Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kommissar Morry - Dunkle Maechte

Kommissar Morry - Dunkle Maechte

Titel: Kommissar Morry - Dunkle Maechte
Autoren: Hans E. Koedelpeter
Vom Netzwerk:
denn morgen sollte die Verlobung gefeiert werden. Unwillkürlich schloß das schöne Mädchen die Augen, fuhr aber erschrocken herum, als plötzlich die Tür mit einem Ruck aufgestoßen wurde.
    „Mach' nicht so ein enttäuschtes Gesicht“, lächelte Richard Withmann und streichelte das Haar seiner Tochter, „ich weiß, daß du deinen Peter erwartet hast, nicht wahr?“
    Patricia wurde rot. Frei und offen sah sie ihren Vater an und nickte stumm mit dem Kopf.
    „Bist du glücklich, mein Kind?“ fragte Richard Withmann und zog das Mädchen an sich.
    Zärtlich schlang Patricia ihre Arme um den Nacken des breitschultrigen Wirtes und flüsterte ihm verschämt ins Ohr: „Und wie, Vater!“
    Aufseufzend ließ sich der Mann in einen Sessel fallen. „Ich hätte eine Bitte“, begann er mit schwerer Stimme, „morgen früh will Tante Ella nach London fahren . . .“
    Als der Vater schwieg, blickte ihn Patricia forschend an. Verlegen sah der ältere Mann beiseite, dann brachte er stockend hervor: „Ich will John noch einmal helfen, das letzte Mal, wirklich das letzte Mal“, fuhr er zornig auf und ließ seine Faust aufden Tisch fallen.
    „Bitte, Vater, rege dich nicht so auf“, flehte das junge Mädchen, „das schadet deiner Gesundheit.“
    „Zum Teufel“, knurrte der Wirt, „wie soll das nur weitergehen? Ich arbeite Tag und Nacht, nur um die Schulden des feinen Herrn zu bezahlen. Nein, nein, so geht das nicht weiter! Es ist das letzte Mal, daß ich ihm helfe, in Zukunft soll er allein sehen, wie er weiterkommt.“
    Mit einer unwilligen Gebärde riß er seine Brieftasche hervor und zog mit zitternden Fingern einige Scheine heraus. „Das schöne Geld“, stöhnte er, „hundertundzehn Pfund . . . wie lange muß ich dafür arbeiten, und dieser Kerl schämt sich nicht, seinen alten Vater immer wieder um Geld anzugehen.“
    Stillschweigend legte Patricia die Scheine in ihr Handtäschchen. Das Gespräch war ihr peinlich. Auch sie hatte für ihren Stiefbruder nichts übrig, sie verachtete ihn sogar, weil er die Gutmütigkeit des Vaters immer wieder ausnützte. In ihre Gedanken hinein erklang die schwere Stimme Richard Withmanns: „Meine Geduld ist erschöpft, Patricia! Ich kann es dir gegenüber nicht verantworten, daß ich diesem Schurken immer wieder geholfen habe. Es ist auch dein Geld, mein Kind, das dieser Halunke vergeudet. Fortan soll er allein sehen, wie er weiterkommt, und wenn er im Zuchthaus endet, mir ist es gleichgültig. Achtundzwanzig Jahre ist der junge Herr, angeblich studiert er Medizin. Wenn du wüßtest, was ich alles über ihn erfahren habe, Patricia, ich darf gar nicht daran denken, sonst läuft mir die Galle über. Und dann schreibt mir dieser Waschlappen laufend Jammerbriefe, er benötigt das Geld dringend für sein Studium, ich weiß ganz genau, daß der Kerl schon vor einem Jahr das Studium auf gegeben hat.“
    „Vater!“ rief erschrocken das junge Mädchen aus, „das habe ich ja noch gar nicht gewußt. Ist das auch wirklich wahr?“
    „Reden wir nicht mehr darüber“, knurrte der Wirt gereizt, „ich will von dem Rumtreiber nichts mehr hören; heute ist es unwiderruflich das letzte Mal, daß ich ihm Geld zukommen lasse. ,Ehrenschulden'“, höhnte er, „er müsse sich sonst das Leben nehmen, na, geh schon, mein Kind und bringe Tante Ella das Geld, damit sie es John morgen in London übergibt.“
    Das Häuschen der Tante lag ein wenig außerhalb der Ortschaft. Patricia hatte sich auf ihr Rad 'geschwungen, da der Nebel sich verflüchtigt hatte. Während der Fahrt beschäftigten sich die Gedanken Patricias mit ihrem Stiefbruder John. Sie nahm sich vor, in den nächsten Tagen nach London zu fahren, um ihm ins Gewissen zu reden. Vielleicht würde es ihr gelingen, John zur Vernunft zu bringen. Ein kleiner Berg zwang sie, das Tempo zu verlangsamen. Hinter dieser Anhöhe wohnte die Tante. Keine zehn Minuten mehr und sie würde ihr Ziel erreicht haben. An beiden Seiten des Weges standen Wacholderbüsche und riesige Eichen, deren blätterloses Geäst sich bizarr von dem hellen Nachthimmel abhob. Das junge Mädchen vernahm nicht daß ein 'Radfahrer sich ihr im schnellen Tempo näherte. In jagender Fahrt kam der Unheimliche angerast, seine Faust hielt einen Holzhammer umspannt. Wie ein Untier hockte er im Sattel. Tief hatte er seinen Hut ins Gesicht gezogen, man sah nur die dämonisch funkelnden Augen, die wie die eines Menschen wirkten, der nicht im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte war. Sein
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher