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Lady Punk - Roman

Lady Punk - Roman

Titel: Lady Punk - Roman
Autoren: Beltz & Gelberg
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fragte, überlegte sie ernsthaft. Im Grunde hatte sie kein Problem. Man hatte eins mit ihr. Das war denen noch nicht klar. Und obwohl Onkel Hugo auch kein Problem für Terry darstellte, sprach sie jetzt nur noch über Onkel Hugo. Sie machte einen wahren Fiesling aus ihm, der störend in ihre Familienangelegenheiten eingriff. Aber auch bevor es ihn gab, hatte die Mutter andere Beziehungen gehabt. Und Terry schilderte ganze Horden von Onkeln , die im Haus ein- und ausgingen.
    Die Psychologin war wirklich entsetzt, hatte die Augen weit aufgerissen und sagte kein Wort. Und als Terry fertig war, führte sie sie hinaus und hatte den Arm um Terrys Schulter gelegt. Terry spürte, dass alles richtig gelaufen war.
    Die Mutter musste einiges zu hören bekommen haben. Als sie die Erziehungsstelle verließen, schien die Mutter erschrocken. Sie war ganz still und sah Terry nicht an. Zu Hause legte sie sich hin. Sie hatte Onkel Hugo angerufen, der ihr ständig den kühlen Lappen auf ihrer Stirn wechseln musste. Onkel Hugo sah Terry an, und sie merkte, dass er wütend auf sie war. Es war richtig gelaufen. Onkel Hugo war ein Problem für die Mutter geworden.
    Die Mutter versuchte, ihr Problem mit Tabletten zu bekämpfen. An manchen Tagen mochte sie Onkel Hugo gar nicht sehen. An manchen Tagen brauchte sie ihn dringend.
    Terry saß auf der Lauer und wartete. Sie wusste nicht, was passieren würde. Sie wusste nicht einmal, ob sie wünschen sollte, dass überhaupt was passieren sollte. Ihre Mutter, ohne Onkel Hugo oder sonst wen, würde unausstehlich sein. Sie beide passten nicht zueinander. Ihre Mutter war eben wie ihre Mutter und Terry war wie C. W. Burger. Und das war schon mal schief gegangen.
    Lieschen hielt sich aus allem raus. Sie ging schon frühmorgens aus dem Haus. Am Nachmittag kam sie zurück, riss die Fenster im Treppenhaus und in ihrer Wohnung auf und brachte Terry was aus irgendeiner Boutique mit.
    Terry sprang auf und fiel Lieschen um den Hals.
    Lieschen küsste Terry auf die Stirn. »Was hat das alles für einen Sinn?«, fragte sie, und die Frage hätte auf alles zutreffen können, so dass Terry nur mit den Schultern zuckte.
    Die Mutter war schließlich durch ihre Tabletten so beruhigt, dass alles seinen normalen Lauf ging. Sie machte ihre Einkäufe und ging mit Onkel Hugo auf Veranstaltungen.
    Terry probierte die Tabletten ihrer Mutter aus. Es war wunderbar. Sie konnte ohne Wut im Bauch Thomas Wiesner auf dem Schulhof begegnen. Und auch der Anblick von Onkel Hugo machte ihr nichts mehr aus.
    Aber eines Tages ging ihr trotz aller Gelähmtheit die Situation unter die Haut. Es war frühmorgens, sie machte sich für die Schule bereit. In der Küche schob sie sich ein Stück Toast in den Mund. Dann zündete sie sich die erste Zigarette an, schüttete sich Mineralwasser in ein Glas und schluckte eine Tablette. Mit der Hand, die Glas und Zigarette hielt, hob sie das Glas zum Mund und spülte hinterher. Sie setzte sich an den Küchentisch, um in Ruhe fertig zu rauchen.
    Und dann wiederholte sich die Szene. Nur war es diesmal ihre Mutter, die in die Küche kam. »Morgen«, sagte sie, ohne Terry anzusehen. Sie brach sich ein Stück Toastbrot ab und zündete sich die erste Zigarette an. Sie öffnete die Flasche Sprudel und schüttete das Mineralwasser in ein Trinkglas. Dann legte sie eine ihrer Tabletten auf die Zunge und trank den Sprudel aus.
    Terry sah fasziniert zu. Und sie wusste, sie wollte nicht so sein wie ihre Mutter. Sie drückte die Zigarette aus und schwor sich, dass das die letzte in ihrem Leben war. Auch die kleinen blauen Dinger würde sie nicht mehr schlucken. In Zukunft wollte sie alles anders als ihre Mutter machen. Sie war anders, sie war Terry Burger, Börger , man sah es, und wer es noch nicht wusste, sollte es merken.
    Von diesem Tag an stand Terry über den Dingen. Nichts kam mehr an sie ran. Sie war stark und sie hatte sich selber ein bisschen lieb. Manchmal, wenn sie so aus dem Fenster auf die Straße schaute, und auch manchmal zwischendurch, bei McDonald’s oder mitten zwischen zwei Aufschlägen im Volleyballspiel, kam Lieschens Frage in ihren Kopf. Was hat das alles für einen Sinn? Es war ihr schließlich egal. Sie fühlte sich viel älter als zu Beginn des Jahres. Sie wusste Bescheid. Wie das Leben so war. Dass es niemals richtig war, so, wie man es sich wünschte. Auf alle Fälle nicht, solange man noch nicht achtzehn war.
    Obwohl die Leute auf dem Kudamm sehr unterschiedlich und einige nicht gerade
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