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Kurt Ostbahn - Kopfschuss

Kurt Ostbahn - Kopfschuss

Titel: Kurt Ostbahn - Kopfschuss
Autoren: Guenter Broedl
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Steuer sehen nicht nur alle Kakteen gleich aus, sondern auch sämtliche Holperpfade und Sandpisten, die von der befestigten, aber nur streckenweise asphaltierten Straße ab ins Hinterland führen.
    Seit ein paar Minuten sehe ich unter der Staubfahne zwei schwarze Punkte im Rückspiegel, die jetzt, auf einer kilometerlangen Geraden, zu Motorrädern werden, die nebeneinanderher fahren, sich in kleinen Überholmanövern duellieren und dann zu mir aufschließen.
    „Okay“, sage ich. „Wir kriegen Besuch.“
    Es sind zwei schwere Maschinen mit lederbewamsten Bikern im Sattel, für die Auflagen wie Helmpflicht eindeutig kein Thema sind. Die Burschen fahren eine Zeit lang neben mir her, dann winkt mich der Grauhaarige mit dem roten bandana an den Straßenrand. Sein junger mexikanischer Partner, der sein hüftlanges Haar zu einem dicken Zopf geflochten hat, steigt als Erster von seiner Maschine, hält aber Abstand zu meinem Wagen.
    Es gibt Besuch, über den freut man sich. Diese zwei gehören eindeutig nicht dazu. Das Einzige an den beiden, das mehr als hundert Dollar wert ist, sind ihre aufgemotzten Maschinen. „Tag, Mister“, sagt der Grauhaarige mit dem roten Stirnband. Es gibt Männer, die wollen ganz einfach nicht erwachsen werden. Er ist genau der Typ. Weit über vierzig, den Kopf voller Koks, weil das Tempo sonst nicht mehr stimmt, und immer noch unterwegs auf der Suche nach den Mördern von Peter Fonda und Dennis Hopper.
    „Hi. Ich bin John. John Smith. Verdammt heiß heute“, sage ich.
    „Ahja? Wo soll’s denn hingehen, Mister?“
    „Und selbst?“, frage ich zurück, um die Konversation ein bisschen in Gang zu bringen. „Monterey? Woodstock? Altamont? Dann müsst ihr euch aber beeilen. Ihr seid ziemlich spät dran.“
    „¡No entiendo nada!“, beschwert sich die mexikanische Hälfte meines Tex-Mex-Duos.
    „Der Gringo hat gesagt, dass er ein reaktionäres, rassistisches Arschloch aus dem Norden ist, das uns wahnsinnig gern umnieten würde, damit er sich noch zwei Kerben in seinen Colt schnitzen kann und sich dabei einen runterholen. Stimmt doch, Mister? Oder hab ich mich verhört?“ „Ganz und gar nicht, amigo“, sage ich. „Genau das hab ich gesagt.“
    Es kommt nicht wirklich überraschend, dass die beiden Helden jetzt ihre Waffen ziehen und auf mich richten.
    „Das Arschloch hat nur leider ein Problem“, erklärt der Graue seinem Junior-Partner und fuchtelt dabei mit dem Revolver vor meinem Gesicht herum. Er weiß nicht, dass ich Drohgebärden dieser Art absolut nicht ausstehen kann. Aber ich lasse ihm Zeit. Er will sich gern noch einmal reden hören.
    „Weißt du, was sein Problem ist, Jorge? Nein? Ich werd’s dir sagen. Er würde uns für sein Leben gern abknallen und dann auf unsere Gräber pinkeln. Und weißt du, warum? Weil er ein zynisches, verschissenes, weißes Arschloch ist. Und weil man davon allein nicht leben kann, ist er von Beruf Vertreter. Er fährt durchs Land und verkauft euch den Schrott, den oben im Norden, über der Grenze, niemand haben will. Unser Vertreter packt den ganzen Scheißdreck in seine Koffer, fährt damit nach Mexiko und verdient sich einen goldenen Schwanz, indem er euch amerikanischen Scheißdreck verkauft, der in Wahrheit aus Korea kommt. Kennst du Korea, Jorge? Das Arschloch kennt Korea auch nicht. Aber es hat mindestens einen Samsonite im Kofferraum und in dem hat es seine Knarre versteckt. Das machen Vertreter immer so. Sie verstecken ihre Knarre im Koffer. Schau nach, Jorge, aber ein bisschen plötzlich! “
    „Imperialistenschwein“, sagt die mexikanische Hälfte des Biker-Paares und trabt dann, wie geheißen, von seinem Motorrad zum Kofferraum meines Chevrolets.
    „Mit deiner Einschätzung des wirtschaftlichen Verhältnisses der USA zu ihrem südlichen Nachbarn liegst du goldrichtig“, sage ich zum grauen Biker, dem das Kokain und die Strapaze seiner Brandrede die Augäpfel aus den Höhlen getrieben haben. „Was meinen Job angeht, liegst du allerdings falsch. Sorry.“
    Meine erste Kugel zertrümmert seine linke Kniescheibe. Die zweite trifft ihn zwischen den Beinen und die dritte Kugel macht knapp über der Nasenwurzel ein schwarzes Loch in sein rotes Stirnband.
    Im Rückspiegel sehe ich, wie Jorge schlagartig das Interesse am Kofferraum meines Chevy verliert und ganz ohne Plan das Feuer eröffnet. Er schießt Löcher in den Sand, die Scheiben meines Wagens und den flammend roten Abendhimmel. Als er zu seiner Maschine rennt und sich in den
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