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Lakritze - Thueringen Krimi

Lakritze - Thueringen Krimi

Titel: Lakritze - Thueringen Krimi
Autoren: Sylke Tannhaeuser
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ein dunkles Loch aussah. Ihr Zeigefinger war spitz genug, um ein Loch in die Tischplatte zu bohren.
    »Der Täter hat die Zungenspitze entfernt. Abgebissen oder abgeschnitten, doch auch das wird erst durch die Obduktion genau geklärt.«
    Carla machte Frau Ritter, die sich abseits gehalten hatte, ein Zeichen. Für die Ausschmückungen des Kommissars hatte sie noch viel zu wenig Alkohol im Magen. Als der Doppelkorn kam, trank sie wie eine Verdurstende. Der Schluckauf meldete sich sogleich zurück.
    »Was passiert nun?« Edith kratzte sich die Haut unter ihrem Dutt.
    »Der Tatort war noch frisch, und ich habe Hoffnung, dass wir Spuren von genetischem Material sicherstellen konnten«, sagte Feuerbirk.
    »Wie im Fernsehen.« Edith strahlte.
    »Als Nächstes veranlasse ich einen Massentest, eine Speichelprobe von allen Männern und Frauen aus der Gegend.«
    »Auch von uns?«, fragte Edith.
    »Natürlich.«
    »Hast du das gehört, Wilfried?«, rief Edith. Wilfrieds Rippen bekamen erneut ihren Ellenbogen zu spüren. »Mein Gott, ist das aufregend!«
    »Wenn aber der Mörder kein Hiesiger ist?«, murmelte Ralph leise vor sich hin.
    Carla hatte ihn trotzdem gehört. Sie trat ihm auf den Fuß. Doch zu spät.
    Der Kommissar wandte sich Ralph zu. »Von den Gästen und Urlaubern werden selbstverständlich ebenfalls Proben genommen. Danach sehen wir weiter.«
    Eine Weile ergingen sie sich in wilden Spekulationen, in denen Edith Zumpe das Wort führte. Sie bekam ein ganz dunkles Gesicht, vor Aufregung oder auch, weil es in dem Zimmer warm geworden war. Selbst Wilfrieds fahle Haut schimmerte rosarot. Carla lehnte sich zurück. Sie hörte Feuerbirk etwas sagen, doch seine Stimme versank im Nebel. Müde schloss sie die Augen.
    Knut Ritter, genannt Knubbel, kauerte unter dem geöffneten Fenster des Frühstücksraumes. Es dauerte eine Weile, bis er das Gehörte verdaut hatte.
    Die Schwester gluckte mit den Gästen und diesem Kommissar Feuerbirk zusammen. Die Zumpes waren ebenfalls dabei. Die kamen immer, wenn es Dinge gab, die vom Einerlei des Dorflebens ablenkten.
    Proben, hatte der Kommissar gesagt. Knubbel wusste nicht genau, was er damit gemeint hatte, aber es musste etwas Besonderes sein, denn sonst hätte Frau Zumpe nicht so gestaunt.
    Er musste aufpassen. Der Kommissar Feuerbirk hatte ernst geklungen.
    Knubbel reckte sich und schielte nach drinnen. Helene sah aus wie immer, vielleicht ein wenig blasser als sonst. Es war alles in Ordnung, es ging ihr gut. Das war wichtig. Er wollte nicht, dass seine Schwester Kummer hatte.
    Ob sie darauf wartete, dass er endlich kam und ihr zur Seite stand? Er sollte hineingehen. Dann fiel sein Blick auf seine schmutzigen Schuhe, und er überlegte es sich anders. Helene würde schimpfen, wenn er den Boden dreckig machte. Sie achtete sehr auf Ordnung und Sauberkeit.
    Geduckt schlich er die Hauswand entlang und durchquerte die Einfahrt. Vorsichtig lugte er um die Ecke. Keine Menschenseele war zu sehen. Rasch ging er über den Hof zu den Ställen. Dort war sein Reich, dort störte ihn niemand. Die Kaninchen waren seine Freunde, bessere, als es Menschen je sein konnten. Abgesehen von Helene natürlich, die war eine Ausnahme.
    Knubbel öffnete die Stalltür und trat ein. Durch die Ritzen der Bretterwände schimmerte das Tageslicht ins Innere und malte Striche auf Wände und Boden, auch auf die Tiere. Wie Streifenhörnchen sahen sie aus, wie sie da im fahlen Licht in den Boxen hockten und vor sich hin mümmelten.
    Sacht streckte Knubbel die Finger durch das Gitter. Ein dickes Kaninchen kam und beschnüffelte ihn. Der Rammler, ein Prachtstück und Knuts ganzer Stolz.
    Er entriegelte die Käfigtür und holte das Tier heraus. Zärtlich kraulte er ihm das Fell. Der Rammler hielt ganz still. Plötzlich barg Knubbel das Gesicht im Nacken des Tieres und schluchzte laut auf, doch so schnell wie die Tränen gekommen waren, unterdrückte er sie auch wieder. Ängstlich wischte er sie ab.
    Er lauschte. Gottlob, er war allein. Nicht auszudenken, wenn ihn die Schwester so gesehen hätte. Er durfte kein Weichling sein, er war kühn und ohne Furcht. Nicht umsonst hatten ihn die Eltern Knut genannt, den Verwegenen. Obwohl Helene ihn selten so ansprach. Sie nannte ihn Knubbel, weil sie meinte, er würde wie ein knubbeliger Baumstumpf aussehen. Er war gedrungen, hatte aber kräftige Arme und starke Beine. Alles Muskeln, kein Fett. Helene achtete darauf, dass er gesund aß. Sie achtete auch in anderer Hinsicht auf ihn. Sie
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