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Korona

Korona

Titel: Korona
Autoren: Thomas Thiemeyer
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Kraft einer kleinen Sonne strahlte. Richard blinzelte durch seine halb geschlossenen Lider in das gleißende Zentrum der Erscheinung. Tatsächlich, da war etwas: scherenschnittartige Umrisse, die entfernt an Menschen erinnerten. Einer der Gorillas fing an, unartikulierte Schreie auszustoßen. Er fletschte die Zähne und stampfte mit seinen Fäusten auf die Erde. Weitere Artgenossen schlossen sich ihm an. Wie ein Flächenbrand wurden die Gorillas von der Welle der Aggressivität erfasst.
    »Was ist los?«, brüllte Wilcox. »Was haben sie denn?«
    »Keine Ahnung«, antwortete Richard. »Irgendetwas scheint sie mächtig aufzuregen.«
    Agnes packte ihn an der Schulter. »Vielleicht wäre es besser, wenn wir uns zurückziehen. Sie scheinen Angst zu haben.«
    Richard nickte. »Na gut. Sicher ist sicher. Gehen wir ein paar Meter zurück!«
    »Wartet mal ’ne Sekunde!« Parker beschirmte seine Augen mit der Hand. »Seht ihr das auch? Das gibt’s doch nicht!«
    Richard konnte sich gerade noch rechtzeitig umdrehen, als er sah, wie eine Person aus dem Lichtschein stolperte. Es war ein Mann. Sein Körper dampfte, die Ärmel seines Hemdes hingen ihm in Fetzen vom Leib und die darunterliegende Haut schimmerte blutrot. Er wankte ein paar Schritte vorwärts, dann sank er auf die Knie.
    »Herr im Himmel!«, stieß Wilcox hervor. »Es ist Ray!«
    Richard drängte an den Gorillas vorbei nach vorn.
    Der Ire wirkte, als habe er noch gar nicht begriffen, was mit ihm geschehen war. Richard stolperte in den Kreis aus Licht und packte den Iren bei den Schultern.
    »Ray, kannst du mich hören? Sieh mich an. Nun sag doch etwas.«
    Ein glasiger Blick traf ihn. »Bist du das, Richard?«
    Der Wildhüter nickte. »Worauf du deinen Hintern verwetten kannst. Was ist mit den anderen? Wo sind Amy, Dan, Karl und Mellie?«
    Der Ire schüttelte den Kopf. Er stand auf und taumelte aus dem Lichtkreis. Richard griff ihm unter den Arm und stützte ihn. Irgendetwas stimmte nicht. Ray hatte Angst.
    Panische Angst.
    »Was ist los, Mann? Rede mit mir. Kommen die anderen noch? Was ist passiert?«
    Ray hob seinen Kopf. Es war das erste Mal seit seiner Ankunft, dass er Richard direkt in die Augen sah. Sein Mund bewegte sich, aber was er sagte, war zu leise.
    »Wiederhol das noch mal«, schrie Richard und deutete auf seine Ohren. »Ich hab’s nicht verstanden. Das Portal …«
    Ray öffnete den Mund und stieß nur ein Wort aus:
»Renn!«
    In diesem Augenblick schälte sich ein weiterer Umriss aus dem Licht. Er war riesenhaft. Arme so lang wie Baumstämme. Eine sich windende und krümmende Außenhaut …
    Richard benötigte nur den Bruchteil einer Sekunde, um zu erfassen, was das war.
    »O mein Gott.«
    Mit einem furchtbaren Zischen trat die Kreatur aus der Helligkeit. Ihr Arm war zum Schlag erhoben. Die Krallen zischten durch die Luft und rammten nur einen knappen Meter neben dem Iren in den Boden. Noch einmal hob die Kreatur ihren Arm, dann fiel ihr Blick auf die versammelten Gorillas. Ray, geistesgegenwärtig genug, die gewonnene Sekunde zu nutzen, stieß Richard aus der Gefahrenzone. Die beiden fielen und rollten zur Seite. Mit einem Krachen fuhr die rankenumwucherte Hand neben ihnen in die Erde. Schnee und Erdbrocken flogen durch die Luft. Leonidas stellte sich auf die Hinterbeine und stieß ein wütendes Gebrüll aus. Dann rannte er mit gesenktem Kopf auf den Widersacher zu. Die anderen Silberrücken zögerten nicht und folgten ihrem Anführer. Richard versuchte, aus der Kampfzone zu taumeln, wurde aber von einem der gewaltigen Tiere gestreift und zu Boden gerissen. Der Boden um ihn herum zitterte und bebte. Die Gorillas drangen auf die monströse Erscheinung ein und fingen an, das zähe Rankengeflecht mit Pranken und Zähnen auseinanderzureißen. Ein furchterregendes Zischen ertönte. Richard beobachtete, wie einer der tapferen Primaten von einer Klaue getroffen und zur Seite geschleudert wurde. Blutüberströmt und regungslos blieb er am Rande der Kampfzone liegen. Ein zweiter Gorilla wurde von einer Flut von Ranken eingehüllt und mit unbändiger Kraft zerquetscht. Richard hörte die Schmerzensschreie des Affen, gefolgt vom Knacken seiner Knochen. Wieder ein anderer wurde bei dem Versuch, eines der säulendicken Beine zu packen, zu Boden geworfen und niedergetrampelt.
    Doch die Verluste stachelten die Gorillas nur noch mehr an. Manche von ihnen waren in einen Zustand der Raserei gefallen. Der Einzige, der die Beherrschung behielt, war Leonidas. Mit
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