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Lakritze - Thueringen Krimi

Lakritze - Thueringen Krimi

Titel: Lakritze - Thueringen Krimi
Autoren: Sylke Tannhaeuser
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allein hatte die Vergangenheit zum Schweigen gebracht. Er war ihr dankbar, dass sie ihn alles vergessen ließ.
    Der Rammler auf seinem Arm regte sich. Knubbel fasste ihn bei den Ohren und setzte ihn zu einer Zippe. Augenblicklich machte sich das Tier über das Weibchen her. Knubbel sah zu. Er fühlte, wie seine Hose eng wurde, und feuerte den Rammler an: »Gib’s ihr, kräftig, gib’s ihr, mein Junge.«
    Die Holztür des Stalles schwang knarrend auf, und Knubbel fuhr schuldbewusst hoch.
    »Hier bist du. Ich habe dich überall gesucht«, sagte Helene. Ihre Augen waren ganz dunkel, wie immer, wenn sie müde war.
    Knubbel zeigte auf das Kaninchenpaar. »Schau dir den an, der macht es richtig.«
    Helene verzog den Mund. »Es gibt Abendbrot, ich habe schon den Tisch gedeckt.«
    »Sind alle weg?«
    »Bis auf die Gäste. Der Feuerbirk hat sich gleich einquartiert, das Pärchen ruht sich aus. Sie sind erschöpft.«
    »Nicht nur die.«
    »Stimmt.«
    Helene strich ihm über das Haar, und Knubbel reckte sich.
    »Kochst du mir einen Pudding?«
    »Ich habe etwas Besseres für dich.«
    Knubbel verriegelte die Käfigtür. »Was ist es?«
    »Wirst schon sehen. Jetzt komm endlich.«
    Später, nachdem sie gegessen hatten, saßen sie in der Stube und ließen sich vom Fernsehprogramm berieseln. Im Ersten kam ein Krimi. Soeben hatte der Filmkommissar einen Toten gefunden.
    Helene hatte den Nähkasten vor sich stehen und stopfte Knubbels Socken. »Schlimm, dass ausgerechnet die beiden die Leiche gefunden haben. Jetzt werden sie wohl abreisen. Dann steht das Haus leer, dabei brauchen wir jeden Cent.«
    »Wir kommen zurecht, es geht uns gut. Besser als früher.«
    Früher hatten sie oft gehungert. Eine Zeit lang hatten sie Sachen verkauft, die sie nicht brauchten. Auch das Elternhaus. Als alles weg gewesen war, hatten sie Arbeit gesucht, er selbst in der Landwirtschaft und Helene als Zimmermädchen in der Pension. Da war er wenigstens satt geworden. Später dann hatte Helene die Pension übernommen. Knubbel war es zufrieden. Ihm genügte das Leben, wie es war. Hauptsache, er hatte seine Kaninchen.
    »Da, für dich.« Helene schob ihm eine ungeöffnete Pralinenschachtel zu.
    Knubbel drehte und wendete die Schachtel. Bitterschokolade gefüllt mit Kaffeelikör. »Du bist eine gute Wirtin, die beste, die ich kenne«, sagte er.
    »Schon recht. Aber was nützt es, wenn es die Leute nicht wissen? Wir brauchen Werbung für uns. Gute Werbung. Ein Mord ist schlecht für die Pension.«
    Im Fernsehen stippte der Filmkommissar den Zeigefinger in die dunkle Lache, die sich unter dem Toten ausgebreitet hatte, und roch daran.
    »Du verwöhnst sie, die Gäste.« Knubbel riss die Pralinenschachtel auf und steckte sich das erste Stückchen in den Mund. Die Likörfüllung schmeckte süß und bitter zugleich.
    »Aber das reicht anscheinend nicht. Die Leute wissen ja gar nicht, dass es das Waldidyll gibt.«
    Sie klang ungeduldig, und Knubbel fragte sich, ob er etwas Falsches gesagt hatte. Doch Helene starrte nur auf den Teppich zu ihren Füßen. Offenbar war sie gar nicht richtig bei der Sache.
    Als sie unvermutet den Blick auf ihn richtete, zuckte Knubbel zusammen. Er fühlte sich ertappt, dabei gab es nichts, was ihm ein schlechtes Gewissen bereiten konnte.
    »Wir haben zu viele Betten frei, und jetzt treiben sich auch noch Polizisten hier herum.«
    »Die gehen irgendwann auch wieder.« Schnell senkte er den Kopf. Er hatte schon zu viel gesagt. Helene mochte es nicht, wenn man ihr widersprach.
    »Aber wann? Hoffentlich schrecken sie bis dahin nicht noch mehr Gäste ab.«
    »Benzin«, sagte in diesem Moment der Filmkommissar, und Knubbel nahm eine weitere Praline. Er hörte Helene nicht mehr zu. Der Filmkommissar war in einen anderen Raum gegangen und stocherte in einem Ofen herum. Asche wirbelte auf, ein Stück Metall fiel dem Kommissar vor die Füße, eine Gürtelschnalle. Mit leisem Knirschen barst die Schokolade in Knubbels Mund.
    »Zerstückeln und verbrennen, da findet man keine Leiche mehr«, sagte Helene.
    Knubbel nickte mechanisch und überlegte, wie viel Benzin man brauchte, damit ein Körper vollständig verbrannte. Er schluckte die Likörfüllung hinunter. Die Pralinen waren gut. Genau, wie er sie mochte, herb und süß zugleich.

DREI
    Kommissar Feuerbirk hatte bis spät in der Nacht über dem Protokoll gebrütet. Er hatte wenig geschlafen, höchstens ein paar Stunden. Trotzdem war er nicht müde. Er brannte darauf, den neuen Fall zu lösen.
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