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Kurt Ostbahn - Platzangst

Kurt Ostbahn - Platzangst

Titel: Kurt Ostbahn - Platzangst
Autoren: Guenter Broedl
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erst nach dem Studium der B-Seite.
    21 Uhr 52.
    Der kleine Hund träumt auf dem Rücksitz. Seine Beinchen zappeln, und er hechelt im Schlaf. Auf der Flucht, würde ich sagen. Auf der Flucht vor dem vierbeinigen Serienkiller, der im Park sein Unwesen treibt.
    Apropos. Brunner und Doktor Trash waren, obwohl Sonntag und der Tag des Herrn, auch nicht ganz untätig. Sie wissen mittlerweile, daß die beiden Assistenten von Frido Knapp nix wissen, das uns weiterhelfen könnte. Präziser: Assistent Claus weiß garnix, und Assistent Bernhard, der dem Knapp auch lange Jahre gratis die Buchhaltung gemacht hat, weilt derzeit als Regieassistent einer Regenwald-Fernsehdokumentation in Indonesien und ist, wie sein ehemaliger Chef, bis auf weiteres telefonisch nicht erreichbar.
    Brunner hat sich mit seinem alten Freund Richie und dem Doktor Weigl von der Gerichtsmedizin getroffen und hat von diesem Treffen einen Namen mit Foto mitgebracht: Iona Antonescu, 27, geboren in Rumänien, seit 1993 in Österreich, Beruf: Tänzerin, mehrfach vorbestraft wegen illegaler Prostitution und Drogenbesitzes, seit November letzten Jahres abgängig. Ihr Verschwinden wurde erst drei Wochen später amtsbekannt, dann nämlich, als ihre Nachbarn die Polizei riefen, weil sie sich durch die unangenehmen Gerüche aus der Wohnung der Tänzerin belästigt fühlten. Dort fand die Polizei dann ihre drei Goldhamster und ein Kaninchen verhungert und im Zustand fortgeschrittener Verwesung in ihren Käfigen. Dem Doktor Weigl ist es gelungen, das Gebiß der Leiche aus dem Allesbrenner so weit zu rekonstruieren, daß er nun nicht ausschließen will, daß es sich bei der Toten um die vermißte Frau Antonescu handelt.
    Der Doc wiederum hatte heute zu Mittag ein Erlebnis, das mich nicht wirklich fröhlich stimmt, aber Brunners Trebernen-Theorie, Iris Fabian hätte uns zwar viel erzählt, aber mindestens ebensoviel verschwiegen, irgendwie zu bestätigen scheint:
    Als er so gegen eins mit dem Taxi bei Iris’ Mutter vorfuhr, um der alten Dame unangemeldet und unauffällig in Sachen Iris und Knapp auf den Zahn zu fühlen, parkte vor dem Haus ein geländegängiger Toyota mit Waldviertler Kennzeichen. Der Doc wollte Mutter und Tochter nicht weiter stören und fuhr wieder heim.
    Wären wir die Polizei, und unser ganzes Tun und Treiben sozusagen staatlicherseits genehmigt, dann gäbe es jetzt zwei Beamte in Zivil in einem zivilen Kraftfahrzeug, die dem Toyota von Iris Fabian überall hin folgen würden, vielleicht sogar direkt zur Adresse des Totenvogels.
    Was weiß man.
    22 Uhr 14.
    Iris in Wien. War oder ist immer noch zu Besuch bei ihrer Mutter. Um über Dinge zu reden, die sie Brunner und mir in Hermannschlag nicht erzählen wollte. Oder versucht sich bei ihrer Mutter Klarheit zu verschaffen über Dinge, die ihr die längste Zeit schon Alpträume machen. Oder alles ist ganz anders. Unser Besuch hat Iris wieder Appetit gemacht auf die Lichter der Großstadt. Ein, zwei Tage Urlaub von ihren heulenden Wölfen, hungernden Rehen, gezeichneten Igeln und Mäusen.
    Was weiß man.
    22 Uhr 21.
    Der Trainer steigt zu.
    „Das war vielleicht ein Theater“, lacht er und holt umständlich eine VHS-Kassette aus seiner Lederjacke. Es ist nicht zu übersehen, daß er die Pausen und Längen dieses Theaters mit zahlreichen halbpreisigen Gin-Mixgetränken überbrückt hat.
    „Und?“ sage ich.
    „Und was?“ grinst der Trainer.

33
    Nachtvorstellung.
    Brunner hat sich unter dem Vorwand, seinem alten Freund Richie in Liebesangelegenheiten beistehen zu müssen, von seiner Schwester Ursula freimachen können. Der Trainer ist nach dem Gelingen der Operation Savoy 2 der Star des Abends. Der Doc akzeptiert zur Feier des Tages sogar die Anwesenheit eines kleinen Hundes in seinem Datenheim, allerdings nur in den Naßräumen, also in Klo oder Bad.
    Und ich denke mir nach zirka drei Videominuten, daß man nicht alles gesehen haben muß, um zu wissen, was man nicht zu sehen braucht.
    Weder brauch ich länger den Anblick der ausgezehrten Frauengestalt, die geknebelt und gefesselt an Frido Knapps Sprossenwand hängt, noch den Anblick einer maskierten Vettel in schwarzledernen Stiefeln, Shorts und Büstenhalter (Madame Vicki?), die ihr quasi zum Aufwärmen Bleigewichte an die Brustwarzen und Schamlippen klemmt und sie danach mit heißem Kerzenwachs beträufelt.
    Was mich bereits nach den ersten Minuten in Richtung Badezimmer und kleinem Hund drängt, ist nicht die Aktion an sich, die ja Gleichgesinnten
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