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Leichendieb

Leichendieb

Titel: Leichendieb
Autoren: Patrícia Melo
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sonst. Sie fragte mich, ob ich schon die Neuigkeit gehört hätte, und noch ehe ich antworten konnte, riss sie die Türen des Wandschranks in Júniors Zimmer auf und erklärte, sie habe beschlossen, die Sachen ihres Sohnes einer mildtätigen Einrichtung zu spenden. Suchen Sie sich aus, was Sie möchten, sagte sie, bevor sie mich alleine ließ. Sie haben die gleiche Größe.
    Während ich ein paar Kleidungsstücke, Hosen, Hemden auswählte, musste ich daran denken, dass meine Mutter, als sie starb, den Kleiderschrank ihres Mannes, meines Vaters, nach dessen Verschwinden zwanzig Jahre lang nicht angerührt hatte. Eigentlich stirbt Júnior erst in diesem Moment, dachte ich beim Anprobieren eines roten T-Shirts und freute mich für Dona Lu. Schon jetzt konnte man in ihrem Gesichtsausdruck eine gewisse Erleichterung feststellen. Endlich ist sie frei, dachte ich.
    Und dann sah ich durchs Fenster Kommissar Pedro Caleiro in Begleitung von Joel und Dudu durch den Garten kommen.
    Ich stürzte ins Bad, drehte den Wasserhahn auf, spritzte mir kaltes Wasser ins Gesicht und versuchte mich zu beruhigen. Das ist nicht die einzige Untersuchung, die wir vornehmen, hörte ich Minuten später jemanden sagen. Júniors Bad lag direkt neben José Berabas Arbeitszimmer, von beiden aus gelangte man in den Garten vor dem Haus. Vorsichtig schlossich die Tür und öffnete das Badezimmerfenster, aber selbst so war es unmöglich, genau zu verstehen, was sie redeten.
    Ich ging zurück ins Zimmer und rief Sulamita an.
    Du musst sie irgendwie belauschen, sagte sie. Ich habe schon gehört, dass José Beraba sie einbestellt hat. Vermutlich werden sie über die Untersuchungen reden. Versuch es herauszufinden.
    Ich legte auf, nahm wahllos einige Kleidungsstücke aus dem Schrank, legte sie im Gartenhäuschen ab und bot dem Swimmingpoolwächter an, ihm im Garten zu helfen.
    Mit der Rasenschere bewaffnet begab ich mich in die Nähe des Fensters von José Berabas Arbeitszimmer, nicht allzu dicht, um nicht aufdringlich zu wirken. Viel konnte ich nicht verstehen, lediglich einzelne Wörter und Satzfetzen. Meine Frau lebt nur noch von Beruhigungsmitteln. Ermittlungen intensivieren. Unpassend. Beamte. Andere Lösungsweise. Beamte. Vernehmungen. Dalva. Interessen. Beamte.
    Alarmiert wurde ich durch das Wort Beamte, das mehrfach fiel. Stets aus dem Mund von Pedro Caleiro.
    Und während ich in der Hocke saß und so tat, als würde ich den Rasen schneiden, sah ich plötzlich Joels Stiefel auf mich zukommen. Ach, du kümmerst dich auch um den Garten?, fragte er.
    Schnell stand ich auf und spürte, wie mir schwarz vor Augen wurde.
    Ich helfe nur, antwortete ich.
    Es ist toll, wenn man Freunde hat, die einem helfen, sagte er.
    Joels Gehabe gefiel mir ganz und gar nicht. Ein wenig arrogant, die Hände in den Hüften, sah er mich nicht direkt an.
    Das ist meine Arbeit, erklärte ich.
    Wer redet hier denn von Arbeit?, fragte er und grinste boshaft. Ich rede von Freunden. Echten Freunden. Menschen, die einem zur Seite stehen. Ich selbst habe eine Menge Freunde. Sulamita zum Beispiel. Sie ist meine Freundin. Das heißt, ich glaube jedenfalls, dass wir Freunde sind.
    Und er lachte.
    Was habt ihr denn am Wochenende so gemacht?
    Wir waren tanzen, sagte ich.
    Er sah mich misstrauisch an.
    Eine makabre Geschichte, was?
    Sehr makaber, sagte ich.
    Wir werden dich zur Aussage vorladen müssen, erklärte er.
    Ich ließ mich immer noch nicht aus der Ruhe bringen.
    Dalva erschien im Garten und bat mich, das Auto für Dona Lu bereitzustellen. Ich verabschiedete mich von Joel und ging Richtung Garage. Mein Herz raste.
    Beerdigungsinstitut Martins e Filhos.
    Urnen, Blumengebinde, Kerzenleuchter, Rosenkränze, die Sachen waren ausgestellt wie Haushaltsgeräte. Nicht mal der Tod ist vor der Vermarktung sicher. Manche Leute legen sich sogar zur Probe in den Sarg. Das erklärte mir der Sohn von Martins, während ich draußen vor der Tür auf Dona Lu wartete. Ich wollte alleine sein, Sulamita anrufen, hören, was zum Teufel los war, aber der Kerl redete ohne Punkt und Komma, und als er endlich begriff, dass ich auf sein Geschwafel keine Lust hatte, winkte Dona Lu mich zu sich, um sie zu beraten.
    Gefällt er Ihnen?, fragte sie mich und deutete auf einen dunklen, übertrieben verzierten Sarg.
    Ich würde lieber diesen hier nehmen, antwortete ich.
    Sie haben recht, er ist unaufdringlicher, sagte sie.
    Anschließend fuhren wir in die Kirche, wo sie eine Verabredung mit Pater Alfredo hatte, um
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