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Leichendieb

Leichendieb

Titel: Leichendieb
Autoren: Patrícia Melo
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Sie meinten, wir müssten die Gefühle der Familie respektieren und dergleichen Blabla, bis ich schließlich kapierte, weshalb sie mich dazu gerufen hatten. Beraba höchstpersönlich will nicht, dass eine Untersuchung zur Identifizierung der Leiche vorgenommen wird. Er möchte seine Frau schonen.
    Die Untersuchung findet nicht statt?
    Die Reichen haben ihre eigenen Gesetze. Der Fall ist erledigt. Und als Angehörige des Teams muss ich den Mund halten. Sie wollten bloß meinen Preis wissen. Wir haben angefangen zu verhandeln. Wenn ich das so erzähle, könnte man auf die Idee kommen, dass wir wie die Händler beim Verkaufen gefeilscht hätten. Aber so was läuft ganz subtil. Diese Typen verstehen etwas von Bestechung. Sie sind sehr tüchtig darin und machen es auf eine Weise, dass man eigentlich gar nicht merkt, dass man geschmiert wird. Man glaubt geradezu, dass man ihnen einen Gefallen tut. Ihnen hilft. Das Wort Geld fiel zu keinem Zeitpunkt. Wir haben von Zulage und Kooperation gesprochen. Von Erleichterung. Von beiderseitigen Vorteilen. So funktioniert das in diesem Land.
    Und Joel?, fragte ich.
    Er hat mich gleich, als ich auf der Wache eintraf, in eine Ecke gezogen und mich gefragt, wer meine Komplizen seien. Einfach so, aus dem Nichts. Mit einem Gesicht, als würde er Spaß machen. Aber mit ernster Stimme, weißt du? Ich habe geantwortet, mein Komplize sei der Besitzer einer Schrotthandlung, ein Drogendealer. Du hättest mal sein Gesicht sehen sollen. Er ist sofort eingeknickt. Er hat meine Anspielung sofort verstanden.
    Das war’s?, fragte ich.
    The end, antwortete sie.
    Wir schwiegen einen Augenblick, Hand in Hand.
    Gib mir einen Kuss, sagte sie, und bring mich nach Hause.
    Zuvor machte ich die Fenster auf. Ich brauchte Luft.
37
    Der Koffer wurde geöffnet, die Dollar lagen darin. Sechzigtausend.
    Wollüstig machte Juan sich daran, sie zu zählen. Es war ein widerwärtiger Anblick. Systematisch blätterte er die Notenbündel durch und stapelte die Scheine aufeinander, wobei er stets seine Finger mit Spucke benetzte, als würde er sich etwas Köstliches schmecken lassen.
    Ramírez blickte mich zufrieden an. Sein aus der Form geratenes, widerspenstiges Haar sah jetzt wie eine große, unbrauchbare alte Bürste aus.
    Setz dich, Porco, sagte er. Möchtest du was trinken?
    Ich dankte.
    Komisch, sagte er, ich habe deinen Namen vergessen.
    Du kannst mich ruhig weiter Porco nennen, entgegnete ich.
    Klar, Porco. Jetzt wo wir einander vertrauen, können wir dein Geschäft ausbauen, Porco, sagte er.
    Wir lächelten.
    Wir saßen der Küche seines Labors in Puerto Suárez. Ramírez erklärte, Corumbá sei lediglich die Anlaufstelle für das Kokain aus Bolivien, sämtliche Drogen aus Kolumbien wurdenüber Paraguay nach Brasilien eingeschmuggelt. Wir können dein Geschäft ausbauen, wiederholte er und fügte hinzu, dass sie jetzt einen Partner in Paraguay hätten und jemanden wie mich benötigten, um den Stoff nach Brasilien einzuschleusen. Ich brauche keine Kuriere, sagte er, ich brauche kluge Köpfe. Für dich ist das ein Riesengeschäft, erklärte er, die Auslieferung aus Paraguay ist sehr kompliziert. Ich garantiere dir, da ist keinerlei Risiko dabei.
    Ich war nicht im Geringsten an dem interessiert, was Ramírez erzählte, aber er redete trotzdem weiter, während ich weiter in der Zeitung las, die ich mitgebracht hatte und in der ein Artikel darüber stand, wie Júniors Leiche gefunden worden war. Die offizielle Version besagte, dass ein Bauer einen merkwürdigen Geruch auf seinem Land bemerkt und den Toten in einem Gehölz entdeckt hatte. Die Polizei glaubte, dass Júnior verletzt das Flugzeug verlassen hatte und bei dem Versuch, Hilfe zu suchen, gestorben war.
    Ich las weiter in der Zeitung, doch Ramírez’ Mund stand nicht still. Jedes zehnte Wort war Porco. Bruder Porco. Porco, mein Freund. Ich überflog die anderen Überschriften. Von Burka verhüllte afghanische Frau zeigt nach Wahl schmutzigen Finger vor . Verdammt. Noch nie zuvor hatte ich so viele hässliche Wörter auf einem Haufen gesehen, dachte ich. Burka. Schmutziger Finger.
    Es stimmt alles genau, sagte Juan. Er war mit dem Geldzählen fertig.
    Bevor ich hinausging, legte Ramírez mir die Hand auf die Schulter und bat mich, über seinen Vorschlag nachzudenken. Er sagte noch, dass er Moacir tatsächlich nicht getötet hätte. Ich habe erfahren, dass er sich wirklich selbst umgebracht hat, erklärte er.
    Es ist traurig, aber wahr, Porco, sagte er. Die
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