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Kunst des Feldspiels

Kunst des Feldspiels

Titel: Kunst des Feldspiels
Autoren: C Harbach
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Gedankenloses Sein.
    33 .   Verwechsle nicht das
erste und das dritte Stadium. Das gedankenlose Sein kann jeder erreichen, die
Rückkehr zum gedankenlosen Sein nur sehr wenige.
    Es gab zugegebenermaßen zahlreiche Sätze und Äußerungen in Die Kunst ,
die Henry noch nicht verstand. Diese undurchsichtigen Stellen waren ihm jedoch
schon immer die liebsten gewesen, viel lieber als selbst die detaillierten und
ungemein hilfreichen Erläuterungen, wie man etwa dafür sorgte, dass ein Läufer
in der Nähe der Second Base blieb ( Flirten nannte Aparicio das), oder welche Stollen man am
besten auf nassem Gras trug. Die undurchsichtigen Stellen, so frustrierend sie
auch sein konnten, gaben Henry etwas, an dem er sich abarbeiten konnte. Eines
Tages, so träumte er, wäre er als Spieler reif genug, um sie zu knacken und die
verborgenen Weisheiten aus ihnen herauszuschlürfen.
    213 .   Der Tod legitimiert
alles, was der Athlet tut.
    Die Pieptonmusik verklang. Henry bemerkte ein Murmeln, das
hinter einer Tür in der Zimmerecke hervorzudringen schien. Er hatte dort einen
Schrank vermutet, jetzt aber drückte er sein Ohr dagegen und hörte Wasser
rauschen. Er klopfte leise.
    Keine Antwort. Er drehte am Knauf und hörte einen spitzen Schrei,
als die Tür gegen etwas Hartes stieß. Henry knallte die Tür wieder zu. Aber das
war dumm – weglaufen konnte er ja wohl schlecht. Er öffnete die Tür erneut, und
wieder krachte sie gegen etwas Hartes.
    »Au!«, kam ein Schrei
von innen. »Hör bitte auf damit!«
    Der Raum entpuppte sich
als Badezimmer, und jemand, der ungefähr in Henrys Alter war, lag auf dem
schwarz-weißen Schachbrettmuster des Fliesenbodens und hielt sich den Kopf.
Sein aschgraues Haar war kurzgeschoren, und zwischen den Fingern seiner
kanariengelben Gummihandschuhe konnte Henry einen blutgeränderten Schnitt
erkennen. Wasser lief in die Wanne, und neben ihm lag eine Zahnbürste, auf der
eine Mischung aus Scheuermilch und Wasser schäumte. »Alles in Ordnung?«, fragte
Henry.
    »Die Fuge hier ist
eklig.« Der junge Mann setzte sich auf und rieb sich den Kopf. »Man sollte
denken, dass die Fugen geputzt werden.« Seine Haut hatte die Farbe von
schwachem Kaffee. Er setzte eine Brille mit Drahtgestell auf und betrachtete Henry
von oben bis unten. »Und wer bist du?«
    »Ich bin Henry«, sagte
Henry.
    »Wirklich?« Die
halbmondförmigen Augenbrauen des jungen Mannes hoben sich. »Bist du sicher?«
    Henry senkte den Blick
und betrachtete die Innenfläche seiner rechten Hand, als könnte er dort ein
unwiderlegbares Zeichen seines Henrytums finden. »Ziemlich sicher.«
    Der junge Mann kam auf
die Beine und drückte Henry, nachdem er sich aus einem seiner hellgelben
Handschuhe geschält hatte, herzlich die Hand. »Ich hatte jemand Größeren
erwartet«, erklärte er. »Aufgrund der Baseballgeschichte. Mein Name ist Owen
Dunne. Ich bin dein schwuler Mulattenmitbewohner.«
    Henry nickte auf eine
Weise, von der er hoffte, dass sie angemessen war.
    »Eigentlich sollte ich
das Zimmer für mich haben.« Owen machte eine Handbewegung, als wiese er auf ein
schönes Panorama hin. »Das war Teil meines Stipendien-Pakets als Gewinner des
Maria-Westish-Preises. Ich habe immer davon geträumt, allein zu leben. Du
nicht?«
    Henry hatte ehrlich
gesagt immer davon geträumt, mit jemandem zusammenzuwohnen, der ebenfalls ein
Exemplar von Aparicios Buch besaß. »Spielst du Baseball?«, fragte er, während
er Owens gebundene Ausgabe der Kunst in den Händen
hin und her drehte.
    »Ich habe mich darin
versucht«, sagte Owen und fügte auf irgendwie geheimnisvolle Weise hinzu: »Aber
nicht wie du.«
    »Was meinst du?«
    »Letzte Woche rief mich
President Affenlight an. Kennst du sein The Sperm-Squeezers ?«
    Kannte Henry nicht.
Owen nickte verständnisvoll. »Das ist wenig überraschend«, sagte er. »Es hat
heutzutage nicht mehr viel akademische Zugkraft, obwohl es für seinen Bereich
sehr – haha! – fruchtbar war. Eine große Quelle der Inspiration, als ich
vierzehn, fünfzehn war. Na, jedenfalls rief mich President Affenlight zu Hause
bei meiner Mutter in San José an und erzählte, dass noch ein Student von
gewissem Talent zu den Studienanfängern stoßen werde und dass das für das
College im Großen und Ganzen zwar toll, was die Unterbringung angehe aber ein
Dilemma sei. Da ich der Einzige meines Jahrgangs mit Einzelzimmer bin, wollte
er wissen, ob ich mich nicht darauf einlassen würde, auf dieses Privileg zu
verzichten und das Zimmer
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