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Lackschaden

Lackschaden

Titel: Lackschaden
Autoren: Susanne Fröhlich
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siehst.«
    Zärtlich streicht Christoph unserem Sohn über das verschwitzte Haar.
    »Ich habe mir Sorgen gemacht!«, sagt er.
    »Ach, tatsächlich!«, bricht all meine Wut aus mir heraus. »Konntest du vor lauter Sorgen die Golfschläger noch halten? Das wäre ja sonst wirklich schrecklich?«
    »Was bist du denn so sauer?«, reagiert mein Mann voller Unverständnis. »Wir hatten unser Vorgehen doch abgesprochen!«
    »Wir!«, kreische ich. »Wir? Fritz und du. Aber doch nicht wir. Du hast entschieden, und ich habe mich gefügt. Aber damit ist jetzt Schluss. Finde heraus, was du willst, und dann sehen wir weiter. So jedenfalls mache ich nicht weiter.«
    Mark wirft sich im Bett unruhig hin und her.
    »Lass uns mal eben vor die Tür gehen!«, bittet mich Christoph, »das hier muss unser Sohn ja nicht mitbekommen!«
    Wir verlassen den Raum, und er zieht mich zu sich heran.
    »Andrea, was soll das jetzt und hier? Wir haben doch wirklich andere Sorgen! Das Generelle klären wir später irgendwann!«
    »Später, später, später. Wir reden später, wir klären alles später – ich habe dieses Später so satt. Dieses ewige Später ist mir zu spät. Du ziehst aus. Heute noch. Da kannst du in Ruhe nachdenken. Und ich denke auch nach. Und wenn wir damit fertig sind, reden wir. Und kommen zu einer Lösung.«
    Auf einmal ist in meinem Kopf alles klar. Um überhaupt noch mal so etwas wie eine Chance zu haben, muss dieser Mann erst mal gehen.
    »Wo soll ich denn hin?«, kommt es da fast weinerlich.
    »Ins Hotel, auf den Golfplatz, zurück nach Malle – keine Ahnung!«, antworte ich. »Das ist echt nicht mein Problem.«
    Christoph sieht verzweifelt aus. Und tatsächlich: Er fängt zu weinen an.
    »Das wollte ich so nicht. Wie soll das denn gehen?«, schnieft er.
    Es ist so, als würde sich ein lange mühsam verschlossener Staudamm öffnen. »Erst das mit meiner Mama – die fehlt mir so sehr«, jetzt kullern die Tränen richtig, »und jetzt du.«
    Da sind sie also. All die Tränen, die er bisher nicht vergossen hat. Über deren Ausbleiben ich mich immer gewundert habe. Aber manchmal ist es zu spät. Deshalb bin ich zwar angerührt, bleibe aber trotzdem bei meiner Meinung.
    »Lass uns eine Auszeit nehmen, und dann werden wir beide wissen, was wir wollen. Ich will einen Mann an meiner Seite, der mich liebt. Den ich liebe. Ich will dieses ganze Halbherzige nicht mehr.«
     
    »Rudi, ich brauche deine Wohnungsschlüssel!«, sage ich zu meinem Schwiegervater.
    »Wollt ihr misch rausschmeisse? Nur weil ich abends mal fort war, ohne Bescheid zu sache?«, fragt er ängstlich.
    »Nein, Christoph wird eine Weile dort wohnen. So lange, bis wir wissen, was mit uns wird. Er soll mal sehen, wie das allein so ist.«
    »Muss ich mit?«, kommt es zaghaft von Rudi. »Ich meine, immerhin ist es mein Sohn, und ich mein, ihr, also du, habt ja keinerlei Verpflischtung mich hierzubehalte.«
    »Rudi!«, sage ich nur, »Rudi du bist erwachsen. Du lebst wo du willst. Aber wenn du gerne bei uns bleiben willst – ich wäre mehr als glücklich. Aber du musst natürlich nicht. Mit Christoph hast du sicherlich mehr Ruhe.«
    »Ruhe hab isch, wenn ich des Gras von unten anguck!«, antwortet mein Schwiegervater. »Wenn ich wähle derf, würde isch schrecklisch gern bei dir bleiben. Du bist mer so ans Herz gewachse! Un so ein bisschen Unnerstützung kannst de, glaub isch, aach gebrauche. Jetzt mach ich doch schon seit zwei Wochen den Kochkurs abends, heimlisch, sollte ne Überraschung wern, damit isch dich mehr entlaste kann, un die Kinner net immer nur Fertigpizza kriesche, wenn nur ich da bin.«
    Ich freue mich wirklich. Das hätte ich nie für möglich gehalten. Jetzt lernt dieser Mann auf seine alten Tage auch noch kochen, und das für mich. Ich hätte um Rudi gekämpft, wenn er sich für Christoph entschieden hätte.
    »Ich werde auch ganz bald die Rede für dich fertig ausarbeiten. Das habe ich irgendwie vergessen. Deine Trauerrede, tut mir leid!«, sage ich, um ihm zu zeigen, dass mir seine Belange durchaus auch wichtig sind.
    »Vergiss es«, antwortet er und grinst. »Isch hab beschlosse, des des noch Zeit hat. Jetzt lebe mir zwei noch ne Runde. Gestorben wird später!«
    Stimmt, denke ich und muss trotz aller Widrigkeiten lachen. Denn statt Unterwäsche trage ich heute meinen orangefarbenen Bikini. Mein kleiner Bikini und ich werden sehen. Einfach abwarten und dabei leben …

Ich habe Deine Nerven fast ruiniert, liebe Silke.
    Danke für Deine
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