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Lakritze - Thueringen Krimi

Lakritze - Thueringen Krimi

Titel: Lakritze - Thueringen Krimi
Autoren: Sylke Tannhaeuser
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Gestrüpphaufen ragte.
    »Wir müssen etwas tun«, wisperte sie.
    »Nichts berühren.«
    Ralph starrte wie sie auf den weißen Fuß, der wie das Ende eines kahlen Astes gen Himmel zeigte. Die Zehennägel waren pinkfarben lackiert. An den Rändern war der Lack abgeblättert.
    »Vielleicht lebt sie noch.«
    »Sie?«
    »Frau, Kind – was auch immer.« Carla rappelte sich auf und zerrte das Gehölz beiseite. Das Holz knackte, als der Fuß auf die Erde fiel. Er endete in einem dürren Bein.
    Ralph riss an der anderen Seite des Gestrüpps. Das zweite Bein lag seltsam weggeknickt. Er zog weiter, und ein magerer Körper kam zum Vorschein, dann der Kopf.
    Carla würgte. Die Frau, die hier unter dem Gestrüpp verborgen worden war, lebte nicht mehr. »So jung«, flüsterte sie.
    »Die arme Frau.«
    Ralphs Stimme klang überlaut in Carlas Ohren. Sie stürzte weg von dem Baum und übergab sich. Im Moos unter ihr lag das angebissene Käsebrötchen, das Ralph aus der Hand geglitten war, als er ihr zu Hilfe gekommen war. Sie zitterte, als sie sich den Mund abwischte.
    »Was sollen wir bloß tun?«
    »Da kommt jede Hilfe zu spät.«
    »Die Polizei. Wir müssen die Kripo rufen. Ich habe mein Handy dabei.«
    Mit fliegenden Fingern tippte Carla die Notrufnummer ein. Sie verwählte sich und tippte erneut. Mühsam schluckte sie die aufkommenden Tränen hinunter. Nach dem zweiten Klingeln meldete sich eine weibliche Stimme. »Polizeinotruf.«
    Es dauerte zwei Stunden, bis sich zwei Streifenwagen den Hang hinaufgequält hatten. Mehrere Personen stiegen aus, allen voran ein Mann, der aussah, als wäre er der Reklametafel einer Zigarettenfirma entsprungen. Ein Hauch von Abenteuer und Freiheit umwehte ihn. Er hatte kurzes hellbraunes Haar und einen Dreitagebart. Über seiner rechten Schulter hing eine Lederjacke, dazu trug er ein eng anliegendes weißes Shirt und Jeans, die wie angegossen saßen. Genau der Typ, der Frauen den Kopf verdrehen konnte. Carla beschloss, ihn nicht zu mögen.
    Sie wartete nicht, bis er sie ansprach, sondern zeigte sofort zu den Bäumen. »Dort liegt sie.«
    »Hallo erst mal. Ich bin Torsten Feuerbirk, Kriminalkommissar bei der Polizeidirektion Erfurt. Und wer sind Sie?« Er sprach ohne Dialekt, und seine Stimme klang weich und dunkel.
    Eine Stimme zum Träumen. Carla rieb ihre Unterarme, um die Härchen, die sich aufgerichtet hatten, zum Schweigen zu bringen.
    Ralph legte ihr den Arm um die Schultern. »Ralph Bartwick«, gab er dem Reklametypen Bescheid. »Dies hier ist Carla Schreiber, meine Freundin. Wir wohnen …«
    »Ihre Personendaten nehme ich später zu Protokoll. Was machen Sie hier?«
    »Wir sind in Urlaub, aus Sachsen. Hier haben wir gerastet. Es war reiner Zufall, dass wir die Leiche gefunden haben«, sagte Carla. Sie klang störrischer, als sie es beabsichtigt hatte.
    Der Cowboy lächelte sie an. Carla schoss die Hitze in die Wangen. Schnell schaute sie weg. Der sollte bloß nicht denken, dass sie ihn attraktiv fand. Die Männer und Frauen von der Spurensicherung verteilten ihre Ausrüstung auf der Bank – Scheinwerfer, Kameras, Absperrbänder und mehrere Koffer mit Gerätschaften, die wer weiß wozu dienen mochten.
    Der Polizeiarzt, ein sonnengebräunter Mann mit nach hinten gekämmten und mit Gel fixierten schwarzen Haaren, einer Fliegerbrille auf der Nase und einer protzigen Goldkette um den Hals, warf einen flüchtigen Blick auf die Leiche und drehte sich zu ihnen um. »Brauchen Sie ein Beruhigungsmittel?«, fragte er.
    Während Carla noch überlegte, schüttelte Ralph schon den Kopf. »Bloß keine Chemie!«
    Schulterzuckend wandte sich der Arzt wieder dem Opfer zu und begann mit der Erstuntersuchung. Die Leute von der Spurensicherung stiegen in weiße Overalls und machten sich ebenfalls ans Werk. Bald sah der Boden aus, als wäre ein Ackerbauer mit dem Pflug zugange gewesen.
    »Wo kann ich Sie erreichen?« Feuerbirk zauberte Stift und Zettel aus der Tasche seiner Lederjacke.
    Carla nannte die Adresse der Pension Waldidyll.
    »Ich nehme an, Sie fahren gleich zurück?«
    Carla nickte.
    Feuerbirk faltete den Zettel zusammen und verstaute ihn. »Ich melde mich bei Ihnen, sobald ich hier fertig bin.«
    »Zur Vernehmung?« Carlas Frage klang selbst in ihren Ohren spitz, und sie schämte sich sogleich. Schließlich gab es keinen Grund, dem Kommissar das Leben schwer zu machen.
    »Zum Vorgespräch. Außerdem muss ich Ihre Aussagen protokollieren, halten Sie sich also zur Verfügung.«
    Carlas Wangen
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