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Lackschaden

Lackschaden

Titel: Lackschaden
Autoren: Susanne Fröhlich
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nicht! Sie haben schon so viel für uns getan!«, säusele ich.
    »Natürlich komme ich mit. Und mit dem Sie ist jetzt mal Schluss. Ich bin der Bastian. Und ich muss eh erst morgen wieder Richtung Fußballcamp.«
    »Andrea!«, sage ich. »Danke für alles.«
    »Für Sie, also für dich, jederzeit gerne!«, betont er noch.
    »Was geht denn hier ab?«, nuschelt meine Tochter und hebt verwundert den Kopf.
     
    Wir fahren Richtung Frankfurt. Unser Ziel: Die Notaufnahme der Uni-Klinik. Hier habe ich meinen ersten Abend mit Christoph verbracht, geht es mir durch den Kopf. Damals mit meinem Bänderriss. Apropos Christoph, der könnte auch mal anrufen. Ich schnappe mein Handy und sehe, dass er das auch getan hat. Habe ich wohl verpasst in all der Hektik. Sollte ich ihn zurückrufen? Ich sollte. Später denke ich. Warten wir mal die Diagnose ab und dann melde ich mich.
    Wie immer ist die Notaufnahme gut besucht. Im Wartezimmer ächzt und stöhnt es aus allen Ecken. Marks Kopf glüht, und er liegt quer über unseren Beinen. Wir müssen, obwohl ich mehrfach nachfrage, gut 40  Minuten warten, bis sich ein Weißkittel erbarmt. Der angebliche Arzt sieht aus, als würde er in Marks Parallelklasse gehen. Hilfe! Dürfen hier Kinder Patienten behandeln? Man merkt wie alt man wird daran, wie jung einem andere vorkommen.
    »Der Papa legt dich jetzt mal hier auf die Liege!«, sagt der jugendliche Mediziner.
    Der Papa, der nicht der Papa ist, macht es.
    »Ich bin nicht der Vater!«, sagt mein neuer Duzfreund Bastian noch, um die Verhältnisse klarzustellen.
    »Jetzt bitte keine Patchworkgeschichten, wir kümmern uns hier zuvorderst um den Patienten«, weist ihn der Doktor zurecht. »Sieht nach Blinddarm aus, aber wir müssen erst Blut abnehmen und schallen, dann sehen wir weiter!«, diagnostiziert er, nachdem er Mark auf dem Bauch rumgetatscht hat.
    »Das haben Ihre Kollegen in Usingen auch vermutet!«, unterstützt ihn Bastian.
    »Warum ist der Patient dann hier und nicht in Usingen!«, meckert der Mediziner.
    »Weil wir hier in der Nähe leben und mein Sohn im Hintertaunus nur auf Ferienfreizeit war!«, antworte ich, obwohl ich die Anschuldigung reichlich vermessen finde.
    Aber vielleicht sollte ich es mir mit dem Mann nicht verscherzen. Wer weiß, ob er es ist, der meinem Liebling gleich den Bauch aufschneidet?
    »Zum Schall und zur Blutabnahme geht aber bitte nicht die ganze Familie mit, Vater oder Mutter langt!«, teilt uns der Arzt mit.
    Hat der eben nicht zugehört?
    »Komm«, sagt Herr Reimer, also Bastian, zu Claudia, »wir setzen uns in den Warteraum. Lass das deine Mama machen!«
    Zwei Stunden später ist klar: Mark muss operiert werden. Dringender Verdacht auf akute Appendizitis. Blinddarmentzündung. Er muss über Nacht stationär aufgenommen werden.
    »Muss ich allein hier bleiben?«, fragt mein total verängstigter Sohn, der ansonsten ja gerne so tut, als könne er sein komplettes Leben längst allein meistern.
    »Ich bleibe bei dir. Ich fahre nur schnell heim und packe ein bisschen was für uns zusammen. Ich lasse dich nicht allein. Keine Sorge.«
    »Danke, Mama, ich hab dich lieb!«, sagt mein Sohn. »Beeil dich, ja?«
    Das verspreche ich.
    Während ich mit Bastian wieder nach Hause fahre, bleibt Claudia bei ihrem Bruder.
    »Der soll jetzt nicht allein sein!«, hat sie beschlossen. »Ich wollte auch mit so Schmerzen nicht allein sein!« Guck mal einer an!
    Auf dem Heimweg wähle ich erneut Christophs Nummer. Er ist auf Hundertachtzig.
    »Ich habe bei uns zu Hause angerufen, und da war ein sehr seltsamer Typ namens Fred dran. Er hat behauptet, er passe aufs Haus auf!«
    Ich habe keinerlei Lust, ihm all das jetzt zu erklären.
    »Hör zu, Christoph«, sage ich nur, »Mark ist schon in der Klinik. Er wird morgen früh operiert. Sein Bauchweh war kein Heimweh, sondern tatsächlich der Blinddarm. Es geht ihm nicht gut, und ich fahre jetzt nur kurz heim und dann wieder zu ihm in die Klinik.«
    »Hätte ich das gewusst!«, stöhnt Christoph. »Was mache ich denn jetzt? Die Abendmaschine ist lange weg.«
    »Mach, was du für richtig hältst. Ich habe hier jetzt allerdings anderes zu tun. Du kannst ja morgen noch Golf spielen und dann kommen, wenn du magst«, schlage ich vor.
    Mal sehen ob er die feine Ironie bemerkt.
    »Ich kläre das und melde mich!«, sagt mein Mann. »Und grüß mir den Kleinen, er soll die Ohren steif halten.«
    Das ist sicher ganz besonders wichtig – die Ohren steif halten!
     
    Zu Hause sitzt Fred brav
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