Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kunst des Feldspiels

Kunst des Feldspiels

Titel: Kunst des Feldspiels
Autoren: C Harbach
Vom Netzwerk:
bernsteinfarbenen Augen mit einem intensiven
Glühen auf Henry.
    »Gut, dass ich dich
gefunden habe.« Der Fänger nahm seine große verschwitzte Hand von Henrys
Schulter und hielt sie ihm hin. »Mike Schwartz.«
    Mike Schwartz’ Haare
waren verfilzt und standen in alle Richtungen vom Kopf ab. Sein Gesicht war
voller Schweiß und Dreck. Der Schweiß ließ die schwarze Farbe unter seinen
Augen die Wangenknochen hinab und in seine dichten Bartstoppeln rinnen.
    »Ich hab zugeschaut,
wie du Aufsetzer trainiert hast«, sagte er. »Zwei Sachen haben mich
beeindruckt. Einmal, dass du bei der Hitze da draußen so Gas gibst. Jesus, ich
kann kaum laufen. Braucht man Hingabe für.«
    Henry zuckte mit den
Schultern. »Mach ich nach jedem Spiel.«
    »Das Zweite: Du bist
ein Hammer-Shortstop. Super Antritt, super Instinkt. Bei der Hälfte der Bälle
hatte ich keine Ahnung, wie du sie erwischen konntest. Wo spielst du nächstes
Jahr?«
    »Spielen?«
    »Welches College. Für
welches College spielst du nächstes Jahr Baseball?«
    »Oh.« Henry hielt inne,
verlegen, weil er die Frage nicht verstanden hatte, und wegen der Antwort, die
er würde geben müssen. »Ich spiele nicht.«
    Mike Schwartz jedoch
schien sie zu gefallen. Er nickte, kratzte sich die dunklen Stoppeln am Kinn
und lächelte. »Denkst du vielleicht.«
    Schwartz erzählte Henry, dass die Westish Harpooners schon seit
unzähligen Jahren Mist waren, sie mit Henrys Hilfe aber das Ruder nun
herumreißen würden. Er sprach von Opferbereitschaft, Leidenschaft, Verlangen,
Detailversessenheit, von der Notwendigkeit, sich Tag für Tag ins Zeug zu legen
wie ein Champion. In Henrys Ohren klangen die Worte wie Musik, es war, als lese
man Aparicio, nur besser, weil Schwartz einem direkt gegenüberstand. Während
der Rückfahrt nach Lankton, auf den Notsitz von Coach Hinterbergs Dodge Ram
gequetscht, überkam ihn Trostlosigkeit, weil er sich sicher war, nie wieder von
dem großen Mann zu hören, aber als er nach Hause kam, lag bereits eine
Nachricht in Sophies Mädchenhandschrift auf dem Küchentisch: Mike Shorts anrufen!
    Drei Tage später, nach drei langen Telefonaten, die er heimlich mit
Schwartz geführt hatte, als seine Eltern bei der Arbeit waren, begann Henry so
langsam an die Sache zu glauben. »Das Ganze läuft etwas schleppend«, sagte
Schwartz. »Das komplette Immatrikulationsbüro ist im Urlaub. Aber es läuft.
Heute Morgen hab ich eine Kopie deiner Highschool-Zeugnisse bekommen. Nicht
schlecht, die Physiknote.«
    »Mein Zeugnis?«, fragte
Henry perplex. »Wie hast du das denn gemacht?«
    »Hab bei der Highschool
angerufen.«
    Henry war verblüfft.
Vielleicht war es logisch – wollte man ein Zeugnis, rief man die Highschool an.
Aber ihm war noch nie jemand wie Schwartz begegnet – jemand, der sich, wenn er
etwas wollte, direkt daranmachte, es zu bekommen. Abends beim Essen räusperte
er sich und erzählte seinen Eltern vom Westish College.
    Seine Mutter wirkte
erfreut. »Und dieser Mr. Schwartz«, sagte sie, »ist der Baseball-Coach an
diesem College?«
    »Ähm … nicht so
richtig. Er ist eher ein Spieler in der Mannschaft.«
    »Oh. Ach so. Hm.« Seine
Mutter versuchte weiterhin erfreut zu wirken. »Und letzten Sonntag bist du ihm
zum ersten Mal begegnet? Und jetzt all das? Ein bisschen komisch klingt das
schon, muss ich sagen.«
    »Für mich nicht.« Sein
Vater putzte sich mit seiner Serviette die Nase, hinterließ wie üblich einen
dunklen Streifen Stahlstaubschnodder. »Ich bin mir sicher, dass die vom Westish
College alles Geld, das sie zusammenkratzen können, dringend brauchen. Die
würden hundert naive Trottel ins Baseballteam stecken, solange die nur ihre
Studiengebühren zahlen.«
    Das war der finstere
Gedanke, den Henry mit aller Kraft hatte unterdrücken wollen: Es war einfach zu
schön, um wahr zu sein. Er stärkte sich mit einem Schluck Milch. »Aber warum
sollte sich Schwartz darum einen Kopf machen?«
    Jim Skrimshander machte
ein knurrendes Geräusch. »Warum macht sich irgendwer um irgendwas einen Kopf?«
    »Liebe«, sagte Sophie.
»Er liebt Henry. Sie telefonieren den ganzen Tag, wie Turteltäubchen.«
    »Knapp vorbei, Soph.« Ihr
Vater schob seinen Stuhl zurück und trug seinen Teller zur Spüle. »Geld. Ich
bin mir sicher, Mike Schwartz wird seinen Anteil kriegen. Einen Tausender pro
Trottel.«
    Später am Abend
berichtete Henry Schwartz das Wesentliche. »Pah«, sagte Schwartz. »Mach dir
keine Sorgen. Er kriegt sich schon wieder ein.«
    »Da
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher