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Kurt Ostbahn - Platzangst

Kurt Ostbahn - Platzangst

Titel: Kurt Ostbahn - Platzangst
Autoren: Guenter Broedl
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steht sie gestern vor meiner Tür. . . völlig konfus, völlig außer sich. . . als wäre der Knapp, dieser Kretin, auf ein Neues in ihr Leben getreten . . . und immer wieder diese Fragen über Stefan. . . als wüßte ich über ihren Stiefbruder mehr als sie . . . hat die letzte Nacht kaum geschlafen . . . hab sie ja gehört. . . immer wieder ins Bad, auf die Toilette, runter ins Wohnzimmer auf noch eine Zigarette . . . und heute, gleich nach dem Kaffee, wollte sie los . . . zurück ins Waldviertel. . . und davor noch zum Stefan . . . nein, natürlich nicht in die Hinterbrühl. . . dieses Haus betritt sie nie mehr wieder, auch wenn sie der Vater auf Knien darum bitten würde . . .da ist sie genau wie ich. . . nein, der Stefan hat doch noch die Wohnung seiner Mutter. . . die hat sie nach der Heirat mit dem Josef behalten . . . für den Stefan . . . und untervermietet, in den vergangenen Jahren . . . aber jetzt wohnt der Stefan da, immer wenn er länger in Wien an der Uni zu tun hat. . . oder was auch immer der Knabe nächtens treibt. . . in Floridsdorf. . . Moment, da muß ich nachschauen . . . Autokaderstraße 153, Stiege 3 . . . Rauscher . . . das war der Mädchenname seiner Mutter. . . Christine Rauscher . . . Türnummer steht da keine . . . aber es ist eine Dachwohnung. . . letzter Stock
    Iris schlägt den sechsten, noch unbeschrifteten Ordner auf.
    „Ich hatte Angst, ihn hier zu treffen, und gleichzeitig hoffte ich, er wäre da und wir könnten über alles reden“, sagt sie und hält uns die handschriftlichen Aufzeichnungen ihres Stiefbruders hin. „Aber ich fürchte, ich bin zu spät und er hat es wieder getan.“
    Die eng beschriebenen Blätter sind eine Art Observationsbericht der Liegenschaften Wolfganggasse 46 und 48 im 12. Bezirk. Im Souterrain des 46er-Hauses gibt es eine Pizzeria Caruso (Mo.-Sa. 11 Uhr 30 – 14 Uhr 30, 17.30 -23.30 Uhr), im straßenseitigen Kellerlokal des Nachbarhauses war bis Ende letzten Jahres das Fitness-Studio Fit & Fun beheimatet, das jedoch mit 31. Dezember für immer seine Pforten geschlossen hat.
    Stefan Fabian hat, laut seiner akribischen Eintragungen, die beiden Objekte in den letzten Wochen abends und nächtens beobachtet und schließlich als neue Wirkungsstätte für würdig befunden. Ruhige Lage, genehme Temperaturen („Holzofen-Pizza!“) von nebenan und mit einem erst kürzlich geschlossenen Fitness-Studio ein ansprechendes Ambiente, fast so perfekt wie Frido Knapps Turnsaal in der Auhofstraße.
    Der Observationsbericht endet mit gestern, Sonntag.
    Den Montag hat der Totenvogel mit einem schwarzen Kreuz markiert.
    „Herr Doktor, könnt ich Sie kurz einmal unter vier Augen . . .“, sagt Brunner und wendet sich gleich darauf an Iris. „Entschuldigen Sie, Frau Fabian, aber ich muß kurz mit dem Herrn Doktor. . . Bin gleich wieder für Sie da.“
    Iris nickt abwesend, setzt sich auf das groß geblümte Sofa und fixiert einen Punkt an der Wand.
    Im unbeleuchteten Vorzimmer senkt Brunner seine Stimme zu einem vertraulichen Flüstern: „Wir haben ein Problem, Herr Doktor. Ich hoff, Sie wissen das?“
    „Inwiefern?“
    „Man darf keinen Zwölfender schießen, wenn man ihn zwar vorm Lauf, aber keinen Jagdschein hat. Wir sind seit letzten Donnerstag quasi als Wilderer auf der Pirsch. Dabei haben wir inzwischen wahrscheinlich fast so viele Gesetze verletzt wie der Video- Ramses und der Fettuccini zusammen. Das geht von Amtsanmaßung und Unterschlagung von Beweismaterial bis zur groben Verletzung des Datenschutzes durch unsern Herrn Dresch. Aber jetzt wird’s wirklich eng. Weil jetzt haben wir den Totenvogel sozusagen an den Eiern und bräuchten ihn eigentlich nur noch in seinem Fitness-Center abzuholen. Nur das Risiko, daß dabei was schiefgeht, ist einfach zu groß. Andererseits. Ich wüßt da schon eine Möglichkeit. . .“
    „Also ganz ehrlich gesagt, hab ich nie angenommen, daß sich ausgerechnet wir zwei mit einem zig-fachen Serienmörder anlegen. Ich mein: sie sind vom Fach, aber auch nimmer der Jüngste. Und ich als Laie, der noch dazu kein Blut sehen kann. . .“
    „Wissen Sie eigentlich, was Sie da reden, Herr Doktor?“ sagt Brunner und sieht mich an, als hätte ich ihm soeben einen Dolch mit vergifteter Spitze in den Rücken gestoßen. „Wollen Sie den Totenvogel? Ja oder nein? Haben Sie seit voriger Woche erhöhte Temperatur, so wie ich, weil Sie das Jagdfieber gepackt hat? Sind Sie ein Spürhund, Herr Doktor, oder sind Sie keiner?“
    „Ich bin
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