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Lasst die Spiele beginnen: Roman (German Edition)

Lasst die Spiele beginnen: Roman (German Edition)

Titel: Lasst die Spiele beginnen: Roman (German Edition)
Autoren: Niccolò Ammaniti
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an der Ampel und bog, als es grün wurde, in die Via della Camilluccia ein. Nach etwa zwei Kilometern bremste er vor einem eisernen Tor, das offen stand. Neben dem Tor war eine Messingtafel mit der Aufschrift »Villa Malaparte« angebracht.
    Ciba schaltete in den ersten Gang und wollte gerade die lange steile Kiesauffahrt zur Villa in Angriff nehmen, als vor ihm ein Gorilla auftauchte, der sich in einen grauen Flanellanzug gequetscht hatte. »Entschuldigung! Hallo Sie, Entschuldigung! Wo wollen Sie hin? Haben Sie eine Einladung?«
    Der Schriftsteller nahm den schüsselförmigen Helm ab und begann in den Taschen seiner zerknautschten Jacke zu suchen. »Nein, ich glaube, ich habe sie nicht bei mir. Ich muss sie wohl vergessen haben.«
    Der Typ baute sich breitbeinig vor ihm auf. »Dann kann ich Sie nicht durchlassen.«
    »Ich bin eingeladen, um …«
    Der Rausschmeißer brachte ein Papier zum Vorschein und setzte eine kleine Brille mit roter Fassung auf. »Wie sagten Sie, war der Name?«
    »Das hatte ich noch nicht gesagt. Ciba. Fabrizio Ciba.«
    Der Typ fuhr mit dem Zeigefinger die Gästeliste entlang und schüttelte den Kopf.
    Er hat mich nicht erkannt. Fabrizio fand es nicht besonders schlimm. Dass der Gorilla sich nicht mit Literatur beschäftigte, war offensichtlich, aber verdammte Hacke, schaute er denn auch kein Fernsehen? Ciba moderierte, genau für solche Typen, eine Sendung mit dem Titel Verbrechen & Strafe, jeden Mittwoch auf Rai Tre.
    »Es tut mir leid. Ihr Name steht nicht auf der Liste.«
    Der Schriftsteller war hier, um den neuen Roman Ein Leben in der Welt des Literaturnobelpreisträgers Sarwar Sawhney zu präsentieren, der bei Martinelli erschienen war, seinem eigenen Verlag. Im Alter von dreiundsiebzig Jahren und nach zwei Büchern, so dick wie das Handbuch für Zivilrecht, hatte Sawhney den Preis der Schwedischen Akademie erhalten. Bei der Veranstaltung zu seinen Ehren sollte Ciba gemeinsam mit Gino Tremagli, dem Lehrstuhlinhaber für anglo-amerikanische Literatur an der Sapienza, auftreten, aber der alte Schwätzer war nur geholt worden, um der Veranstaltung einen offiziellen Anstrich zu geben. Fabrizio fiel die Aufgabe zu, die in diesem großen Roman schlummernden tiefen Geheimnisse zu entschlüsseln und sie dem bekanntermaßen kulturhungrigen römischen Publikum zum Fraß vorzuwerfen.
    Langsam war Ciba nun ernsthaft genervt. »Hör mal zu. Vergiss die Liste und sieh dir die Einladung an, die weiße, rechteckige Karte, die ich unglücklicherweise nicht dabeihabe. Darauf findest du meinen Namen als Moderator der Veranstaltung. Wenn du willst, gehe ich jetzt. Doch wenn sie mich dann fragen, warum ich nicht gekommen bin, sage ich … Wie heißt du gleich?«
    Zum Glück tauchte in diesem Augenblick eine Hostess auf. Sie hatte eine blonde Pagenfrisur und trug ein blaues Kostüm. Sobald sie ihren Lieblingsschriftsteller mit den strubbeligen Haaren und den großen grünen Augen auf seiner Oldtimer-Vespa sah, wäre sie fast ohnmächtig geworden. »Lass ihn durch, lass ihn sofort durch!«, kreischte sie mit schriller Stimme. »Siehst du nicht, wer das ist? Das ist Fabrizio Ciba!« Dann kam sie, vor Aufregung ganz steif, zu dem Schriftsteller gelaufen. »Es tut mir so leid. Oh Gott, was für eine schreckliche Blamage! Es tut mir unendlich leid. Ich war nur einen Moment weg, und dann waren Sie plötzlich da … Es tut mir leid, oh Gott, ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie leid mir das tut … Ich …«
    Fabrizio schenkte ihr ein vollendetes Lächeln.
    Die Hostess schaute auf die Uhr. »Es ist schon sehr spät. Alle warten auf Sie. Gehen Sie, gehen Sie, ich bitte Sie.« Sie versetzte dem Rausschmeißer einen heftigen Stoß, und als Fabrizio vorbeifuhr, rief sie ihm nach: »Würden Sie mir nachher Ihr Buch signieren?«
    Ciba stellte die Vespa auf dem Parkplatz ab und trabte mit dem leichten Schritt des Mittelstreckenläufers auf die Villa zu.
    Plötzlich sprang ein Fotograf, der sich hinter einer Lorbeerhecke versteckt hatte, auf die Allee und lief auf ihn zu. »Fabrizio! Fabrizio, erinnerst du dich an mich?« Dabei lief er hinter ihm her. »Wir haben mal zusammen gegessen, in Mailand, in der Osteria La compagnia dei naviganti … Ich habe dich in mein Dammuso auf Pantelleria eingeladen, und du hast gesagt, du würdest vielleicht kommen.«
    Der Schriftsteller hob eine Augenbraue und musterte diesen halb kahlen, mit Fotoapparaten behängten Freak. »Natürlich erinnere ich mich …« Er hatte keinen
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