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Korona

Korona

Titel: Korona
Autoren: Thomas Thiemeyer
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Pyramide nahm die Spannung immer mehr zu. Die Blitze krachten jetzt im Sekundentakt zur Erde. Elmsfeuer und Polarlichter brachten die Atmosphäre zum Kochen. Er wurde das Gefühl nicht los, dass sie etwas vergessen hatten. Plötzlich fiel es ihm ein. »Heilige Scheiße«, rief er.
»Das Feuer.«
    »Was ist los?« Karl runzelte die Stirn.
    »Wir haben vergessen, das Feuer auszumachen.«
    »Jetzt hör aber auf. Der Regen muss es doch längst gelöscht haben.«
    »Und was, wenn nicht? Vielleicht ist uns das Schiff gefolgt. Vielleicht haben sie die Flammen gesehen.«
    »Glaube ich nicht. Ihr habt es doch selbst erst im letzten Moment entdeckt. Ich glaube, du machst dich verrückt. Außerdem, du glaubst doch nicht im Ernst, dass irgendjemand es wagt, mit so einem großen Schiff durch den Sturm zu fliegen.«
    »Nicht irgendjemand, aber die Kaiserin schon«, sagte Amy.
    »Ihr hättet sie erleben sollen. Die würde eher das Leben ihrer Untergebenen opfern, als klein beizugeben. Wenn das Feuer tatsächlich noch gebrannt hat, könnte sie es gesehen haben. Ausgeschlossen ist das nicht.«
    Ray hatte genug gehört. Er musste nachsehen, ob ihnen jemand gefolgt war. Außerdem wollte er nachsehen, was da so geschrien hatte. Irgendetwas an diesem Schrei war ihm vage vertraut vorgekommen. Mit zusammengepressten Lippen trat er in den Regen hinaus.
    »Was hast du vor?«
    »Ich bin gleich wieder da.«
    »Halt, tu das nicht. Das hat doch keinen Sinn.« Amy versuchte, ihn zurückzuhalten, aber da war er schon mehrere Meter in den Wald gelaufen.
    »Bleib hier, das Portal kann sich jeden Moment öffnen.«
    Den Rest bekam Ray nur noch mit halbem Ohr mit. Er hatte immer noch diesen Schrei in den Ohren. Er hatte diesen furchtbaren Verdacht, den er einfach nicht aus seinem Kopf bekam. Das Geräusch war keine hundert Meter weit entfernt gewesen. Bei dem ständigen Rumpeln und Krachen aus dem Himmel war es überhaupt ein Wunder, dass er es gehört hatte.
    Er rannte etwa fünfzig Meter, dann blieb er stehen.
    »K’baa!«, schrie er, die Hände zu einem Trichter formend.
    Plötzlich erhielt er eine Antwort. Über das Rumpeln des Donners hinweg erklang ein keuchendes Zischen. Es hörte sich an, als würde Wasser auf eine heiße Herdplatte fallen.
    »K’baa?«
    Eine Kaskade von Elmsfeuern lief durch die benachbarten Bäume und erleuchtete für einen Moment den gesamten Wald. Im kalten Licht der Entladung sah Ray etwas, das ihm das Blut in den Adern gefrieren ließ. Sein Freund hing keine zehn Meter entfernt in den Zweigen einer fremdartigen, knorrigen Pflanze. Sein Körper war schlaff, die Gliedmaßen in einer unnatürlichen Haltung verrenkt. Die Augen waren geschlossen und quer über sein Gesicht zog sich eine frische rote Wunde, aus der schwarzes Blut sickerte.
    »K’baa?«
    » DEIN FREUND KANN DIR NICHT ANTWORTEN !«
    Die Stimme war laut und deutlich und sie kam von überall her. Er erstarrte.
    Weitere Elmsfeuer zerrissen die Dunkelheit.
    Ray spähte umher, dann sah er es.
    Das war kein Baum. Es war noch nicht mal eine Pflanze.
    Zuckungen liefen über seine Außenhaut. Das Licht spiegelte sich auf Strängen und Knoten, die sich schlangengleich unter der Oberfläche kräuselten. Zwei helle blaue Augen starrten auf ihn herab.
    Ray öffnete den Mund. Er versuchte etwas zu sagen, aber es gelang nicht. Seine Kehle war wie zugeschnürt.
    » HALLO , MATTHEW .«
    Ray wusste nicht, was er sagen sollte. Es gab nur einen einzigen Menschen, der solche Augen hatte.
    »William?«
    » DANN ERKENNST DU MICH ALSO WIEDER ? DAS IST GUT , DENN ICH ERKENNE DICH EBENFALLS !«
    Diese Stimme.
Das personifizierte Böse.
    Die Kreatur sah kurz zwischen ihm und dem schlaffen Körper in ihren Armen hin und her.
    » WILLST DU IHN WIEDERHABEN ? HIER , FANG !«
    Mit müheloser Leichtigkeit schleuderte sie den zweihundert Kilo schweren Körper seines Freundes durch die Luft. Nur wenige Meter von Ray entfernt schlug K’baa zu Boden. Ein keuchender Laut drang aus seiner Kehle.
    In diesem Moment fand Ray wieder zu sich selbst. Er lief seinem Freund entgegen und kauerte sich neben ihn. Mit nervösen Handgriffen untersuchte er seinen Leib. Er war zwar kein Spezialist, aber es schien nichts gebrochen zu sein. Mit etwas Glück war K’baa einfach nur ohnmächtig.
    Ray hob den Kopf. Seine Augen fest auf den Widersacher geheftet, versuchte er, nicht in Panik zu fallen. Was ihm da gegenüberstand, war ein Hybrid. Eine Mischung aus Mensch und Pflanze. Das wirklich Erschreckende aber war,
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