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Lasst die Spiele beginnen: Roman (German Edition)

Lasst die Spiele beginnen: Roman (German Edition)

Titel: Lasst die Spiele beginnen: Roman (German Edition)
Autoren: Niccolò Ammaniti
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1 Die Bestien des Abaddon saßen in der Pizzeria Jerry 2 in Oriolo Romano und hielten eine Versammlung ab.
    Ihr Anführer Saverio Moneta, genannt Mantos, stand ziemlich unter Druck.
    Die Lage war kritisch. Wenn es ihm nicht gelang, das Ruder wieder in die Hand zu bekommen, dann war das vielleicht die letzte Zusammenkunft der Sekte.
    In letzter Zeit war die Gruppe bedrohlich geschrumpft. Paolino Scialdone, genannt der Sensenmann, war als Erster abgesprungen. Ohne ein Wort zu sagen, hatte er sich abgeseilt und war zu den Kindern der Apokalypse, einer satanistischen Gruppe in Pavia, übergelaufen. Kurz danach hatte sich Antonello Agnese, genannt Molten, eine gebrauchte Harley Davidson gekauft und war zu den Hells Angels in Subiaco gegangen. Und zu guter Letzt hatte Pietro Fauci, genannt Nosferatu, Mantos’ rechte Hand und Gründungsvater der Bestien, geheiratet und in Abetone ein Sanitärgeschäft eröffnet.
    Nun waren sie nur noch zu viert.
    Er musste ein ernstes Wort mit ihnen reden, sie wieder auf Linie bringen und neue Mitglieder rekrutieren.
    »Mantos, was nimmst du?«, fragte ihn Silvietta, die Vestalin der Gruppe. Eine kleine klapperdürre Rothaarige mit Glupschaugen, die unter ihren dünnen, zu hoch auf der Stirn angesetzten Augenbrauen hervorquollen wie Tischtennisbälle. In einem Nasenflügel und in der Mitte der Lippe hatte sie einen silbernen Ring.
    Zerstreut warf Saverio einen Blick auf die Speisekarte. »Keine Ahnung … Eine Pizza Marinara vielleicht? Ach nein, lieber nicht, der Knoblauch schlägt mir immer so auf den Magen … Also gut, dann die Pappardelle.«
    »Nicht gerade ihre Spezialität hier, aber trotzdem ganz gut!«, fand Roberto Morsillo, genannt Murder, ein dicker, fast zwei Meter großer Kerl mit langen, schwarz gefärbten Haaren und einer fettverschmierten Brille. Er trug ein ausgeleiertes Slayer-T-Shirt. Murder kam aus Sutri, studierte Jura in Rom und arbeitete in einem Baumarkt in Vetralla.
    Kritisch musterte Saverio seine Anhänger. Alle waren schon über dreißig, liefen aber immer noch wie ein Häufchen abgefuckter Heavy-Metal-Fans herum. Und das, obwohl er ihnen pausenlos einbläute: »Begreift es endlich, ihr müsst stinknormal aussehen, keine Piercings, keine Tattoos, keine Studs.« Aber es war einfach nichts zu machen.
    Man muss sich mit dem zufriedengeben, was man hat, dachte er resigniert.
    Mantos schaute hoch und sah sich selbst in dem Birra-Moretti-Spiegel hinter der Bar. Schmächtig, einen Meter zweiundsiebzig, Brille mit Metallfassung, dunkles Haar, auf der linken Seite gescheitelt. Er trug ein hellblaues kurzärmliges Hemd, bis zum Hals zugeknöpft, eine dunkelblaue Cordhose und College-Mokassins.
    Ein ganz normaler Typ. Wie die großen Paladine des Bösen: Ted Bundy, Andrei Tschikatilo, Jeffrey Dahmer, das Monster von Milwaukee. Alles ganz normale Leute, die auf der Straße niemandem aufgefallen wären. Dabei waren sie die Lieblingskinder des Teufels.
    Was hätte Charlie Manson an meiner Stelle getan, wenn er derart armselige Anhänger gehabt hätte?
    »Meister, wir müssen mit dir reden. Wir haben uns überlegt, unsere Sekte …«, setzte Edoardo Sambreddero, genannt Zombie, an und riss Mantos aus seinen Gedanken. Er war der Vierte der Gruppe, ein hagerer Typ, der keinen Knoblauch, keine Schokolade und keine Getränke mit Kohlensäure vertrug, weil er von Geburt an unter einer chronischen Entzündung der Speiseröhre litt. Er arbeitete als Elektriker bei seinem Vater in Manziana. »Eigentlich gibt es uns als Sekte gar nicht mehr.«
    Saverio wusste, worauf er hinauswollte, tat aber so, als verstünde er nicht. »Wie meinst du das?«
    »Wie lange ist es jetzt her, dass wir den Bluteid abgelegt haben?«
    Saverio zuckte mit den Schultern. »Ein paar Jahre.«
    »Aber im Internet zum Beispiel sind wir überhaupt kein Thema, die Kinder der Apokalypse aber schon«, flüsterte Silvietta so leise, dass niemand es hörte.
    »Und was haben wir in dieser ganzen Zeit zustande gebracht?«, fragte Zombie und zielte dabei mit einem Grissino auf seinen Chef.
    »Und von all den Sachen, die du uns versprochen hast, was haben wir davon tatsächlich gemacht?«, stimmte Murder ein. »Keine Spur von Menschenopfern, dabei hast du damals gesagt, die würden wir massenhaft bringen. Und was ist mit den Initiationsriten mit Jungfrauen? Und mit satanischen Orgien?«
    »Ein Menschenopfer haben wir doch gebracht, und zwar mit allem Drum und Dran«, stellte Saverio irritiert klar. »Es hat zwar nicht
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