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Lakritze - Thueringen Krimi

Lakritze - Thueringen Krimi

Titel: Lakritze - Thueringen Krimi
Autoren: Sylke Tannhaeuser
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Wenn sie nur erst die Kilos wieder herunter hätte, die sich während des Klinikaufenthaltes auf ihren Hüften angesammelt hatten. Wollte sie Ralph glauben, bildete sie sich die Speckröllchen nur ein. Doch sie glaubte ihm nicht, auch wenn er noch so oft das Gegenteil beteuerte.
    Ralph stand auf, und sie folgte ihm die mit Teppichboden bespannte Treppe hoch in den oberen Stock. Ihr Zimmer war hell, freundlich und überraschend groß. Ein Doppelbett dominierte die eine Seite, über dem Kopfende »Der arme Poet«. Das Spitzweg-Bild gehörte wie »Das Schokoladenmädchen« zum vertrauten Inventar. Dem Bett gegenüber standen ein Tisch und zwei Stühle, daneben ein dreitüriger Kleiderschrank. Sogar ein Sofa fand noch Platz, direkt neben der Tür, die in das kleine, sicher nachträglich eingebaute Badezimmer führte.
    Auf dem Sofa türmten sich ihre Koffer und Taschen. Carla hatte noch keine Lust gehabt, sie auszupacken. Nur das Notwendigste hing bereits im Schrank. Jeans, zwei Blusen und einige T-Shirts.
    Ralphs Sachen hingegen waren säuberlich gefaltet in den Fächern des Schrankes gestapelt. Er hatte darauf bestanden, sie selbst einzuräumen. Insgeheim hatte Carla sich gefreut, dass Ralph so sorgsam auf seine Sachen achtete. Ihr letzter Freund war das ganze Gegenteil gewesen, ein klassischer Macho. Er hatte seine Klamotten immer wahllos hingeschmissen, sodass ihre Hotelzimmer wie Wühltische gewirkt hatten.
    Sie breitete die neu gekaufte Landkarte auf dem Bett aus. Mit dem Zeigefinger fuhr sie eine Linie entlang. »Das ist die Straße, die wir nehmen. Auf dem Rückweg halten wir uns links.« Ihr Finger verharrte auf einem grünen Fleck, einem Waldgebiet unweit der Barbarossahöhle. Ralph schaute gar nicht hin, und Carla runzelte die Stirn. Wortlos faltete sie die Karte zusammen und verstaute sie im Rucksack.
    »Bist du bereit?«
    »Meinetwegen können wir starten.« Ralph strich seinen Pulli glatt, sodass er sich über der Brust spannte, und lächelte sie an.
    Augenblicklich beschleunigte sich Carlas Atem. Hätte er jetzt die Hand nach ihr ausgestreckt, wären sie mit Sicherheit im Bett gelandet.
    Doch Ralph schien nichts bemerkt zu haben. Er schnappte sich den Rucksack, öffnete die Tür und ging voraus.
    Die Wirtin hatte gesagt, die Fahrräder würden sie in der Garage neben dem Haus finden. Ralph wählte aus der Gruppe zwei Tourenräder und prüfte, ob die Reifen genügend Luft hatten.
    An das gelb getünchte Haus, in dem die Pension untergebracht war, schlossen sich zwei Garagen an. Rechts daneben stand eine Scheune, die schon bessere Tage gesehen hatte. Die Mauern wiesen Risse auf, und einige Bretter im oberen Bereich hingen lose an einzelnen Nägeln, sodass sie jeden Augenblick herabzufallen drohten. Durch die Lücken waren im Innern Heuballen zu sehen. Augenscheinlich diente die Scheune als Lagerraum.
    Gegenüber befand sich ein Holzschuppen. Davor war ein Misthaufen. Wahrscheinlich handelte es sich um den Stall. Die Wirtin hatte erwähnt, dass sie Tiere hielten, wie wahrscheinlich jeder hier im Dorf.
    An der Giebelseite des Stalles begann ein Zaun, der sich bis zu der breiten Einfahrt zog. Vor ihm blühten üppige Rosen und Bauernlilien. Der Rest des Vierseitenhofes war mit runden Steinen gepflastert, zwischen denen Grasbüschel wucherten. Zwischen Scheune und Stall war ein Absatz, das Überbleibsel einer Mauer. Wer weiß, was dort gestanden hatte.
    Ralph war endlich fertig mit seiner Inspektion und drängte zum Aufbruch. Schnell stieg Carla auf ihr Rad.
    Kurz vor zehn bogen sie auf die Straße zum Eingang der Barbarossahöhle ein. Carla war abgekämpft, Ralph hingegen sah man die Anstrengung nicht an. Sie stellten die Räder an einen Baum.
    »Kleine Erholungspause?«, fragte Carla.
    Ralph schüttelte den Kopf. »In wenigen Minuten beginnt die Führung.«
    »So eine Führung dauert eine Weile. Wir könnten bis zur nächsten warten.«
    »Ich würde lieber sofort starten.« Ralph schaute zum Eingang hinüber.
    Carla blätterte im Prospekt. »Die Höhle ist achthundert Meter lang. Das halte ich nicht aus.«
    »Also gut, machen wir eine Pause.«
    Sie steuerten auf eine Bank zu, und Carla ließ sich darauf fallen. Eine Weile saßen sie schweigend nebeneinander in der Vormittagssonne und beobachteten die Besucher, die zum Eingang der Höhle strömten. Ein junges Pärchen ließ sich von einem älteren Herrn fotografieren. Eine Gruppe Japaner sammelte sich am Verkaufsbereich und studierte die Postkarten, die in
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