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Korona

Korona

Titel: Korona
Autoren: Thomas Thiemeyer
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wütenden Zurufen brachte er die anderen wieder zur Räson. Er koordinierte den Angriff, brüllte seinen Artgenossen Befehle zu und richtete ihre Attacken auf den Kopf des Wesens.
    Richard glaubte zu erkennen, dass hier der einzige Schwachpunkt der sonst unverwundbar scheinenden Kreatur lag. Das Rankengeflecht war an dieser Stelle besonders fein. Es ermöglichte dem Wesen sogar, eine primitive Mimik zu entwickeln. Kaum hatten die Gorillas ihre Taktik gewechselt, veränderte sich der Ausdruck des Monsters. Mochte sein Gesicht auch noch so fremdartig erscheinen, Richard konnte trotzdem eine Reaktion herauslesen:
Panik.
    Das Wesen taumelte zurück und versuchte, die lästigen Angreifer abzuschütteln. Seine Taktik hatte sich grundlegend verändert. Es ging nicht länger mehr darum, möglicht viele Angreifer zu töten, jetzt ging es ums Überleben.
    Doch die Gorillas waren zäh.
    Verbissen und schweigsam setzten sie den Kampf fort. Immer wieder durchdrang eine Pranke den Verteidigungswall der zuckenden Arme und riss ein Stück der Pflanzenstruktur heraus. Grüner Saft spritzte in alle Richtungen und landete zischend und ätzend auf Haut und Fell. Die Primaten ließen einfach nicht ab. Minute um Minute zog sich der Kampf dahin und immer noch war nicht klar, wer gewinnen würde. Irgendwann jedoch begann der Widerstand der Kreatur zu erlahmen. Immer unkontrollierter wurden ihre Bewegungen, immer verzweifelter ihr Versuch, sich dem wütenden Ansturm der Gorillas zu entziehen.
    Dann kam der Moment, in dem deutlich wurde, dass das Wesen den Kampf verloren hatte. Sein Wutschnauben ging in Wehklagen über. Schreie, die entfernt an einen Menschen erinnerten, übertönten das Brausen des Portals. Dann brach der Namenlose zusammen. Die Gorillas stürzten auf ihn ein, zerfetzten und zerrissen ihn und verstreuten seine Überreste auf dem Boden. Ein letztes Mal noch bäumte sich der Widersacher auf. Seinen Körper aufgerichtet, den Kopf in den Nacken gelegt, drang ein letzter furchtbarer Schrei aus seiner Kehle.
    » MAAA  … TH  … EEEW !«

80
    I m Schein des leuchtenden Portals kehrten die Gorillas zu ihren Familien zurück. Diejenigen, die verletzt oder getötet worden waren, wurden von ihren Angehörigen ins sichere Unterholz gezogen und dort betrauert. Schon bald war der gesamte Platz freigeräumt.
    Richard stand benommen auf. Er klopfte den Schnee von seiner Hose, dann gab er Wilcox das Zeichen, die Überreste des Pflanzenwesens mit dem Flammenwerfer der Soldaten zu vernichten. Er umrundete das Schlachtfeld und ging zu der kleinen Gruppe von Menschen hinüber, die seitlich des Portals zu Füßen der Pyramide saß. Das Licht warf zuckende Schatten ins Unterholz. Amy kümmerte sich um Karl und Mellie, während Richard im Geiste die Häupter der Neuankömmlinge zählte. Plötzlich stutzte er. »Wo ist Dan …?«
    »Dan ist tot«, sagte Amy. »Er hat es nicht geschafft.« Sie deutete auf die rauchenden Überreste im Wald.
    »Um Himmels willen …«
    Amy nahm seine Hand. »Wir haben keine Zeit für lange Erklärungen. Das Portal kann sich jeden Moment wieder schließen, und wir müssen K’baa zurückschicken.« Sie deutete auf das Geschöpf, das neben Ray saß. Richard war so mit der Bergung seiner Freunde beschäftigt gewesen, dass ihm erst jetzt auffiel, dass dieser Gorilla Kleidung und Waffen trug.
    »Was ist das …?«
    »Ein G’ombe. Eine auf der anderen Seite beheimatete Spezies, die unseren Gorillas in ihrer Entwicklung weit voraus ist.«
    Der Gorilla hob seinen Kopf. Er blickte Richard fest in die Augen, dann deutete er mit dem Finger auf sich.
    »K’baa.«
    Richard war wie vom Donner gerührt.
    »Ich halt’s nicht aus«, stieß er hervor. »Der kann ja reden.«
    »Das können sie alle«, sagte Amy. »Trommle die anderen zusammen. Wir brauchen warme Decken und Tee. Und sieh zu, dass ihr irgendwo einen Medikamentenkoffer auftreibt. Wir treffen uns dann da vorn bei den Ruinen.«
    »Geht klar.« Er zog seine Jacke aus und warf sie Ray zu. Der Ire fing sie aus der Luft und hängte sie Amy über die Schultern. Dann legte er seinen Arm um die Biologin und führte sie zu den Ruinen. Der fremde Gorilla trabte hinter den beiden her.
    Ein seltsames Gespann. Es war unübersehbar, dass Amy und Ray etwas füreinander empfanden. Die Art, wie er sie hielt … wie sie ihren Arm um ihn schlang und ihn dabei ansah …
    Er riss sich von dem Anblick los.
    Agnes und ihre Leute waren inzwischen eingetroffen und halfen Richard dabei,
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