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Leichensache

Leichensache

Titel: Leichensache
Autoren: Norbert Horst
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der Digitalanzeige. Oh, Mann!
    »Kirchenberg.«
    »K-Wache, Zimmermann. Die Nacht ist zu Ende, Junge. Wir haben ’ne Leiche mit Löchern im Rücken.«
    »Na, prima! Wo denn?«
    »Schillerstraße, in der neuen Siedlung draußen an der Sporthalle.«
    »Okay, ich komme.«
    Eine Stunde geschlafen oder fünf Minuten? Kaffee trinke ich im Präsidium. Anziehen, drei Äpfel in die Tasche. Keinen Bock mehr, jetzt noch ’ne Kniffte zu schmiern, kauf ich ’n paar Brötchen.
    Im Treppenhaus hallt jeder Schritt. Der alte Siele kommt nach Hause, schau an. Er lallt einen Gruß, hat mich wahrscheinlich gar nicht erkannt. Die Stadt sieht noch genauso aus wie vorhin, es regnet. Wo steht denn bloß der Wagen?
    Im Radio läuft Black Velvet vom Alannah Miles, das muss lauter, danach Locomotive Breath von Tull. Stark. Zwischendurch nervt der Sprecher mit ziemlich öden Scherzen.
    Endlich gibt’s mal reichlich Parkplätze hier.
    Vor der Wache ziehen zwei Grüne einen Besoffenen aus dem VW-Bulli. Er ist gut gekleidet, Anzug, Krawatte, Trenchcoat, der Mantel ist vorne voll gekotzt. Selber gehen kann er nicht mehr, die beiden Beamten halten ihn an den Armen auf Abstand, aber er wehrt sich vehement und lallt was von »in Ruhe lassen«. Dafür öffnet er die Schwingtür zur Wache mit der Stirn.
    In der Kriminalwache ist es ruhiger. Zimmermann blättert in Fernschreiben, nebenan vernimmt jemand zwei Rumänen mit Dolmetscher.
    »Morgen, ist schon jemand von der Mordkommission da?« Zimmermann steht auf.
    »Atze ist schon oben, hallo erst mal. Ulla hab ich auch alarmiert.«
    »Weißt du schon was Näheres?«
    »Nicht viel. Die Tote ist siebenundzwanzig, Studentin, hat mehrere Einstiche, lebt mit ’ner Freundin zusammen. Die war mit’m Hund raus, als sie zurückkam, hörte sie ein Geräusch und stand dem Täter gegenüber.«
    »Was, wir haben ’ne Zeugin! Warum sagt mir das denn keiner?«
    »Tu ich ja jetzt. Hat wahrscheinlich Schwein gehabt, dass sie den großen Köter dabei hatte. Der Typ ist sofort abgehauen, durch die Terrassentür, die Fahndung läuft noch.«
    »Wie lange ist das her?«
    »Die Freundin hat um 00.48 Uhr angerufen, konnte sogar ’ne gute Personenbeschreibung geben. Sie ist auf ’ m Weg hierher. Hab ich aber alles aufgeschrieben. Atze hat den Vermerk schon mitgenommen.«
    »Na gut. Ich geh mal hoch.«
    Still ist es nachts im Treppenhaus, richtig komisch. Im Geschäftszimmer brennt Licht, die Tür steht auf. Atze sucht hektisch die Klamotten zusammen, sieht flüchtig rü ber.
    »Grüß dich. Du siehst ja auch prima aus. Gesoffen gestern?« Er zieht eine Fratze. »Ich fahr schon mal hin. ED-Mann und Fotomensch fahren gleich zum Tatort. Wer hat eigentlich noch Bereitschaft diese Woche?«
    »Ulla.«
    »Ach, ja.« Er nimmt seine Tasche, steckt das Memocord ein. »Bis gleich.«
    »Denk an Ersatzbatterien.«
    Atze nickt, nimmt die Wagenschlüssel und geht. Ulla kommt bestimmt gleich. Hat auch den längsten Weg. Der Koffer steht bei mir. Gerade noch bei der Einsatzleitstelle anrufen.
    »Kirchenberg, Mordkommission, irgendwas Neues?«
    »Ne. Wir fahren schon knapp eine Stunde in der Gegend rauf und runter, bisher aber alles negativ.«
    »An die Haltestellen und den Bahnhof habt ihr gedacht …?«
    »Natürlich, aber auch negativ bis jetzt. Außerdem fährt jetzt keine Straßenbahn mehr.«
    Ist ja gut.
    »Die Zeugin ist auf dem Weg hierher?«
    »Die sitzt jetzt noch beim 11/20 im Wagen und fährt mit die Gegend ab. Ist aber ziemlich beschissen da unten, viele Einfamilienhäuser, tausend Gärten und über den Fluss kann er auch abgehauen sein.«
    »Habt ihr ’nen Hund heute Nacht?«
    »Ja, haben wir, aber so ohne irgendwas brauchst du den auch nicht ins Gelände zu jagen.«
    »Okay erst mal. Ich fahre jetzt auch hin. Bis später.«
    Viertel nach zwei. Angenehm still ist es hier. Gleich geht die verdammte Hektik los. Hoffentlich haben die nicht wieder alles platt getrampelt. Siebenundzwanzig Jahre, schön jung. Wie alt Ayse wohl ist? Anfang zwanzig? Älter als fünfundzwanzig bestimmt nicht. Schöne Hände hat sie, und diese Haare überall.
    Zurück ins Geschäftszimmer.
    Ullas Absätze hallen hart und eilig über den Flur, sie bleibt in der Tür stehen.
    »Immer mitten in der Nacht, und dann noch dieses verdammte Scheißwetter.« Sie schüttelt den Schirm aus, hängt ihn auf. Versuche, müde zu lächeln. Sie holt ihre Sachen, losfahren.
     
    Es regnet noch, aber die Straßen sind fast leer. Ulla fährt ziemlich schnell. Die
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