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Kunst des Feldspiels

Kunst des Feldspiels

Titel: Kunst des Feldspiels
Autoren: C Harbach
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zu teilen. Affenlight kann mit Engelszungen reden«,
fuhr Owen fort. »Er hat derart von dir und vom Zusammenwohnen überhaupt
geschwärmt, dass ich beinahe vergessen hätte, mit ihm zu verhandeln. Ehrlich
gesagt ist die Professionalisierung des College-Sports in meinen Augen ein
ziemlich verachtenswertes Phänomen. Aber wenn die Verwaltung bereit war, mir
den hier zu kaufen« – er zeigte mit einem gelben Handschuhfinger auf den
schimmernden Computer auf seinem Schreibtisch – »und einen ansehnlichen
Zuschuss zum Büchergeld zu leisten, nur damit ich einwillige, mit dir
zusammenzuwohnen, musst du ja ein ganz schönes Ass sein. Es wäre mir eine Ehre,
bei Gelegenheit ein paar Bälle mit dir zu werfen.«
    »Sie bezahlen dich
dafür, mit mir zusammenzuwohnen?«, fragte Henry, der derart ungläubig und
verwirrt war, dass er Owens Angebot kaum mitbekam. Was zum Kuckuck konnte Mike
Schwartz gesagt oder getan haben, um eine Situation entstehen zu lassen, in der
der Präsident des Westish College persönlich Leute anrief und von ihm schwärmte? »Wäre es unhöflich … Ich meine … Dürfte ich
fragen …?«
    Owen zuckte mit den
Schultern. »Sicherlich nicht annähernd so viel, wie sie dir zahlen. Aber genug
für den Teppich da draußen, ein teurer Teppich, also bitte stell deine Schuhe
nicht darauf ab. Und genug, um mir das ganze Jahr lang Marihuana von höchster
Qualität leisten zu können. Na ja, das Semester lang vielleicht. Mindestens bis
Halloween.«
    Nach dieser ersten
Begegnung sah Henry Owen kaum noch. Nachmittags kam er meistens
hereingerauscht, tauschte ein paar Ringbücher aus seiner Tasche gegen ein paar
andere Ringbücher oder seinen hübschen grauen Pullover gegen seinen hübschen roten
Pullover und rauschte dann mit einem einzigen Wort wieder hinaus: »Probe.«
»Demo.« »Verabredung.« Henry nickte dann und widmete sich während der Sekunden,
die Owen im Raum war, voll und ganz der Aufgabenstellung, die er gerade vor
sich liegen hatte, um nicht gänzlich nutz- und hilflos zu erscheinen.
    Verabredet war Owen
stets mit Jason Gomes, einem Studenten im vierten Jahr, der in jedem Stück der
Theatergruppe die Hauptrolle spielte. Es dauerte nicht lange, bis Owens
Ringbücher und Pullover in Jasons Zimmer umgezogen waren. Morgens, wenn Henry
zur Vorlesung ging, sah er die beiden im Campus-Café, dem Café Oo, wie sie
lesend beieinandersaßen, Jasons Hand auf Owens gelegt, und es sich gemütlich
machten mit ihren Espressos und ihren Büchern, von denen einige französische
Titel hatten. Zur Abendessenszeit, während Henry allein in einer dunklen Ecke
des Speisesaals saß und versuchte, einen zugleich unauffälligen und zufriedenen
Anschein zu erwecken, kamen Owen und Jason hereinspaziert, schnappten sich
Früchte und Kräcker, um die Probe zu überstehen, und marschierten wieder
hinaus. Nach Mitternacht, wenn Henry vor dem Schlafengehen die Jalousien
hinunterließ, sah er, wie sich die beiden auf der Treppe gegenüber einen Joint
teilten. Owens Kopf ruhte auf der Schulter seines Liebsten. Um Schlaf oder
Nahrung mussten sie sich nicht kümmern, so zumindest kam es Henry vor: Sie
waren zu beschäftigt, zu glücklich für derlei Trivialitäten. Owen hatte ein
Schauspiel in drei Akten geschrieben, »eine Art neomarxistischen Macbeth , der in einem Großraumbüro spielt«, wie er es
einmal beschrieb, und Jason hatte die Titelrolle.
    An ein paar Wochenenden
in jenem Herbst fuhr Jason heim nach Chicago oder in eine dazugehörige
Vorstadt. Für Henry waren diese Wochenenden ein Quell der Erleichterung und
Freude. Er hatte einen Freund, zumindest bis Sonntagabend. Owen verbrachte den
Morgen lesend und teetrinkend in seinem karierten Pyjama, manchmal rauchte er
einen Joint oder starrte träge auf das Display seines stummen BlackBerrys, bis
Henry ihn mit vorsichtiger Nonchalance fragte, ob er Lust habe, brunchen zu
gehen. Owen sah ihn dann über seine runde Brille hinweg an und seufzte, als
wäre Henry ein nerviges Kind. Aber sobald sie draußen an der Herbstluft waren,
begann Owen – für gewöhnlich noch immer im Pyjama, über den er einen Pullover
gezogen hatte – zu reden und Fragen zu beantworten, die Henry niemals auch nur
in den Sinn gekommen wären.
    »Er hat mein volles
Einverständnis, wenn er geht«, sagte er, wobei er wieder auf sein Telefon sah,
das keinen Piep von sich gegeben hatte. »Mein volles Einverständnis und
Verständnis. Wir haben Parameter akzeptablen Verhaltens erarbeitet, und ich bin
mir
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