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Kurt Ostbahn - Kopfschuss

Kurt Ostbahn - Kopfschuss

Titel: Kurt Ostbahn - Kopfschuss
Autoren: Guenter Broedl
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wurde, von der Zentrale des Bösen natürlich, die etwa 30.000 Lichtjahre von Wien-Fünfhaus entfernt die Geschicke des Universums lenkt.
    Ich nehme an, Sie verstehen, warum ich Doktor Trash (noch) nicht in den Fall einschalten will, der sich möglicherweise bald als gar kein Fall im engeren Sinn entpuppt, sondern als typischer Fall von Missverständnis. Was weiß man, vielleicht hat der Trainer eine Traumreise nach Mexiko gewonnen und ich hab das in meiner Kopflosigkeit völlig vergessen.
    Der Herr Josef verteilt den letzten Rest Magenbitter auf unser beider Gläser und kündigt an, dass nach dieser Runde für heute endgültig Schluss ist, weil er dringend ins Bett muss. „Mit der eigenen G’sundheit sollt man sich nicht blöd spielen“, spricht er ein wahres Wort mit schwerer Zunge, aber durchaus gelassen aus.
    „Alles klar, Herr Josef“, sage ich, „aber da fällt mir noch was ein.“
    „Was fallt Ihnen ein, Herr Kurt?“
    „Dass der Trainer kein Geld hat.“
    „Ich kenn den Trainer, Herr Kurt“, sagt der Herr Josef müde und ich registriere eine leise Ungeduld in seiner Stimme. „Nein, nein, das mein ich nicht“, sage ich. „Er hat mich letzte Woche angerufen, weil er dringend zwanzigtausend Schilling gebraucht hat. Ich hab ihn nicht gefragt, wofür. Vorgestern in Wieselburg hab ich die ganze Marie mitgehabt. Aber der Trainer war nicht da. Da war er bereits verschwunden.“
    „Weg“, sagt der Herr Josef und räumt unsere Gläser in die Abwasch.
    „Weg“, sage ich. „Aber der Trainer kann nicht einfach weg sein.“
    „Eh ned“, sagt der Herr Josef. Er zieht seinen weißen Arbeitsmantel aus, in dem er jahraus, jahrein Dienst tut, und schlüpft in einen dunkelblauen Anorak. „Eh ned, Herr Kurt. Aber, ganz ehrlich, es schaut ned gut aus.“

4. DREIKREUZ,
BURGENLAND

    Der Leiter der Ermittlungen denkt vor der Kamera des Lokal-Fernsehens laut darüber nach, womit wir es hier zu tun haben.
    Ein junger Mann ist tot. Das Mordopfer konnte anhand seiner Wagenpapiere identifiziert werden: Roman Schindler. 26 Jahre alt. Student der Sprachwissenschaften an der Universität Wien.
    Eines kann der Ermittlungsbeamte jetzt schon mit Sicherheit sagen: „So etwas ist mir in meinen fünfzehn Dienstjahren noch nicht untergekommen.“
    Der Täter hat sein Opfer in dem Wäldchen nahe der Ortschaft Dreikreuz an einen Baum gefesselt. Mit einem Stromkabel, weiß. Er hat ihm die Augen verbunden. Mit einem Wollschal, schwarz. Er hat Roman S. geknebelt. Mit einer Damenstrumpfhose, beige. Und dann hat er ihn mit drei Schüssen aus einer Handfeuerwaffe hingerichtet.
    Die erste Kugel zerschmetterte das rechte Knie, die zweite zerfetzte die Geschlechtsteile, und die tödliche dritte Kugel drang durch die linke Schläfe in das Gehirn des Opfers.
    Viel Schmerz. Viel Blut. Zuerst der Fangschuss, dann die Kastration und nach langem Leiden die Erlösung. Kopfschuss.
    Die drei Kugeln erzählen eine Geschichte. Sind ein Zeichen. Nicht blinde Wut oder dumpfer Hass waren der Motor, sondern eiskaltes Kalkül. Das war Maßarbeit. Das war das Werk eines professionellen Racheengels.
    Der TV-Kommentator stellt sich die Frage, ob der Student eventuell Kontakte zum organisierten Verbrechen unterhalten hat, zu Drogenschmugglern aus den ehemaligen Sowjet-Republiken, zu Mädchen- oder Waffenhändlem, Autoschiebern oder Schlepperbanden. Denn Dreikreuz liegt nur wenige Kilometer vor der ungarischen Grenze.
    Nach der langen Nacht im Rallye liege ich aufgebahrt auf der Bettbank vorm Fernseher und stelle mir die Frage, warum ich absolut sicher bin, dass das in Dreikreuz ganz anders gelaufen ist. Ich kenne die Geschichte.
    Aber ich weiß nicht, woher und weshalb ich sie kennen sollte.

5. RIO SABINAS,
MEXICO

    Ich könnte mir ansehen, wie die Sonne untergeht. Sie macht das hier sicherlich eindrucksvoller als daheim. Aber ich behalte lieber die Entwicklungen in meinem Rückspiegel im Auge. Seit gut einer Stunde ist am Horizont eine Staubfahne zu sehen, die langsam immer näher kommt. Irgendwer folgt mir und/oder hat dasselbe Problem wie ich. Er will nach Tres Gruces, hat die gleiche beschissene Straßenkarte und ist daher einzig und allein auf seinen Instinkt angewiesen. Ich bin ein Killer, aber kein Pfadfinder. Und ich bin ein Kind der Großstadt. In diesem menschen- und vegetationsfeindlichen Ödland kann ich mich an hohen, sehr hohen und haushohen Kakteen orientieren. Viel mehr hat die Gegend an Flora nicht zu bieten. Aber nach einem halben Tag am
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