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Garantiert wechselhaft

Garantiert wechselhaft

Titel: Garantiert wechselhaft
Autoren: Fanny Wagner , Carolin Birk
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Höhlen auch rein?»
    «Manche sind für Besucher geöffnet», sagte ich. «Und es gibt um Wiestal herum ein paar kleinere Höhlen und Grotten, in denen die Jugendlichen früher Feten gefeiert haben.»
    «Krass. Hast du da auch mitgemacht?»
    Ich lachte. «Nee, du, ich war damals noch klein und habe höchstens Party mit Onkel Huberts Hühnern gemacht.» Ich kramte in meiner Tasche. «Kekse?»
    «Sind die bio?»
    «Ja klar.» Als würde ich es wagen, etwas anderes für sie zu kaufen.
    Misstrauisch nahm meine Tochter die Packung und las die Zutatenliste akribisch durch.
    Die Kekse bestanden die Aufnahmeprüfung, und Maries Laune besserte sich merklich.
    «Was machen wir denn jetzt?», nuschelte sie mit vollem Mund.
    Ich sah auf die Uhr: halb vier. «Wenn in der nächsten halben Stunde niemand vorbeikommt, marschieren wir los. Bis dahin: Cool bleiben.»

    Das hatte ich neulich nach dem Arbeitstag bei Volker auch wie ein Mantra wiederholt: Cool bleiben, Nina, cool bleiben! Alles ist gut!
    Doch als ich nach Hause kam, stieg mir im Treppenhaus wieder mal penetranter Uringeruch in die Nase. Alles ist gut – von wegen! Ich war achtundvierzig und wohnte immer noch in dieser verdammten Bruchbude! Und weil ich dumm genug gewesen war, Stefan bei mir einziehen zu lassen, hatte ich meine Wohnung nicht mal für mich allein. Und das war überhaupt gar nicht gut. Denn Stefans unerschütterliche Freundlichkeit, durch die er mir nach den Jahren mit Volker wie ein Traummann erschienen war, hatte sich als schiere Konfliktunfähigkeit entpuppt, und inzwischen trieb er mich mit seiner Strategie, Probleme einfach auszusitzen, völlig in den Wahnsinn.
    Ich leerte den Briefkasten und sehnte mich nach einem Ort, der nur mir gehörte, mir und Marie. In jeder Hinsicht Ex-Mann-frei, aber dafür mit netten Nachbarn, die mir jederzeit eine Packung Bio-Kekse leihen würden.
    Hier im Haus kannte ich die Leute kaum. Klar, Frau Jannowitz von gegenüber würde mir im Notfall sicher auch was borgen: eine Flasche Korn oder ein paar Kippen. Und wenn ich freundlich fragte, könnte ich von dem Typen aus dem zweiten Stock vielleicht für eine Stunde seinen Pitbull haben. Blöderweise machte ich mir weder etwas aus Korn noch aus Pitbulls.
    Als hätte das Vieh meine Gedanken gelesen, kam es just in diesem Moment die Treppe heruntergehoppelt und blieb bedrohlich knurrend vor mir stehen. Sein Herrchen, stilecht in abgewetzter Lederjacke und Stachelhalsband, kam zum Glück gleich hinterher.
    «Keine Angst», nuschelte er, während er die weiße Kampfmaschine anleinte. «Der spielt sich nur gerne auf. Im Grunde ist er ein ganz Lieber.» Er trat seine Zigarette auf dem Boden aus und gab dem Hund einen Klaps auf den Hintern.
    Ich lächelte verkrampft und glaubte ihm kein Wort. Schließlich hatte ich das von Volker anfangs auch gedacht.

    So leise wie möglich schloss ich die Wohnungstür auf. Wie immer ging mein erster Blick zum Schuhregal. Da standen sie, Stefans braun karierte Filzschlappen. Er war also außer Haus. Erleichtert legte ich Post und Einkäufe auf die Anrichte und ging in mein Zimmer. Ich fuhr den Mac hoch, um nachzusehen, was an Mails reingekommen war, und bereute es sofort:
Liebe Frau Lindner,
schicken Sie uns bitte bis morgen früh Entwürfe für das Veranstaltungs-Logo und das Layout fürs Programm? Die Besprechung wurde um einen Tag vorverlegt, und wir benötigen die Unterlagen zur Konferenz um 10 Uhr.
Mit freundlichen Grüßen, Ihre Carla Hegel.
    Auch das noch … Ich ließ mich in meinen Stuhl zurückfallen, verschränkte die Hände hinter dem Kopf und schloss die Augen.
    «Liebe Frau Hegel», formulierte ich. «Leider war ich so bescheuert, mich wieder einmal von meinem Ex-Mann bequatschen zu lassen, und habe den ganzen Nachmittag in seiner hyperwichtigen Modeagentur verplempert. Und jetzt kommen Sie daher und wollen die verdammten, für nächste Woche bestellten Entwürfe schon morgen haben. Dass ich mir exklusiv für Sie eine Nacht um die Ohren schlage, sehe ich allerdings nicht ein, denn dafür zahlen Sie nicht annähernd gut genug. Zumal ich nach wie vor nicht zu Masochismus neige.»
    Ich kostete kurz das Gefühl aus, das diese Antwort in mir auslöste, dann setzte ich mich wieder gerade hin, atmete durch und langte in die Tasten:
«Liebe Frau Hegel,
morgen früh haben Sie alles in der Mailbox.
Mit freundlichen Grüßen, Nina Lindner.»
    Shit! Ich war ein noch viel schlimmeres Würstchen als dieser Typ, den Volker wegen der Proofs
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