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Die Entdeckung der Virtualität.

Die Entdeckung der Virtualität.

Titel: Die Entdeckung der Virtualität.
Autoren: Stanislaw Lem , Bernd Flessner
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Stanislaw Lem Die Entdeckung der Virtualität

    Mit einem Essay von Bernd Flessner

    Suhrkamp
    Umschlagillustration: Hans-Jörg Brehm

    digitalisiert von DUB SCHMITZ

    nicht zum Verkauf bestimmt !

    suhrkamp taschenbuch 2398
Erste Auflage 1996
© dieser Zusammenstellung
Suhrkamp Verlag Frankfurt am Main 1996
Quellenhinweise am Schluß des Bandes
Suhrkamp Taschenbuch Verlag
Alle Rechte vorbehalten, insbesondere das
des öffentlichen Vertrags, der Übertragung
durch Rundfunk und Fernsehen
sowie der Übersetzung, auch einzelner Teile.
Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form
(durch Fotografie, Mikrofilm oder andere Verfahren)
ohne schriftliche Genehmigung des Verlages
reproduziert oder unter Verwendung
elektronischer Systeme verarbeitet,
vervielfältigt oder verbreitet werden.
Satz: IBV, Berlin
Druck: Nomos Verlagsgesellschaft, Baden-Baden
Printed in Germany
Umschlag nach Entwürfen von
Willy Fleckhaus und Rolf Staudt

    2. 3 4 5 6 7 - 06 05 04 03 02 01

    Inhalt

    Bernd Flessner Ar chäologie im Cyberspace 7

    Test 23

    Die Patrouille 64

    Der bedingte Reflex 96

    Die Wonnen der Psychemie 112

    Die Phantomologie I 152

    Die Phantomologie II 222

    Quellenhinweise 239

    Bernd Flessner

    Archäologie im Cyberspace

    Anmerkungen zu Stanislaw Lems Phantomatik

    Natürlichem genügt das Weltall kaum,
Was künstlich ist, verlangt geschloßnen Raum.
Johann Wolfgang von Goethe, Faust II

    Als William Ford Gibson seinen Helden Case zum erstenmal aus der verbrauchten Wirklichkeit der Moderne in die schöne neue Cyberspacewelt entließ, als Jaron Lanier zum erstenmal der profanen Realität den von Tom Zimmerman konstruierten Fehdehandschuh hinwarf und nach den Pixeln in seiner klobigen Bildschirmbrille griff, war Cyberspace bereits mehr als zwanzig Jahre alt. Zwar widerspricht die Genealogie des derzeit arg strapazierten Modebegriffs »Cyberspace« dieser Behauptung, doch orientiert man sich an der Genese des Prinzips, so stößt man unweigerlich auf die 1964 von Stanislaw Lem publizierte Summa technologiae.

    Die Phantomatik

    In dieser fundierten Abhandlung über die mögliche technologische Zukunft der menschlichen Zivilisation antizipiert der polnische Autor umfassend jene computergenerierten virtuellen Realitäten, die gegenwärtig Computerjunkies wie Feuilletonleser gleichermaßen becircen. Lem subsumiert die verschiedenen Möglichkeiten zur Erzeugung künstlicher Realitäten unter dem treffenden Begriff »Phantomatik«, wobei er zwischen zwei grundsätzlichen Varianten unterscheidet (Lem 1981 a, 321). Während er unter »zentraler Phantomatik (...) eine unmittelbare Reizung gewisser Hirnzentren« durch entsprechende Drogen oder mikroelektronische Implantate versteht, definiert er die Erzeugung einer synthetischen Umwelt, die lediglich für unseren Wahrnehmungsapparat existiert und vom Subjekt nicht von konkreter Wirklichkeit unterschieden werden kann, als »periphere Phantomatik« (Lem 1981 a, 340). Darüber hinaus beschreibt Lem verschiedene Grade der Phantomatisierung, die von einfachen präphantomatischen Täuschungen bis zur perfekten Illusion reichen. Als eine mögliche Form der technischen Realisierung nennt Lem, wie kann es anders sein, eine »ein wenig komplizierte Brille«, die als »Gegenauge« fungiert und »das gesehene Bild in so viele Punktelemente zerlegt, wie die Netzhaut Zapfen und Stäbchen zählt« (Lem 1981 a, 323). Der Cyberspace-Pionier Jaron Lanier berichtet hingegen stolz, Marvin Minsky, der Chefideologe der Künstlichen Intelligenz am MIT, habe 1965 (also ein Jahr nach Lems Publikation) die Bildschirmbrille erdacht (Lanier 1991, 84).
       Zwar hat die Science-fiction seit ihrer Ausdifferenzierung zur eigenständigen Gattung immer wieder technische Verfahren zur Erzeugung künstlicher Realitäten thematisiert, schon Jules Verne präsentierte im Karpatenschloß einen ebenso einfachen wie wirkungsvollen Projektionsapparat, doch erst eine von Lem zu Recht als revolutionär herausgestellte Qualität macht seine phantomatische Maschine zum Modell für Cyberspace: »Phantomatik bedeutet nämlich, daß zwischen der ›künstlichen Realität‹ und ihrem Empfänger wechselseitige Verbindungen geschaffen werden« (Lem 1981 a, 317). Das entscheidende Kriterium ist also die Interaktion zwischen Subjekt und virtueller Realität. Selbst die Anwendung und die soziale Funktion phantomatischer Technologien hat Lem in seinem noch immer aktuellen Werk vorgegeben. Phantomatik ist für ihn nicht nur eine
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