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Leichensache

Leichensache

Titel: Leichensache
Autoren: Norbert Horst
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Damenschuhe rum.«
    »Vom Täter?« Glaub ich nicht. »Wieso soll der sich die Schuhe ausziehen? Wahrscheinlich vom derzeitigen Lover.«
    »Weiß der Geier. Wer so was braucht mit Fesseln und so, der zieht sich vielleicht auch die Schuhe dabei aus«, er geht wieder zur Terrassentür und pinselt weiter, »geht doch nichts über ne schicke Perversion.«
     
    Fesseln würde mich überhaupt nicht anmachen, genauso wenig wie Gummi. Und dass die immer schneiden müssen, Schnittwunden sehen schon so richtig nach Schmerzen aus, ist schon bei rohem Rindfleisch unangenehm, da reinzuschneiden.
    Der Schuh ist bestimmt nicht vom Täter, wäre aber ’ne gute Spur.
    »Wenn nichts mehr ist, fahre ich jetzt wieder, da ist nämlich noch ein Einsatz offen.«
    »Frau Doktor, vielen Dank. Wegen der Aussage kommen wir noch auf Sie zu. Tschüss.«
    »Ich bin übers Krankenhaus zu erreichen. Aber ich gebe Ihnen am besten meine Karte, da steht auch meine Privatnummer drauf.«
    War das jetzt ein etwas längerer Blick?
    Müller klebt ab. Nummern drauf, Foto. Beim Abziehen lösen sich die Folienstreifen nur zögernd mit einem leisen Surren von der Haut. Je länger der abgezogene Folienstreifen wird, desto tiefer der Ton.
    Lou Reed. Dub di dub di dub …
    Hoffentlich kommt der Beleuchtungswagen nicht so spät, ein kurzer Blick wäre schon wichtig. Ist die Zeugin aber auch. Mal die K-Wache fragen, ob sie schon mit der Vernehmung anfangen können. Zimmermann soll das machen, der kann das.
    5 Uhr 10
    Der Berufsverkehr beginnt, es ist aber noch nicht hell.
    Der Obduzent ist bestimmt nicht vor zehn da. Erst mal ’nen Kaffee trinken, gleich.
    Komisch, die Einstiche vorne und hinten. Und der Schuh. Mal sehen. Die Einstiche sehen seltsam aus. Warum hat die sich wohl fesseln lassen, auf ’ m Bauch? So kann er der gar nicht in die Brust gestochen haben. Irgendwas passt da nicht.
    Der schöne Busen, wie man da nur reinstechen kann? Die Gegenüberstellung muss bald über die Bühne. Die Ampel ist nicht mehr zu schaffen, für ’ne Rotfahrt isses schon zu voll.
    Links hält ein VW Cabrio mit einer hübschen Blonden. Komm, sieh rüber! Sie tut’s nicht, gibt bei Grün Vollgas.
    Im Präsidium ist fast alles noch dunkel. Zwei Grüne kommen raus.
    »Ist der vom Bahnhof noch im Pott?«
    »Jau, der ist noch unten. Mit dem kannste dir Zeit lassen, der hat schon öfter bei uns arbeiten lassen.«
    Das passt ja.
    Sie steigen müde in den Bulli und fahren los.
     
    Auf der K-Wache sitzt ein junger Typ am Schreibtisch. Noch nie gesehen, wahrscheinlich ein Durchläufer.
    »Morgen, Kirchenberg, MK. Ist Gerd auch irgendwo?«
    Der Junge steht auf.
    »Ja, der vernimmt ’ne Zeugin oben im Vernehmungszimmer vom KK 11.«
    »Danke.«
    Im Gewahrsam brüllt einer die ganze Zeit wie am Spieß. Vielleicht der Trenchcoat.
    Kaffee ist noch da, aber die Pfütze steht bestimmt schon ’ne Stunde, schmeckt furchtbar. Milch ist auch keine zu finden.
    Zimmermann sitzt oben. Der Flur ist beleuchtet, das Treppenhaus dunkel. Durchs Fenster ist ein heller Streifen über den Dächern zu sehen, weiter hinten startet ein Flugzeug. Schöner Blick.
    Autos starten hektisch an Ampeln, die Straßenbahn rumpelt, sogar hier oben vibriert die Scheibe.
     
    Die Tür zum Vernehmungszimmer ist angelehnt. Zimmermann tippt, sieht kurz und müde rüber, fragt weiter: »Jetzt genau der Reihe nach: Wann sind Sie mit dem Hund rausgegangen?«
    Sie steckt sich eine Zigarette an und dreht sich zur Tür.
    »Das ist Hauptkommissar Kirchenberg, der Leiter der Mordkommission.«
    »Morgen.«
    »Morgen.«
    Ihre dunklen Augen sind müde und verheult, sie schiebt den Pony der Prinz-Eisenherz-Frisur nach hinten, die Haare fallen sofort wieder zurück.
    Die ist bestimmt ziemlich fertig.
    »Möchten Sie auch einen Kaffee?«
    »Ja, wär nicht schlecht.«
    Zimmermann ist ein echter Penner. Noch mal nach unten.
     
    Zum Glück haben sie neuen gekocht. Milch ist jetzt auch da, wo kommt die denn her?
    Der Junge holt sich auch einen Kaffee.
    »Na, schon irgendwelche Anhaltspunkte?«
    »Ne, noch nichts Dickes.«
    »Es sitzt noch einer im Pott – der vom Bahnhof …«
    »Mal sehen, ob sie ihn erkennt.«
    »Na, denn, viel Glück.« Er geht.
    Der Streifen über den Dächern ist heller und breiter geworden, die Bushaltestellen sind ziemlich belebt. Um diese Zeit schon?
    Schade, dass Ayse nicht noch mal geguckt hat, als sie hochging. Heute wird’s bestimmt nichts mehr mit Sener. Na, vielleicht noch auf ein Bier. Weit hinten startet
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