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World Wide War: Angriff aus dem Internet (German Edition)

World Wide War: Angriff aus dem Internet (German Edition)

Titel: World Wide War: Angriff aus dem Internet (German Edition)
Autoren: Richard A. Clarke , Robert A. Knake
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    Einleitung
    An einem jener grauen und eisigen Washingtoner Wintertage versammelten wir uns unweit des Dupont Circle in einem mit E-Gitarren und einer eigenwilligen Kunstsammlung gefüllten Sandsteingebäude, um des Mannes zu gedenken, der uns gelehrt hatte, militärische und Sicherheitsfragen zu analysieren. Zwei Dutzend ehemalige Studenten von Professor William W. Kaufmann, die meisten von ihnen mittlerweile im sechsten Lebensjahrzehnt, hoben an jenem Februarabend des Jahres 2009 ihre Gläser auf ihren Lehrer, der wenige Wochen vorher im Alter von 90 Jahren gestorben war. Bill, wie wir ihn nannten, hatte jahrzehntelang am MIT und später in Harvard und bei der Brookings Institution Militäranalyse und Strategie der Atomwaffenpolitik unterrichtet. Mehrere Generationen von zivilen und militärischen »Experten« waren bei ihm in die Lehre gegangen. Bill hatte sechs Verteidigungsminister beraten und im »Front Office« des E-Rings des Pentagonss gesessen. Jahrzehntelang war er jede Woche zwischen Boston und Washington gependelt.
    Hinter seinem Rücken hatten einige von uns Professor Kaufmann als »Yoda« bezeichnet. Tatsächlich war da eine gewisse Ähnlichkeit in der körperlichen Erscheinung und im Auftreten, aber der eigentliche Grund für diesen Spitznamen war, dass wir unseren Jedi-Meister in ihm sahen, jenen Mann, der verstand, wie »die Macht« funktioniert, und versuchte, diese Einsicht an uns weiterzugeben. Als Analytiker und Berater hatte Bill zu der Handvoll Zivilisten gezählt, die in den fünfziger und frühen sechziger Jahren die Grundlagen der strategischen Atomkriegsdoktrin entwickelt hatten. Sie hatten die Regierung der Vereinigten Staaten dazu bewegt, sich von einer Strategie zu lösen, die auf dem atomaren Erstschlag und dem massiven Einsatz sämtlicher Atomwaffen beruhte und die Zerstörung Hunderter Städte in Europa und Asien in Kauf nahm. Bill und seine Kollegen hatten vermutlich einen globalen Atomkrieg vermieden und die Kontrolle der strategischen Atomwaffen möglich gemacht. Während wir an jenem Abend wie seinerzeit in Bills Gesellschaft an Martinis nippten, wandte sich unser Gespräch der Zukunft zu. Was konnten wir tun, um uns des Gedenkens an William W. Kaufmann und all die anderen Strategen der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts als würdig zu erweisen? Jemand schlug vor, wir sollten ihre Arbeit fortsetzen und ausgehend von Bills Lehren die schwierigen analytischen Fragen zur heutigen Strategie stellen. Ein anderer Teilnehmer meinte, die gegenwärtige Situation sei eine ganz andere als die in den fünfziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts, einer Zeit, da die Atomwaffen ohne gründlich durchdachte Strategie aufgestellt worden seien. Mittlerweile seien die Strategien weitgehend perfektioniert.
    Aber unterscheidet sich die heutige Situation wirklich so sehr von der damaligen? Im ersten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts haben die Vereinigten Staaten, gestützt auf die neuen Technologien, neuartige Waffen entwickelt und systematisch in Stellung gebracht, ohne dabei eine wirklich durchdachte Strategie zu verfolgen. Ohne vorhergehende öffentliche Debatte, ohne Diskussion in den Medien, ohne ernsthafte Überwachung durch den Kongress, ohne wissenschaftliche Analyse und ohne Konsultation der Staatengemeinschaft wurde ein neues militärisches Kommando für einen neuartigen Hightech-Krieg eingerichtet. Wir könnten uns also durchaus in einer Situation befinden, die große Ähnlichkeit mit jener in den fünfziger Jahren hat. Daher dürfte eine auf einer sorgfältigen wissenschaftlichen Analyse beruhende Diskussion über diese neuartigen Waffen und diesen neuartigen Krieg erforderlich sein.
    Die Rede ist vom virtuellen Raum und von dem Krieg, der in diesem Raum geführt wird. Am 1. Oktober 2009 übernahm in denUSA ein Vier-Sterne-General die Leitung des neuen U. S. Cyber Command, einer militärischen Einrichtung, deren Aufgabe darin besteht, die Informationstechnologie und das Internet als Waffen einzusetzen. Ähnliche Armeekommandos gibt es in Russland, China und anderen Ländern. Diese militärischen und Nachrichtendienstorganisationen bringen auf dem virtuellen Schlachtfeld Dinge wie »logische Bomben« und »Trapdoors« (Falltüren) in Stellung und setzen in Friedenszeiten elektronische Sprengladungen in den vernetzten Systemen anderer Länder ein. Aufgrund der einzigartigen Natur des Cyberkrieg gibt es möglicherweise Anreize zum Erstschlag. In einem elektronischen Krieg dürften
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