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Boomerang

Boomerang

Titel: Boomerang
Autoren: Michael Lewis
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|9| Vorwort – The Biggest Short
    D ieses Buch nahm seinen Anfang zufällig, während ich an einem anderen Buch schrieb, in dem es um die Wall Street und die US-Finanzkrise von 2008 ging (
The Big Short – Wie eine Handvoll Trader die Welt verzockte
). Mein Interesse richtete sich auf ein kleines Grüppchen Investoren, die sich am Zusammenbruch des Subprime-Hypothekenmarktes eine goldene Nase verdient hatten. 2004 hatten die größten Investmentbanken der Wall Street das Instrument zu ihrer eigenen Vernichtung geschaffen: den Credit Default Swap (Kreditausfall-Swap) auf Subprime-Hypothekenanleihen. Ein Credit Default Swap eröffnete Investoren die Möglichkeit, auf fallende Kurse jeder beliebigen Anleihe zu wetten – sie also zu »shorten«. Es handelte sich demnach um eine Versicherungspolice, allerdings eine der besonderen Art: Der Käufer musste den Anlagegegenstand, der versichert werden sollte, gar nicht besitzen. Keine Versicherungsgesellschaft darf Ihnen eine Brandschutzversicherung für ein Haus verkaufen, das Ihnen nicht gehört, aber die Finanzmärkte können Ihnen eine Ausfallversicherung für die Investition eines anderen Anlegers verkaufen und tun dies auch. Hunderte von Investoren hatten sich halbherzig im Markt für Credit Default Swaps versucht – viele Leute waren zumindest zeitweilig überzeugt, dass der auf |10| Schulden gegründete Immobilienboom in den USA auf Dauer nicht zu halten sein würde –, aber nur fünfzehn von ihnen waren aufs Ganze gegangen und hatten gewaltige Summen darauf gewettet, dass große Teile des US-amerikanischen Finanzmarkts den Bach runtergehen würden. Die meisten dieser Leute betrieben Hedgefonds in London oder New York, und sie gingen Journalisten im Allgemeinen gern aus dem Weg. In dieser Sache und zu diesem Zeitpunkt aber zeigten sie sich erstaunlich offenherzig. Jeder von ihnen hatte das seltsame und abgehobene Gefühl erlebt, der einzige normale Mensch in einer wahnsinnig gewordenen Welt zu sein, und als sie über diese Erfahrung sprachen, klangen sie so, wie ein Mensch klingen würde, der einsam und schweigend in einem kleinen Boot gesessen und zugesehen hat, wie die
Titanic
mit einem Eisberg zusammenstieß.
    Einige dieser Leute waren von ihrem Wesen her nicht für die Einsamkeit und fürs Schweigen prädestiniert. Zu diesem Untergrüppchen gehörte der Manager eines Hedgefonds namens Hayman Capital in Dallas, Texas. Sein Name war Kyle Bass. Bass war ein gebürtiger Texaner, der die ersten Jahre seiner Laufbahn – sieben davon bei Bear Stearns – damit zugebracht hatte, für Wall-Street-Firmen Anleihen zu verkaufen. Ende 2006 nahm er die Hälfte der zehn Millionen Dollar, die er in den Jahren an der Wall Street beiseitegelegt hatte, machte weitere fünfhundert Millionen bei anderen Leuten locker, gründete seinen eigenen Hedgefonds und schloss eine riesige Wette gegen den Markt für Subprime-Hypothekenbonds ab. Dann flog er nach New York, um seine alten Freunde darauf hinzuweisen, dass sie mit vielen, vielen dämlichen Wetten falschlagen. Die Händler bei Bear Stearns interessierten sich nicht für das, was er zu sagen hatte. »Kümmer du dich um |11| dein Risikomanagement. Ich kümmere mich um unseres«, hatte einer von ihnen geantwortet. Ende 2008 dann, als ich nach Dallas fuhr, um mich mit Bass zu treffen, war der Markt für Subprime-Hypothekenbonds zusammengebrochen und hatte Bear Stearns mit in den Abgrund gerissen. Bass war jetzt reich und – zumindest in Investmentkreisen – eine kleine Berühmtheit. Aber gedanklich hatte er das Debakel der Subprime-Hypothekenanleihen längst hinter sich gelassen: Nachdem er seine Gewinne eingestrichen hatte, wurde er nun von einem neuen Interesse beherrscht: Regierungen. Die US-Re gierung war zu dieser Zeit fleißig mit Plänen beschäftigt, die von Bear Stearns und anderen Wall-Street-Banken vergebenen Hypothekenpapiere zu übernehmen. Die US-Notenbank sollte am Ende in dieser oder jener Form das Risiko abfedern, verbunden mit der Übernahme von fast zwei Billionen Dollar an windigen Sicherheiten. Dieses Vorgehen deckte sich mit dem anderer Regierungen der reichen Industriestaaten: Überall löffelten Staats- und Zentralbanken die Suppe der faulen Kredite aus, die hoch bezahlte Banker im Privatsektor vergeben hatten.
    Kyle Bass war überzeugt, dass die Finanzkrise noch nicht überstanden war. In seinen Augen wurde sie lediglich durch das blinde Vertrauen und die Kredite westlicher Regierungen übertüncht. Einen
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