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Kurt Ostbahn - Platzangst

Kurt Ostbahn - Platzangst

Titel: Kurt Ostbahn - Platzangst
Autoren: Guenter Broedl
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nämlich dringend nach Bratislava. Für eine gewisse Zeit. Ein Bekannter von mir baut da grad was auf. Eine todsichere Sache. Pyramidenspielmäßig. Fast kein Risiko, aber eine super Rendite. Ich könnt sofort einsteigen, wann ich ein bißl ein Startkapital mitbring. Wann die Geschichte so rennt, wie der Bertl sagt, bin ich in einem Monat meine Schulden los und sitz schon im Flieger nach Thailand. Vier Wochen Hormonkur, wannst weißt, was ich mein, Kurtl.“
    Walter Kaltenbeck lacht fröhlich.
    „Welcher Bertl?“ sage ich.
    „Der Brehm-Bertl. Herbert Brehm. Super Typ. War früher beim Film und in der Musikbranche. Kennst vielleicht eh?“ „Flüchtig“, sage ich.
    Also so ein richtiges Arschloch ist der Walter Kaltenbeck nicht. Aber ein Vollkoffer ist er schon.

36
    Ich rufe den Trainer an und lade ihn auf ein Arbeitsessen beim Quell ein.
    „Arbeitsessen?“ fragt er vorsichtig.
    „Wir haben allerhand zu besprechen, oder?“
    „Seh ich auch so. Aber komm mir nicht mit deinem Totenvogel und der verheizten Pornodarstellerin. Diesbezüglich hab ich gestern meine Schuldigkeit getan. Apropos: Hast du schon hineingelesen?“
    Ich weiß nicht, was der Trainer meint.
    „Mein Manuskript“, sagt er. „Die rote Mappe, die ich dir am Samstag mitgebracht hab.“
    Die hab ich, wenn ich mich recht erinnere, zuletzt im Rallye gesehen. Auf dem freien Sessel neben mir. Dort liegt sie wahrscheinlich immer noch. Denn gestern war im Rallye Ruhetag, und geputzt wird beim Herrn Josef immer freitags. Aber im Rallye kommt gottseidank nix weg.
    „Ich wollt heut beim Frühstück mit dem Lesen anfangen, Trainer“, sage ich, „aber dann ist mir der Hasenöhrl dazwischengekommen. Also, sagen wir um halb eins beim Quell . Okay? Und laß mir den Che schön grüßen.“
    „Der Kleine hat irgendwas“, sagt der Trainer. „Durchfall und Speiberei.“
    „Das is die viele Aufregung“, sage ich.
    „Oder er hat was Unrechtes gefressen, wie du mit ihm gestern ohne Beißkorb im Park gewesen bist. Ich hab dir noch ausdrücklich gesagt, er darf nix ins Maul nehmen, weil er sonst. . .“
    „Weiß ich, Trainer. Und er hat auch nicht. Ich schwöre.“
    Ich bin nah dran, das Arbeitsessen zu stornieren, weil mir weder seine rote Mappe noch sein kleiner Hund nagendes Unbehagen bereiten, wohl aber der Gedanke an den Totenvogel und Iris Fabian. Und daran ist Gitti Kaltenbecks Dusche schuld, und Walter Kaltenbecks Stiefbruder Alfons, der bei unternehmungslustigen Damen gern den strengen Oberlehrer spielen würde.
    „Also gut. Bis später“, sagt der Trainer und legt auf.
    Ich flüchte vom Toben der Baustelle in die Behaglichkeit der Quell ’schen Gaststube und warte bei einem großen Gulasch und einem kleinen Bier darauf, daß das Nagen und Bohren in meinem Hirn zu einem brauchbaren Ergebnis führt, ehe der Trainer mit seinem maroden Hundekind antanzt.
    Des Rätsels Lösung ist zum Greifen nah. Das weiß ich. Spür ich. Wie damals vor drei Jahren in der Badewanne der Elfi „Donna“ Tomschik, oder vorigen Winter auf Teneriffa, im handwarmen Jakuzzi von Ilse Waschek. Heute hat es unter der Dusche von Gitti Kaltenbeck, beziehungsweise durch das überraschende Auftauchen ihres Gatten „Klick“ gemacht, nur das Polaroid, das mir den Totenvogel zeigen soll, ist noch zu milchig blaß und verschwommen, um ihn identifizieren zu können.
    Also noch einmal, schön langsam und zum mitschreiben: Ehe er sich zur Schwägerin in die Tivoligasse aufgemacht hat, um Gitti das Startkapital für seine nächste Bruchlandung abzuschnorren, hat mir Walter Kaltenbeck viel erzählt, über die heimlichen Gelüste seines Stiefbruders Alfons zum Beispiel, und er hat mindestens ebensoviel verschwiegen, weil er Tatsachen ganz einfach aus der Realität streicht oder so zurechtbiegt, daß sie in sein Kartenhaus aus Lebenslügen passen.
    Wenn Brunner recht hat mit dem, was er in unserer verschneiten Waldviertler Nacht über Iris Fabian gemutmaßt hat, dann geht sie mit der Wirklichkeit ganz ähnlich um wie Gitti Kaltenbecks leicht unterbelichteter Ehegespons. Dann gibt es auch in ihrem Leben Dinge, die sie ohne Scheu und Genierer offenlegt, aber dahinter lauert eine Welt aus Angst und bösen Ahnungen, über die nicht gesprochen wird, weil man sie zum Schweigen bringen muß, um daran seelisch nicht zu krepieren. Ihre berufliche Existenz macht Iris so viel Freude und Sorgen wie jedem andern künstlerisch Werktätigen auch. Das Schlachtfeld ihrer Liebesbeziehungen hat sie
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