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Garantiert wechselhaft

Garantiert wechselhaft

Titel: Garantiert wechselhaft
Autoren: Fanny Wagner , Carolin Birk
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einzig möglichen Zeitpunkt durch eine Jahrhundertgrippe verhindert gewesen war.
    Auf meinen scheinheiligen Vorschlag, dass Marie dann wohl am besten zu ihm ziehen würde, hatte Volker das Nörgeln allerdings ganz schnell eingestellt. In dieser Hinsicht war er flexibel, das musste ich ihm lassen.

    Marie lauschte. «Da kommt jemand!»
    Mit einem Satz sprang sie aus dem Auto und stellte sich mitten auf die Straße. Ich stieg ebenfalls aus. Gleich darauf bog ein Ledertyp auf einer knatternden Harley um die Kurve und blieb neben dem Auto stehen.
    «Autopanne?»
    Nee, du Blitzmerker, wir machen Picknick.
    «Der Motor hat plötzlich den Geist aufgegeben.»
    Der Mann bockte seine Maschine auf, legte den Helm ab und zog das Tuch von Mund und Nase herunter. Zum Vorschein kam ein gutaussehender Enddreißiger mit Dreitagebart und leicht verstrubbeltem Zopf. Er grinste uns erfreut an. «Ich schaue euch gern mal unter die Haube. Aber von modernen Motoren habe ich keine Ahnung. Und abschleppen kann ich euch auch schlecht.»
    «Das hätte auch noch gefehlt», knurrte Marie.
    Ich verzieh ihm die Anspielungen, denn ich war von seinem Bekenntnis angenehm überrascht. Andere Männer, allen voran Volker, hätten an seiner Stelle sofort den Experten gemimt, den Motor in seine Einzelteile zerlegt, um dann irgendwann selbstgefällig zu erklären, dass sie jedes andere Modell selbstverständlich hätten reparieren können, aber diese ganz seltene Sonderausführung leider nicht.
    «Wenn Sie einer Werkstatt Bescheid sagen könnten, würde mir das fürs Erste schon reichen», sagte ich. «Vielleicht können die uns dann nach Wiestal bringen.»
    «Wollen Sie da Urlaub machen?»
    «Nein, wir ziehen dahin.»
    «Sie ziehen von …» Der Mann warf einen Blick auf unser Nummernschild. «Von Berlin nach Wiestal?»
    «Allerdings.» Seine erstaunte Frage ärgerte mich. «Ist doch eine schöne Gegend, oder?»
    «Auf jeden Fall.» Er streckte mir eine angenehm warme, gepflegte Hand entgegen. «Martin Küffner aus Pegnitz, Anwalt für Blech und Betten.»
    «Nina Lindner, Grafik für alle Lebenslagen», stellte ich mich vor. «Und das ist meine Tochter Marie. Ich kapiere zwar nicht, wo Ihr Spezialgebiet rechtlich angesiedelt ist, aber ich wäre begeistert, wenn Sie uns so weit unter die Arme greifen könnten, dass wir dieses Blech bald vor unseren Betten parken könnten.»
    Martin grinste. «Wird sofort erledigt.» Er langte in die Innentasche seiner abgewetzten Lederjacke, holte sein Handy hervor und wählte eine Nummer. Alle Achtung, der Mann hatte hier Empfang …
    Eine Stunde später war es fast dunkel, aber der Schaden behoben. Außerdem waren wir mit Martin per du und wussten, dass er sein Geld mit Verkehrsdeliktsprozessen und Scheidungen verdiente und welches Handynetz in diese Täler reichte.
    «Demnächst komme ich mal bei euch vorbei», kündigte er beim Abschied an. «Vielleicht braucht ihr noch mehr gute Tipps.» Damit schwang er sich auf seine Harley und knatterte davon. Wenn alle anderen Leute hier auch so nett waren, standen uns ja goldene Zeiten ins Haus.

    Als endlich das gelbe Ortsschild im Scheinwerferlicht auftauchte, machte mein Herz einen Sprung.
    Jetzt. Jetzt begann eine bessere Zukunft!
    «Wir sind da!»
    «Haben wir überhaupt einen Schlüssel?», fragte Marie.
    «Die Nachbarin hat einen.» Ich parkte den Wagen am Straßenrand und machte den Motor aus.
    Marie schaute aus dem Fenster. «Ist das hier etwa die Hauptstraße?»
    Ich nickte. «Wiestal-Mitte.»
    «Oh Mann. Sieht doch ein bisschen anders aus, als ich dachte. Hier möchte man nicht mal tot überm Zaun hängen.»
    Ich musste zugeben, dass der Ort in diesem Moment tatsächlich nicht besonders einladend wirkte. Die wenigen Läden waren schon geschlossen, und auf der Straße war keine Menschenseele. Nur hier und da flackerte bläuliches Licht durch die Ritzen der heruntergelassenen Rollos.
    «Am Tag sieht das ganz anders aus», sagte ich entschlossen. So schnell ließ ich mir unser Wiestal nicht vermiesen.
    Wir stiegen aus. Atemwölkchen stiegen von unseren Mündern auf. Ich zog meine wattierte Jacke bis oben hin zu und Marie wickelte sich fröstelnd in ihr langes, schwarzes Cape.
    Und dann sah ich es. Das alte Sandsteingebäude mit den hölzernen Fensterläden. Mein Herz klopfte schneller.
    «Unser Haus!»

    Auf den letzten Metern zum Gasthof nahm ich Maries Hand. «Ich bin wahnsinnig aufgeregt!»
    «Und mir ist wahnsinnig kalt», brummte meine Tochter. Sie rüttelte an der
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