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Kostas Charitos 06 - Die Kinderfrau

Kostas Charitos 06 - Die Kinderfrau

Titel: Kostas Charitos 06 - Die Kinderfrau
Autoren: Petros Markaris
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sie alles verputzt und lassen den Wirt in Ruhe. Bei den Türken muss man stundenlang Teller und kleine Pfänn-chen hin- und hertragen.«
      Nach diesen Worten begibt er sich weiter zum Nebentisch, um einen etwa fünfundsechzigjährigen Mann zu begrüßen, der alleine isst. Sie scheinen sich zu kennen, denn der Wirt aus Imbros setzt sich an seinen Tisch und verwickelt ihn in ein Gespräch. Die Mouratoglou wiegt nachdenklich den Kopf, während sie dem Wirt hinterherblickt.
      »Wenn Sie wüssten, wie viele derartige Speiselokale es in Pera gegeben hat, Herr Kommissar«, meint sie zu mir. »Und nicht nur in Pera, sondern auch auf den Inseln, in Mega Revma, in Therapia. Übriggeblieben ist nur Sotiris, vielleicht noch ein Restaurant in Therapia und ein drittes auf der Insel Prinkipos.«
      »Wieso, wurden sie verkauft?«, fragt Adriani.
      »Einige ja, oder die Wirte sind verstorben, und ihre Kinder wollten die Lokale nicht weiterbetreiben, da sie lieber nach Griechenland ausgewandert sind...«
      Zu meiner großen Erleichterung führt sie das Gespräch mit Adriani fort, die als treue Zuschauerin von Tv-Schnulzen solch traurige Geschichten mag. Ich jedoch habe eine angeborene Abneigung dagegen, vergangener Größe und den guten alten Zeiten nachzuweinen. Ich lasse meinen Blick über die Tische schweifen. Alle sind besetzt, und die Gäste nippen an ihren Gläsern und unterhalten sich, doch es ist nur halb so laut wie in einer Athener Taverne, wo man sein eigenes Wort nicht versteht.
      Hier sind die Gespräche an den Tischen von so gedämpfter Lautstärke, dass ich sogar mein Handy klingeln höre. Ich ziehe es aus der Jackentasche und muss feststellen, dass ich mich wieder einmal getäuscht habe. Das passiert mir nun schon mehrmals täglich. Immer wieder meine ich mein Handy zu hören, und ich hole es eilig hervor. Es könnte ja Katerina sein - doch jedes Mal werde ich enttäuscht. Seit wir sie am Vortag unserer Abreise über unsere Reise nach Istanbul in Kenntnis setzten, haben wir keinen Kontakt mehr - wir haben sie nicht angerufen, und sie uns auch nicht. Die Idee, es ihr kurzfristig mitzuteilen, stammte von Adriani. Katerina sollte merken, dass wir wegfahren, um die unangenehmen Erfahrungen rund um ihre Hochzeit zu vergessen. Wenn sich Adriani einmal in Verbitterung und Traurigkeit hineingesteigert hat, kann sie sich nur schwer wieder einkriegen. Katerina verstand den Unterton und wünschte uns eine gute Reise. Doch ihre Begleitung zum Flughafen bot sie uns nicht an.
      Dieser Abschied trug noch mehr zur Unterkühlung unserer Beziehung bei und erfüllte mich mit Angst vor der künftigen Entwicklung der Dinge. Daher klingelt mir jetzt ständig mein Handy im Ohr. Auch Adriani ist meine neue Liebe zum Handy aufgefallen, und sie verfolgt sie aufmerksam, aber kommentarlos.
      Ich weiche ihrem Blick aus und sehe dabei, wie ein Mittsechziger sich erhebt und auf unseren Tisch zukommt. Er bleibt vor der Mouratoglou stehen und mustert uns, während wir darauf warten, dass er sich vorstellt. Das tut er aber nicht, sondern stellt unvermittelt die Frage: »Entschuldigen Sie, kommen Sie aus Griechenland?«
      Der einfachste Weg, ins Gespräch zu kommen, ist beim Offensichtlichen anzusetzen. Die Mouratoglou denkt anscheinend dasselbe, denn sie entgegnet leicht ironisch: »Ganz recht. Und Sie?«
      Der Mann überhört die Mouratoglou geflissentlich und fährt auf sehr zuvorkommende Weise mit seinen eigenen Fragen fort. »Entschuldigen Sie, dass ich Sie beim Essen störe, aber könnten Sie mir sagen, ob Sie mit dem Flugzeug oder mit dem Reisebus gekommen sind?«
      »Mit dem Flugzeug aus Athen«, bringt die Stefanakou Licht ins Dunkel.
      »Und wo wohnen Sie, wenn ich fragen darf?«
      »Im Hotel Eresin in Taksim«, gibt die Mouratoglou Auskunft.
      »Somit kann sie nicht mit Ihnen gefahren sein und auch nicht im Hotel wohnen«, sagt der ältere Herr mehr zu sich selbst als zu uns.
      »Entschuldigung, ich bin Polizeikommissar, warum fragen Sie?«, mische ich mich etwas abrupt ein, da gewöhnlich ich es bin, der die Fragen stellt und nicht umgekehrt.
      »Ich wollte wissen, ob eine alte Dame mit Ihnen gereist ist, der man ein bisschen ansieht, dass sie vom Land kommt. Aber sie kann unmöglich aus Athen mit dem Flugzeug angereist sein. Vermutlich ist sie von Thessaloniki mit dem Reisebus gekommen.«
      Wir blicken uns an und versuchen uns zu besinnen. Mehr der Höflichkeit halber, denn wir sind uns
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