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Kurt Ostbahn - Kopfschuss

Kurt Ostbahn - Kopfschuss

Titel: Kurt Ostbahn - Kopfschuss
Autoren: Guenter Broedl
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Regina gibt“, sagt er dann, jedes Wort vorsichtig abwägend. „Persönlich kenne ich sie kaum. Aber Ignazio, mein jüngster Bruder, arbeitet bei ihr in der Küche. Er sagt, Senora Regina ist eine harte Frau. Kein Mann würde mit ihr glücklich werden.“
    „Alles klar“, sage ich, obwohl auch das nicht der Fall ist. Dann kommt Juanita mit dem Frühstück, das ihr Mann für mich bestellt hat und das eine gesamte Fußballmannschaft mitsamt Trainer satt machen würde.
    Apropos: Nach dem Verbleib eines Gringos ohne Namen, der in seiner fernen Heimat nur „Der Trainer“ genannt wird und den man zurzeit hier in der Gegend vermutet, an der Seite einer bildschönen, jungen Frau namens Linda, erkundige ich mich vor dem Frühstück lieber noch nicht.
    Obwohl mich das eindeutig mehr angeht als Frau Regina, der Duke oder el loco, vulgo John Smith.

7. WIEN-NEUBAU

    „Ob ich was gesehen habe? Burgenland heute?! Was ist das?!“
    Der Doc steht schwer unter Stress, und da kann er sich natürlich nicht so auf mein Anliegen konzentrieren, wie ich das gerne hätte. Er muss heute noch per E-mail ein Treatment nach Hamburg schicken, an dem seine finanzielle Zukunft hängt. Mit dem Auftrag für ein zwölfteiliges Fernsehwerk über den kontinentaleuropäischen Serienkiller im Wandel der Zeiten wäre er auf Jahre hinaus saniert. Sein Problem liegt darin, dass der Serienkiller unserer Breiten zwar ebenso schnetzelt und mordet wie sein britischer oder amerikanischer Kollege, aber danach ganz einfach nicht die PR-Maschinerie im Rücken hat, die Leute wie Jeffrey Dahmer oder Ted Bundy zum Medienstar gemacht hat.
    „Da will ich mich nicht einmischen, da kenn ich mich nicht aus und da will ich auch nicht länger stören“, sage ich und wende mich zum Gehen.
    Nur wenige Meter von Doktor Trashs Datenheim entfernt, nämlich in der Zieglergasse, befindet sich ein Lokal namens Europa, in dem ich in meiner späten Jugend so manche Nacht zum Tag gemacht habe und wo man sicherlich auch heute noch auf aufgeschlossene junge Menschen trifft, die einen mit seinen Problemen nicht allein lassen.
    Ich bin schon im Vorzimmer, als der Doc offenbar die Dringlichkeit meines unangekündigten Besuchs erkennt, mir nun seine blasse Hand auf die Schulter legt und sich bereit erklärt, bei einem Kaffee in der Küche die Ohren zu spitzen.
    Die Fakten sind rasch erzählt: Der Trainer ist weg, und zwar seit mindestens Samstag. Niemand, der ihn kennt, weiß wohin. In Burgenland heute lief gestern ein Bericht über einen Mord in Dreikreuz, einem Dorf an der ungarischen Grenze. Das Opfer ist ein Student aus Wien. Roman Schindler. Er wurde an einen Baum gefesselt und mit drei Schüssen hingerichtet. Knie, Schwanz, Kopf. In dieser Reihenfolge. „Interessant“, sagt der Doc. „Weist eindeutig auf zweierlei hin: nämlich dass der Täter entweder einem alten Ritual gefolgt ist oder aber dass er ein modernes Zeichen der Warnung setzten wollte. Was jedoch, mein lieber Kurt, in beiden Fällen absolut nichts mit dem Verschwinden des Trainers zu tun hat. Insofern kann ich dir also nicht folgen.“
    „Ich mir auch nicht“, gebe ich unumwunden zu. „Aber ich hab einfach das Gefühl, dass dieser Mord mit dem Verschwinden des Trainers zusammenhängt. Ich hab den Bericht im Fernsehen gesehen und sofort gewusst, dass ich die ganze Geschichte kenne, und zwar so gut, als wäre ich live mit dabei gewesen. Und der Trainer spielt darin eine wichtige Rolle.“
    Der Doc hat seiner utopischen Mokkamaschine inzwischen zwei Espressos, schwarz und ohne Zucker, abgerungen, setzt sich damit zu mir an den Küchentisch und legt die blasse Stirn in Falten.
    „Was weißt du eigentlich über Linda?“, sagt er endlich. „Linda? Welche Linda? Nie gehört.“
    „Der Trainer hat nie über sie gesprochen?“
    „Kein einziges Mal“, sage ich, „außer es handelt sich um Linda Ronstadt oder Linda Fiorentino. Diese beiden Lindas haben ihn zu verschiedenen Zeiten massiv beeindruckt. Das singende Herzchen auf Rädern, wie er die Frau Ronstadt seinerzeit immer genannt hat, und die Femme fatale aus Die letzte Verführung, der er immer gern für eine Nacht verfallen wäre.“
    „Und nie eine Linda, die man nicht aus Film, Funk und Fernsehen kennt?“
    „Niemals, Doc.“
    Ich weiß nicht, was der Doktor eigentlich von mir wissen will. Der Trainer schwärmt von vielen Frauen und gelegentlich versteigt er sich auch zu Superlativen. Dann strahlen sie wie Filmstars, sind zarter als ein Reh oder besser
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