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Leichendieb

Leichendieb

Titel: Leichendieb
Autoren: Patrícia Melo
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Folgte dem Pfad, so weit es ging, mein Angelzeug, die Kühltasche mit dem Bier, Winde, Angelrute, Haken und etwas Erdnusskonfekt hatte ich dabei.
    Nachdem ich das Auto unter einem Baum abgestellt hatte, lief ich mit meinem Angelzeug und dem Kescher zu Fuß weiter bis zum Fluss, dem Rio Paraguay. Ich weiß nicht, wie lange ich ging. Mein Kopf dröhnte in der Sonne. Unterwegs legte ich an der Grotte, bei der ich mit Sulamita gewesen war, eine Pause ein. Erschöpft zog ich mich aus und ließ mich lange im Wasser treiben, spürte die Kühle in meinem Körper, bis meine Schläfen aufhörten zu pochen.
    Ausgeruht ging ich den Pfad weiter bis zum Fluss.
    Es war Januar, der Monat, in dem die Fischschwärme zum Laichen die Flüsse bis zur Quelle hinaufziehen. Um diese Zeit ist das Fischen verboten, man darf weder Wurfnetze noch Kescher oder Reusen verwenden. Der Vorteil ist, dass man den Ort ganz für sich alleine hat.
    Ich setzte mich hin und machte ein Bier auf. Es war einer dieser ruhigen, sonnigen Sonntage, an denen die Gedanken ziel- und sorglos vor sich hin schweifen.
    So verbrachte ich den Nachmittag, halb benommen vom Bier, schaute auf den dahinfließenden Fluss. Eine laue Brise umwehte mich.
    Ich angelte so viel, wie ich zu Fuß bis zum Wagen transportieren könnte. Zwei Mühlstein- und drei Schlammsalmler sowie einen Antennenwels, an die zehn Kilo.
    Dann legte ich mich in den Schatten, aß etwas von dem Erdnusskonfekt, schloss die Augen und wartete mit dem Rückweg, bis es sich etwas abgekühlt hätte. Keine Ahnung, wie lange ich schlief. Ich träumte, ich hätte eine Liste der Nebenstellen anzufertigen und mich über Funk mit den Telefonistinnen abzustimmen, Over. All das war schon enorm lange her, aber das Funkgerät geisterte noch immer durch meine Alpträume.
    Ich wachte mit Herzrasen auf, hörte Motorenlärm. Als ich zum Himmel schaute, erblickte ich ein tieffliegendes Flugzeug, dachte, jemand würde Luftaufnahmen machen.
    Ich weiß nicht genau, wie alles passierte. Plötzlich eine Explosion, und das Flugzeug stieß in den Rio Paraguay wie ein Fischreiher.
3
    Die Nase der einmotorigen Maschine war an der engsten und verwinkeltesten Stelle in den Rio Paraguay getaucht, in einem nicht schiffbaren Teil des Flusses. Einer ihrer Flügel hatte sich in sein flaches Bett gebohrt. Aus dem Motor stieg dunkler Qualm.
    Ich zog Turnschuhe und Hose aus, watete in den Fluss und schwamm zum Flugzeug. Das Wasser reichte mir kaum bis über die Hüfte. Gleich beim Erklimmen des Rumpfs entdeckte ich den Piloten, einen großen, jungen Kerl mit kantigem Gesicht. Das Blut schoss ihm aus der Wunde an der Stirn.
    Ich zog die zum Teil aus dem Wasser ragende rechte Tür gewaltsam auf und stieg ins Innere. Erklärte dem Piloten, er brauche sich keine Sorgen zu machen, ich würde ihn zu meinem Wagen bringen, und über mein Handy würden wir Hilfe holen. Sie haben großes Glück, sagte ich, während ich ihn vom Sicherheitsgurt befreite, wirklich großes Glück, vom Himmel zu stürzen und noch am Leben zu sein.
    Genau in dem Augenblick, als ich ihm sagte, was für ein Glückspilz er sei, verlosch er. Zuvor gab er noch einen unterdrückten Seufzer, fast ein Stöhnen, von sich. Ich überprüfte seinen Puls, Fehlanzeige.
    Panik packte mich.
    Das Flugzeug begann, voller Wasser zu laufen. Ich öffnete die Tür, um zu verhindern, dass wir von der Strömung mitgerissen würden, ohne mir ganz sicher zu sein, ob meine Annahme stimmte.
    Keuchend und Wasser schluckend schwamm ich zurück zum Ufer, nunmehr voller Angst vor den Piranhas. Versuchte das Handy in meiner Hosentasche anzuschalten, aber es hatte kein Netz.
    Ich kehrte zum Flugzeug zurück, stieg ins Cockpit und setzte mich auf den Sitz des Kopiloten. Einige Minuten lang lauschte ich dem an den Rumpf schlagenden Wasser und überlegte. Vielleicht sollte ich den Kerl besser aus dem Fluss holen. Allerdings war es völlig aussichtslos, ihn zum Wagen zu schleppen. Der Junge war kräftiger gebaut als ich, wog bestimmt an die achtzig Kilo. Ich hätte ihn zum Auto schleifen können. Die Vorstellung, eine Leiche zu tragen, verstörte mich.
    Es würde auch keinen Unterschied machen, ihn bis zur Bergung dortzulassen.
    Von der Straße aus könnte ich die Polizei alarmieren. In weniger als drei Stunden würde sie dort eintreffen.
    Abermals fühlte ich den Puls des Mannes. In dem Moment bemerkte ich den ledernen Rucksack, der hinten am Sitz befestigt war.
    Darin fand ich eines dieser unverwechselbaren
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