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Kurt Ostbahn - Platzangst

Kurt Ostbahn - Platzangst

Titel: Kurt Ostbahn - Platzangst
Autoren: Guenter Broedl
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unangemeldet in der Kommandozentrale aufgetaucht bin, um den Doc und Brunner mit meiner Theorie zu überraschen, herrschte gerade Aufbruchstimmung. Brunner war schon in Straßenschuhen und Winterjacke. Er mußte dringend ins Gartenhaus auf den Schafberg. Seine Uschi erwartete ihn bereits seit einer Stunde mit bitterer Miene, einem kalten Mittagessen und den geplanten Tapeziererarbeiten.
    Die beiden Experten hatten den späten Vormittag und die Mittagsstunden dazu verwendet, aus dem Ramses -Katalog, dem gestern im Savoy von Marco Fettuccini bezogenen Snuff-Video und Doktor Weigels forensischem Untersuchungsergebnis des Zahn- und Knochenpuzzles aus dem Allesbrenner eine Indizienkette zu knüpfen, mit der Brunner, über seinen alten Freund Richie (und dieser wiederum unter Umgehung unzähliger Vorschriften und verfahrenstechnischer Auflagen) den Videogangstem von Ramses einen Strick drehen kann, der – so Justitia will – einem Strafverfahren standhält.
    Man war also an der Nebenfront aktiv. Und nach einer kurzen Rast wollte der Doc dann Iris’ Mutter anrufen, um herauszufinden, was Iris Fabian gestern zu ihr nach Wien getrieben hat.
    „Das solltest du besser gleich tun“, sagte ich, „weil es brennt nämlich der Hut. Aber nach dem Grund brauchst du die Mutter gar nicht erst zu fragen. Den kann ich dir sagen. Viel wichtiger ist, wo sich die Iris jetzt aufhält.“
    „Was is’n auf einmal mit Ihnen los, Herr Doktor?“ sagte Brunner und knöpfte seine Jacke wieder auf.
    „Nix ernstes“, sagte ich. „Aber wenn die Dinge so sind, wie ich sie sehe, dann is die Iris jetzt bei ihrem Stiefbruder. Und das kann ihr das Leben kosten.“
    „In der Hinterbrühl?“ sagte der Doc und zog skeptisch die rechte Augenbraue hoch.
    „Wieso Hinterbrühl?“ sagte ich.
    „Weil Stefan Fabian, wie wir wissen, zusammen mit seiner Mutter und dem alten Fabian, also seinem Stiefvater, in deren Villa in der Hinterbrühl lebt.“
    Der Doc befragte flugs seinen Computer, und der kam zu demselben Ergebnis.
    „Und woher wissen wir das?“ fragte ich weiter, wohl wissend, daß ich ganz nah dran war, mir den Groll des Doc zuzuziehen.
    „Woher wir das wissen? Das war immer so. Der Stefan hatte nie andere Ambitionen, als der Sohn aus reichem Hause zu sein. Und weil er diesen Status nur dadurch erreicht hat, daß seine Mutter den alten Fabian geehelicht hat, hat er das reiche Haus vorsichtshalber nie verlassen.“
    „Auf was wollen Sie eigentlich hinaus, Herr Doktor?“ meldete sich Brunner aus dem ledernen Ohrensessel.
    „Ganz einfach“, sagte ich. „Ich weiß nicht viel. Weil ich vieles garned wissen will. Aber das weiß ich, seit ich heut in der Früh bei meiner Nachbarin, der Gitti Kaltenbeck, wer S’ kennt, duschen war: Der Stefan Fabian is unser Totenvogel. Und die Iris weiß das auch. Sie weiß das schon viel, viel länger als ich. Aber spätestens weiß sie es seit unserem Besuch in Hermannschlag. Weil sie nämlich die Frau aus seiner Vergangenheit is, die er in seinem Wahn immer und immer wieder umbringen muß.
    Wie viele Jahre is die Iris älter als ihr Stiefbruder? Zehn, zwölf? Egal. Bis zur Scheidung ihrer Eltern war sie jedenfalls das Nesthäkchen. Und dann kommt nicht nur eine neue junge Mama, die sie gefälligst zu lieben hat, mehr noch, die neue junge Mama bringt auch gleich einen Bangert mit, der den beiden Fabian-Girls, und Iris im Besonderen, die Show stiehlt, weil er erstens der Sproß von Papas neuer Flamme ist, und zweitens und drittens der erste Stammhalter im Hause Fabian, aber womöglich in einem ganz besonderen Maße zu lieben und zu verhätscheln, da irgendwie defekt, gestört oder behindert.
    Wenn wir jetzt flink sind und herausfinden, wo der Stefan Fabian außer in der Hinterbrühl noch zu logieren pflegt, werden wir die Iris noch fragen können, wie sehr sie ihren kleinen Stiefbruder damals gehaßt hat. Und wie man weiß, können Kinder zueinander und zu kleinen Tieren verdammt grausam sein.
    Seit die Iris im Waldviertel von uns erfahren hat, wie der Stefan heute mit den Erlebnissen von damals so umgeht, will sie zu ihm. Vielleicht is sie schon dort. Vielleicht is sie noch bei ihrer Mutter. Für uns is in jedem Fall höchste Eisenbahn!“
    Und keine zehn Minuten später konnte der Doc seinem Rechner eine zweite Wohnadresse von Stefan Fabian eingeben. Und überhaupt war sein Telefonat mit Iris’ Mutter sozusagen Wasser auf meine Mühlen:
    „Hatte sich in den letzten Monaten so gut erholt. . . plötzlich
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