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Boomerang

Boomerang

Titel: Boomerang
Autoren: Michael Lewis
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noch auf der Suche nach anderen festen Wertaufbewahrungsmitteln als Absicherung gegen die von ihm prognostizierte Wertminderung des Papiergeldes. Beispielsweise Nickel, wie man nach dem Metall auch die US-amerikanischen 5-Cent-Münzen nennt.
    »Das Metall in einem Nickel ist 6,8 Cent wert«, erklärte er. »Wussten Sie das?«
    Ich hatte es nicht gewusst.
    »Ich habe gerade für eine Million Dollar Nickel gekauft«, fuhr er fort und fügte dann, weil er wohl meinte, ich sei mit der Rechenaufgabe überfordert, hinzu: »Zwanzig Millionen Nickel.«
    »Sie haben zwanzig Millionen Nickel gekauft?«
    »M-hm.«
    »Wie kauft man zwanzig Millionen Nickel?«
    »Das ist tatsächlich ziemlich schwierig«, meinte er und erklärte mir dann, er habe seinen Bankmanager anrufen und ihn überreden müssen, zwanzig Millionen Nickel für ihn zu bestellen. Er hatte es schließlich getan, aber die US-Noten bank hatte auch ein paar Fragen.
    »Die Notenbank hat meinen Bankmanager angerufen«, erzählte Bass. »Sie haben ihn gefragt, wozu er die vielen Nickel braucht. Also hat er mich angerufen und gefragt: ›Wozu brauchen Sie die vielen Nickel?‹, und ich habe gesagt: ›Nickel gefallen mir einfach.‹«
    Er zog ein Foto von seinen Nickeln hervor und zeigte es mir. |20| Da waren sie, aufgetürmt auf riesigen Holzpaletten in einem Tresorraum bei Brink’s in Dallas.
    »Ich sage Ihnen, die werden den Metallgehalt des Nickels innerhalb der nächsten zwei Jahre verändern«, erklärte er. »Sie sollten wirklich ihre Bank anrufen und jetzt ein paar davon kaufen.«
    Kyle Bass hatte vermutlich nie zu den Leuten gehört, die gern in einem Büro herumsitzen und gebannt auf einen Bildschirm starren. Er liebt das ungebundene Leben. Wir schwangen uns in seinen Hummer, auf dessen Stoßstangen patriotische Aufkleber prangten (»Gott segne unsere Jungs, vor allem unsere Scharfschützen«) und der so getunt war, dass sein Besitzer ein Maximum an Spaß aus ihm herausholen konnte: Wenn er beispielsweise auf einen bestimmten Knopf drückte, konnte er, wie James Bond, die Straße hinter sich mit schweren Reißnägeln überziehen. Wir röhrten also ins texanische Bergland hinaus, wo Bass mit dem in der Hypothekenkrise gescheffelten Geld ein festungsartiges Anwesen gekauft hatte: eine viertausend Quadratmeter große Ranch auf einem Tausende Hektar großen Areal mit eigener Wasserversorgung und einem Arsenal von Automatikwaffen, Scharfschützengewehren und kleineren Sprengsätzen, mit denen man ein ganzes Bataillon hätte ausrüsten können. In der Nacht bretterten wir auf der Ladefläche seines US-Army-Jeeps über sein Anwesen und ballerten mit den allermodernsten Scharfschützengewehren und Infrarot-Zielfernrohren auf Biber, die er als Bedrohung für die Wasserläufe auf seinem Grundstück ansah. »Da gibt es diese Sprengsätze, die man im Internet kaufen kann«, sagte er, während wir durch die gelbe Berglandschaft rumpelten. »Es ist eine molekulare Reaktion. FedEx liefert Hunderte von Pfund von diesen Dingern.« Die wenigen Biber, die den nächtlichen |21| Scharfschützenangriff überlebten, würden morgen früh beim Aufwachen erleben, wie ihre Dämme pulverisiert wurden.
    »Das sieht nicht wirklich nach einem fairen Kampf aus«, warf ich ein.
    »Biber sind Nagetiere«, sagte er.
    Was immer er sonst noch tun mochte, jedenfalls hatte er eindeutig Spaß. Zwei Jahre lang hatte er zugesehen, wie die globalen Finanzsysteme samt der Leute, die sie lenkten, seine düsteren Einschätzungen von ihnen bestätigten. Es zog ihn keineswegs runter. Er fand es aufregend, dass es ihm gelungen war, scheinbar unbegreifliche Ereignisse zu durchschauen. »Ich bin nicht scharf darauf, mein Leben lang alles schwarzzusehen«, sagte er. »Ich denke, wir müssen durch diese Sache einfach durch. Es ist eine Art Buße. Eine Buße für die Sünden der Vergangenheit.«
    Wieder einmal hatte ein Hedgefonds-Manager mehr oder weniger Recht behalten, und die Welt hatte sich mehr oder weniger geirrt. Mir schien der Zeitpunkt so geeignet wie jeder andere, die Frage zu stellen, die mich seit über zwei Jahren beschäftigte. Da sind Sie nun, sagte ich, ein provinzieller Hedgefonds-Manager aus Dallas, Texas, dessen gesamtes Erwachsenenleben sich in einem Radius von wenigen Meilen um diesen Ort abgespielt hat. Sie sprechen keine Fremdsprachen. Sie reisen selten ins Ausland. Sie sind ein überzeugter Patriot: Ihr größtes wohltätiges Engagement gilt kriegsversehrten Veteranen. Sie kennen kaum
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