »Rindfleisch ist gut, ’n paar Proteine einfahren.«
    Er bestellt.
    Sener öffnet die Tür zur Küche und ruft etwas Türkisches. Er bringt die Biere, murmelt was von lange unterwegs und schenkt ein.
    »Manche Ermittlungen sind halt nur nachts möglich«, Schmidt mit Grinsen. Das Bier ist sehr kalt.
    Die Schwarze war gut. Ein müder Euro fehlte, einer. Der Film war Nr. 47, glaub ich, ziemlich am Anfang. Vielleicht morgen noch mal. Aber war auch ganz gut so, hatte ja schon zwei Fünfer drin. Diese Haare, bis übern Slip.
    Die Schwingtür öffnet sich, das Adana-Kebab kommt.
    Mein Gott, wer ist das denn?
    Schwarze Haare, armdicker Zopf. Der Haaransatz berührt fast die Augenbrauen in der Schläfe, so tief ist er.
    »Wer bekommt es?« Schmidt meldet sich.
    Sie trägt tatsächlich nichts unterm T-Shirt, ihre Brüste antworten auf jede Bewegung. Sie stellt den Teller ab, sagt etwas und geht.
    »Ayse, meine Nichte«, lächelt Sener. Die Schwingtür baumelt nach.
    »Donnerwetter.« Schmidt lädt sich die Gabel voll und nickt.
    »Hab ich ja noch nie bei dir gesehen«, beiläufig gesagt.
    »War auch noch nie bei mir, nur als Kind ein paar Mal.«
    »Und du bist der liebe Onkel?«
    »Ja!« Er nickt stolz.
    Die Schwingtür öffnet sich, sie tritt dazwischen und hält die beiden Flügel fest.
    »Wenn nichts mehr ist, geh ich jetzt hoch.« Sie kommt zum Tisch. Die zarten Haare auf ihrem Arm glänzen. Wie Seide. Schöne Hände hat sie, nicht zu schlank, kein Schmuck.
    »Schlaf gut. Und danke.« Sener streicht ihr übers Haar. Sie legt ihre Hand auf seine Schulter. Der Ausschnitt eines ihrer T-Shirt-Ärmel fällt auf. Ihre Achselhaare sind zu sehen. Unauffällig zur Seite lehnen, kann trotzdem nicht ihre Brust sehen. Komm, dreh dich.
    »Gute Nacht.« Sie dreht sich, zu schnell, lächelt und geht.
    Ein Zipfel vom T-Shirt hängt hinten aus der schwarzen Jeans. Bestimmt sieht sie noch mal her. Lippen befeuchten, sanfter Blick hinter ihr her. Sie löst den Zopf, öffnet die Tür, verschwindet.
    Schmidt sieht rüber. Er kaut und nickt. »Sie ist sehr groß«, großer Schluck.
    »Ayse ist Halbtürkin. Ihre Mutter kam aus Indien. Unsere Familie ist mehr so wie ich.« Sener klopft auf seinen Bauch, nimmt sein Handtuch und putzt weiter.
    Er erzählt Geschichten von seinen Kunden und schimpft über die Baustelle gegenüber. Nur die Arbeiter kommen mittags immer rüber. Schmidt antwortet ewig mit vollem Mund. Furchtbar.
    Ayse in der Tür. Schöne Hände hat sie, ihre Finger sind sehr geschmeidig, keine lackierten Nägel. Die Augenbrauen, der dunkle Nacken, die warmen Augen, sehr fraulich.
    Schmidt ist fertig.

MITTWOCH
    1 Uhr 12
    Das Telefon klingelt.
    01.12 Uhr auf
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