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Kostas Charitos 06 - Die Kinderfrau

Kostas Charitos 06 - Die Kinderfrau

Titel: Kostas Charitos 06 - Die Kinderfrau
Autoren: Petros Markaris
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wirft mir einen schrägen Blick zu. »Das glaube ich dir sogar, aber ich ermahne dich lieber einmal zu viel, schon allein um mit gutem Gewissen sagen zu können, dass ich meine Pflicht getan habe.«
      Ach so ist das! Zumindest weiß ich jetzt, dass sie mir die Leviten nur aus Pflichtgefühl liest. Also brauche ich mir ab sofort keine Gedanken mehr darüber zu machen.
      Die Gepäckkontrolle am Eingang des Flughafens kostet uns eine gute Viertelstunde, da man Adriani dazu anhält, ihre Reisetasche zu öffnen. Die Kontrollbeamten räumen sie komplett leer und durchsuchen alles, werden jedoch nicht fündig. Adriani benötigt - unter größter Nervenanspannung - weitere zehn Minuten, um den Inhalt wieder reinzupressen, da die anderen Fluggäste ihre Sachen ständig beiseiteschieben, um sich selbst Platz zu verschaffen. Schließlich springe ich ihr leise vor mich hin fluchend bei.
      »Wenn ich vorher gewusst hätte, dass du halb Istanbul aufkaufst, hätte ich dafür gesorgt, dass wir ein Extrazimmer für die Gepäckkontrolle bekommen«, meine ich zu ihr, als wir endlich fertig sind.
      Sie wirft mir einen eisigen Blick zu, doch sie hütet sich, Öl ins Feuer zu gießen. Als wir uns dem Abfertigungsschalter der Olympic Airlines nähern, bleibt sie plötzlich überrascht stehen. »Dein Kollege und seine Frau sind da, um sich zu verabschieden«, flüstert sie mir zu. »So etwas... Das hätte ich nicht erwartet. Eine äußerst höfliche Geste...«
      Auch ich kann meine Überraschung kaum verbergen. Ich hatte mich am Vorabend von Murat verabschiedet, Telefon- und Handynummern mit ihm ausgetauscht und seine Frau von mir grüßen lassen, und nun bereiten uns die beiden am Abfertigungsschalter den ganz großen Bahnhof.
      »We said goodbye yesterday«, meine ich, als ich ihm die Hand schüttle.
      »Yes, but Nermin wanted to say good-bye, too.«
      Nermin umarmt zunächst Adriani und tritt danach auf mich zu. Ich erinnere mich an die Einladung zum Essen bei ihnen zu Hause und an Murats Warnung, seiner Frau nicht die Hand zu reichen. Und so beschränke ich mich auf eine leichte Verbeugung. Während Nermin meinen Gruß erwidert, überreicht mir Murat ein riesiges Paket.
      »What is this?«, frage ich verwundert.
      »Das ist für Ihre Tochter«, erläutert Nermin. »Ein Hochzeitsgeschenk. A wedding gift.«
      »Es ist ein handgeknüpfter Teppich«, erklärt Murat. »Man kann ihn an die Wand hängen oder auf den Boden breiten.«
      »Ein Andenken aus Istanbul für die neue Wohnung Ihrer Tochter«, ergänzt Nermin. »Damit Sie sich immer gerne an Ihre erste Reise nach Istanbul erinnern, weil ihr ein so erfreuliches Ereignis folgte.«
      »Vielen, vielen Dank«, erwidert Adriani gerührt. Sie umarmen einander noch einmal, und diesmal küssen sie sich sogar auf die Wangen, während ich die Dankesbezeigungen unter Männern übernehme.
      »Sie haben zwanzig Kilogramm zu viel«, erklärt mir die Istanbuler Griechin im Dienst der Olympic Airlines, als unser Gepäck auf der Waage steht. »Fünf kann ich Ihnen erlassen, aber mehr nicht. Können Sie nicht umpacken, um das Gewicht zu reduzieren?«
      Ich blicke mich suchend nach Adriani um, ob sie vielleicht eine Idee hat, aber sie hat sich zu Nermin geflüchtet, um den Unannehmlichkeiten zu entgehen, und unterhält sich angeregt mit Händen und Füßen.
      »Das klappt nicht, die fünfzehn Kilogramm passen auch nicht ins Handgepäck, die müsste ich hierlassen«, meine ich zu der Angestellten.
      »Dann müssen Sie das Übergepäck bezahlen.«
      »Und wo?«
      »Am Schalter der Olympic Airlines.«
      »What is it?«, fragt mich Murat, als ich mich vom Abfertigungsschalter entferne.
      »I have topay for overweight.«
      Er hält mich zurück und tritt auf die Angestellte zu. Er beugt sich zu ihr hinüber und flüstert ihr etwas ins Ohr. Die Angestellte blickt zunächst prüfend auf Murat, dann auf mich und meint dann: »Also gut, für Sie machen wir eine Ausnahme.«
      »Was haben Sie zu ihr gesagt?«, frage ich, als wir uns vom Schalter entfernen.
      Er reagiert amüsiert. »Hier bei uns ist der Polizist wie die Kreditkarte. Er öffnet alle Türen. Nur dass man irgendwann die Zinsen abstottern muss.«
      Ich blicke zu Adriani und seiner Frau hinüber, die sich immer noch ohne viele Worte glänzend unterhalten.
      »Morgen bin ich schon wieder hier«, sagt er. »Nermin fliegt nach Deutschland, um ihre Familie zu besuchen.« Seufzend
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