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Lasst die Spiele beginnen: Roman (German Edition)

Lasst die Spiele beginnen: Roman (German Edition)

Titel: Lasst die Spiele beginnen: Roman (German Edition)
Autoren: Niccolò Ammaniti
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Scheiß.
    »Siehst du dir eigentlich die Nachrichten im Fernsehen an?«, fuhr Murder erbarmungslos fort. »Weißt du nicht mehr, diese Nonne aus Caianello, die sie enthauptet in der Nähe von Pavia gefunden haben?«
    »Ja und?«
    »Das waren die Kinder der Apokalypse. An einer Bushaltestelle haben sie sie aufgelesen, und dann hat Kurtz sie mit einer Doppelaxt enthauptet.«
    Saverio verabscheute Kurtz, den Anführer der Kinder der Apokalypse aus Pavia. Immer Klassenbester. Immer machte der die extremsten Sachen. Bravo, Kurtz! Mein Kompliment! Du bist der Größte!
    Saverio fuhr sich mit der Hand übers Gesicht. »Okay, okay, Leute … Aber ihr müsst auch zugeben, dass ich es in letzter Zeit nicht leicht hatte. Die Geburt der Zwillinge. Der verdammte Kredit für die neue Wohnung.«
    »Wie geht es den Kleinen eigentlich?«, fragte Silvietta.
    »Bei denen geht’s nur oben rein und unten raus. Sie essen und kacken. Und nachts kriegen wir kein Auge zu. Jetzt haben sie auch noch die Röteln. Außerdem ist Serenas Vater an der Hüfte operiert worden, und das ganze Möbelhaus lastet auf meinen Schultern. Könnt ihr mir mal sagen, wie ich da noch etwas für die Sekte organisieren soll?«
    »Hör mal, hast du vielleicht ein paar Sonderangebote im Geschäft? Ich will mir eine Drei-Sitzer-Schlafcouch kaufen, die alte hat meine Katze kaputt gemacht«, fragte Zombie.
    Aber der Anführer der Bestien hörte nicht zu, er dachte an Kurtz Minetti. Ein Dreikäsehoch. Konditor von Beruf. Früher hatte er schon mal einen Staubsaugervertreter abgefackelt, und jetzt hatte er eine Nonne enthauptet.
    »Aber ihr«, und dabei zeigte er auf jeden Einzelnen, »ihr seid wirklich undankbar. Ich habe mir den Arsch aufgerissen für diese Sekte. Wenn ich nicht gewesen wäre und euch in den Kult der Unterwelt eingeführt hätte, würdet ihr heute noch Harry Potter lesen.«
    »Ja, Saverio, aber du musst uns auch verstehen. Wir glauben an die Gruppe, aber so kann es nicht weitergehen.« Murder knabberte nervös an einem Grissino. »Lass uns die Sekte vergessen und Freunde bleiben.«
    Empört schlug der Anführer der Bestien mit der Hand auf den Tisch. »Wir machen es so. Ihr gebt mir eine Woche Zeit. Eine Woche könnt ihr mir nicht verweigern.«
    »Und wozu brauchst du die?«, fragte Silvietta und nagte an ihrem Lippenring.
    »Ich bin dabei, eine Wahnsinnsaktion vorzubereiten. Eine sehr gefährliche Mission …« Er legte eine Pause ein. »Aber dann dürft ihr auch keinen Rückzieher mehr machen. Große Reden schwingen kann jeder. Aber wenn es dann ernst wird …« Er imitierte ein greinendes Stimmchen. »Entschuldige, aber ich kann nicht … Ich habe Probleme mit der Familie, meiner Mutter geht es nicht gut … Ich muss arbeiten.« Und dabei schaute er hauptsächlich Zombie an, der schuldbewusst auf seinen Teller sah. »So geht das nicht. Jeder von uns muss seinen Arsch riskieren.«
    »Aber kannst du nicht wenigstens mal eine Andeutung machen?«, fragte Murder vorsichtig.
    »Nein, ich kann euch nur so viel sagen, mit dieser Aktion springen wir schlagartig auf Platz eins der Teufelssekten in Italien.«
    Silvietta griff nach seinem Handgelenk. »Mantos, komm schon, ich bitte dich. Verrat uns doch ein ganz kleines bisschen mehr. Ich sterbe vor Neugier …«
    »Nein! Ich hab Nein gesagt! Ihr müsst warten. Und wenn ich euch in einer Woche kein ernsthaftes Projekt bringe, dann war’s das – wir verabschieden uns mit einem festen Händedruck und lösen die Sekte auf. In Ordnung?« Er stand auf. Seine schwarzen Augen leuchteten rot, darin spiegelte sich das Feuer aus dem Pizzaofen. »Und nun, Jünger, huldigt mir!«
    Die Jünger neigten den Kopf. Der Anführer hob seinen Blick zur Decke und breitete die Arme aus.
    »Wer ist euer charismatischer Vater?«
    »Du!«, sagten die Bestien im Chor.
    »Wer hat die Gebote des Bösen geschrieben?«
    »Du!«
    »Wer hat euch die Liturgie der Finsternis gelehrt?«
    »Du!«
    »Wer hat die Pappardelle mit Kaninchenragout bestellt?«, fragte der Kellner mit einer Reihe dampfender Teller auf den Armen.
    »Ich!« Saverio streckte die Hand aus.
    »Nicht anfassen, sie sind heiß.«
    Der Anführer der Bestien setzte sich wieder und begann, schweigend zu essen.

2 Ungefähr fünfzig Kilometer von der Pizzeria Jerry 2 entfernt schleppte sich in Rom, der Hauptstadt Italiens, eine kleine Vespa mit drei Gängen mühsam die Steigung am Monte Mario hinauf. Im Sattel saß der bekannte Schriftsteller Fabrizio Ciba. Der Roller hielt
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