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Garantiert wechselhaft

Garantiert wechselhaft

Titel: Garantiert wechselhaft
Autoren: Fanny Wagner , Carolin Birk
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    Eins

    Die Vorhersage für Mittwoch, den 26. März:
    Am Rande eines Neuanfangs fließt positive Stimmung heran. Vereinzelt kommt es zu Unsicherheiten und Grübeleien.
    «Ich muss mal.» Marie sah mich so vorwurfsvoll an, als wäre ich persönlich dafür verantwortlich.
    «Ist es dringend, Schatz? Laut Karte müssten wir gleich da sein.»
    «Es ist sehr dringend!»
    Mein Auto drosselte umgehend die Geschwindigkeit. Ich starrte überrascht auf die sinkende Tachonadel. Was war das denn? Hatte ich jetzt gar nicht mehr mitzureden?
    Verärgert drückte ich das Gaspedal durch, und der Motor erstarb umgehend. Begleitet von einem langen unschönen Geräusch des Auspuffs rollten wir aus, dann war Schluss. Nur ein kleiner, giftgelber Motorblock leuchtete am Armaturenbrett auf: «Check».
    «He, doch nicht mitten in der Pampa!», rief meine Tochter. «Hier ist nicht mal ein Busch!»
    «Das Auto hat den Geist aufgegeben», sagte ich düster und versuchte, die Karre durch hektisches Herumdrehen des Zündschlüssels zum Weiterfahren zu bewegen.
    «Scheiße!» Marie sprach aus, was ich dachte.
    Ich machte einen letzten Wiederbelebungsversuch, aber bis auf ein mitleiderregendes Wä-wä-wä tat sich nichts.
    «Und was machen wir jetzt?» Maries Laune sank endgültig in den dunkelroten Soll-Bereich.
    Nach all den Strapazen war ich auch ohne ihr Gemecker angespannt genug. Aber das durfte ich sie auf keinen Fall merken lassen.
    «Vor allem bleiben wir cool, klar?», sagte ich locker, «und machen das Beste daraus.»
    Marie tippte hektisch auf ihrem Smartphone herum. «Kein Empfang!», sagte sie ungläubig. «Wir sitzen in der Pampa fest und können nicht mal Hilfe rufen!»
    Ein kurzer Blick auf mein Handy zeigte das gleiche Ergebnis. Ich deutete durch die Windschutzscheibe, auf die erste dicke Regentropfen fielen. «Guck mal, da vorne ist ein Wäldchen. Da kannst du jetzt erst mal entspannt pinkeln. Hier sind die Taschentücher. Soll ich mitkommen?»
    Meine Tochter verdrehte nur genervt die Augen, stieg aus dem Auto und stapfte davon. «Wenn Papa hier wäre», hörte ich sie im Weggehen sagen, «wüsste er bestimmt eine Lösung.»
    Ha, der Papa … der würde mir jetzt gerade noch fehlen. Ich schloss die Augen, lauschte den Regentropfen auf dem Dach und dachte an unsere letzte Begegnung. Auch da hatte der Papa, wie immer, für alles eine Lösung gehabt …

    «Was haben Sie gesagt?»
    Als ich Volker brüllen hörte, sah ich von der Arbeit auf und beobachtete meinen Ex unauffällig über den Rand des Bildschirms. Was mich damals geritten hatte, ihn zu heiraten, wollte mir beim besten Willen nicht mehr einfallen. Mit seinem grau melierten Haar und dem Dreitagebart sah er immer noch genauso gut aus wie früher, das musste ich zugeben. Seine Umgangsformen waren allerdings auch noch wie früher, nämlich unter aller Sau.
    «Es könnte knapp werden?!», blaffte Volker so laut in den Hörer, dass man es auch außerhalb seines verglasten Chefbüros in der ganzen Agentur hören konnte. «Dass Ihr Baby Koliken hat, interessiert mich nicht! Ich bin selbst Vater, also ersparen Sie mir die Ausreden und kommen Sie mit dem Probedruck rüber!»
    Die Kaugummi kauende Praktikantin Mandy hatte einen Finger in der Nase und fummelte selbstvergessen an ihrem Piercing herum. Sie verfolgte Volkers Ausbruch mit der Miene einer Wissenschaftlerin, die eine interessante Insektenart beobachtet.
    «Jetzt halten Sie einfach die Luft an und hören mir zu.» Volkers Stimme klang noch eine Spur ätzender. «Wenn die Proofs nicht morgen früh um acht auf meinem Tisch liegen, sorge ich dafür, dass Sie in dieser Branche kein Bein mehr auf den Boden bekommen.»
    Anscheinend versuchte sein Gesprächspartner immer noch, Zeit herauszuschinden, deshalb holte Volker tief Luft und setzte zum Finale an:
    «Meinetwegen arbeiten Sie die Nacht durch!», brüllte er. «Das ist mir scheiß-e-gal! Nach acht brauchen Sie hier jedenfalls nicht mehr aufzutauchen!»
    Er knallte den Hörer auf den Haken seines alten schwarzen Bakelittelefons und schnaufte. Volker erklärte gerne, dass er sich den altmodischen Apparat wegen des zeitlosen Designs zugelegt hatte, aber ich wusste es besser. Mit einem schnurlosen Gerät konnte man Telefongespräche nämlich bei weitem nicht so wirkungsvoll beenden. Und Volker liebte wirkungsvolle Auftritte.
    Die jetzige Vorstellung war zum Glück endlich vorbei.
    Mandy nahm den Finger aus der Nase und konzentrierte sich wieder auf ihre
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