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Komm zu mir, Schwester!

Komm zu mir, Schwester!

Titel: Komm zu mir, Schwester!
Autoren: Lois Duncan
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von Dad. Neal machte sich bereit, im Kamin Holz nachzulegen, und Meg erklärte mit großem Nachdruck: »Nur weil du ein ›s‹ angehängt hast, ist das noch kein anderes Wort. Das ist nur noch mehr dasselbe Wort wie vorher, deshalb sollte das nicht zählen.«
    Meine Liebe zu ihnen wuchs in mir mit einer solchen Kraft, dass es schon wehtat. Hier gehörte ich her, sollte Lia doch hintreiben, wo sie wollte. Jetzt wusste ich genug über sie, um mich zu schützen und die Leute, an denen mir lag. Jeff und ich würden die Sache später besprechen und versuchen, meine neuen Entdeckungen ins rechte Licht zu rücken. In diesem Moment wollte ich einfach nur mit meiner Familie zusammen sein.
    In meinem Zimmer lag der Körper eines schlanken, dunkelhaarigen Mädchens, dort, wo ich ihn zurückgelassen hatte. Ich bewegte mich darauf zu, erwartete schon den Augenblick, in dem die Silberschnur mich wieder in seinen Besitz bringen würde. Zu meiner Überraschung kam dieser Moment nicht. Stattdessen spürte ich einen Widerstand, als ob eine unsichtbare Barriere errichtet worden wäre. Ich wusste, dass das unmöglich war. Denn wenn es eines gab, was nach den Büchern, die Helen für mich gekauft hatte, felsenfest stand, dann war es, dass die Kraft der Schnur zunahm, wenn der Astralkörper sich seinem physischen Gegenstück näherte. Wie konnte sich dieses magnetische Feld plötzlich umgekehrt haben?
    Die Schnur konnte nur vom Tod zerrissen werden und mein Körper war nicht tot. Er war lediglich in einem scheintoten Zustand.
    Wie als Beweis dafür schlug das Mädchen auf dem Bett die Augen auf.
    Ungläubig starrte ich sie an. Das waren meine Augen! Wie konnte sie die aufmachen, wenn ich daran nicht mit meinem Willen beteiligt war? Das war mein Gesicht – mein Körper. Das war doch ich!
    Das Mädchen setzte sich auf, gähnte und reckte die Arme über den Kopf mit dem vom Schlaf wirren Haar.
    Â»Ich glaube, ich bin jetzt doch hungrig«, sagte sie.

ZWANZIG
    DIE FOLGENDEN STUNDEN ver schwimmen in meiner Erinnerung zu einem Nebel. Ich hab gehört, dass der Verstand sich in Zeiten totalen Entsetzens auf diese Weise vor dem Durchdrehen schützt. Das Mädchen aus meinem Zimmer (Wie soll ich sie nennen? Laurie? Nein … ich war Laurie … ich bin immer Laurie gewesen!) ging in die Küche und schmierte sich ein Brot. Hilflos schaute ich zu, wie Lauries Hände, meine Hände, die Erdnussbutter auf eine Scheibe Brot strichen und noch eine Scheibe darauflegten. Ich schaute zu, als sie ihren Imbiss mit nach oben ins Wohnzimmer nahm und sich zu meinen Eltern und meinen Geschwistern vor den Kamin setzte.
    Taub vom Schock, unfähig, irgendetwas zu tun, das sie aufhalten konnte, hörte ich Lia mit Lauries Stimme sprechen.
    Â»Hi«, sagte sie.
    Â»Hi, Schatz«, antwortete Mom. »Hör mal, es tut mir leid, dass ich vorhin so ausgerastet bin. Dad meint, ich habe überreagiert, und wahrscheinlich hat er recht.«
    Â»Schon in Ordnung«, sagte das Mädchen. »Hat mir nichts ausgemacht.«
    Â»Natürlich hat es dir was ausgemacht, sonst wärst du ja nicht einfach so rausgerannt.«
    Â»Das ist, als würde man sich im Kreis drehen«, sagte Dad. »Mit diesem Thema kommen wir keinen Schritt weiter. Deine Mutter geht sofort hoch, aber sie kann nichts dafür. Es regt sie nun mal auf, darüber zu reden oder dich darüber reden zu hören. Und es hat keinen Sinn, damit weiterzumachen. Okay?«
    Â»Okay«, sagte Lia. »Sorry. Warum sollte ich mir auch Gedanken über eine Vergangenheit machen, an die ich mich nicht erinnern kann. Reicht doch, dass ich jetzt hier bei euch lebe.«
    Â»Ich wünschte, du würdest mal Klartext reden«, beschwerte sich Neal. »Zuerst dieses Zeug mit den ›Wurzeln‹ und jetzt das hier. Was war es denn, worüber Mom so sauer geworden ist? An welche ›Vergangenheit‹ kannst du dich nicht erinnern?«
    Â»Ihre Babyzeit«, sagte Dad. »Kannst du dich an deine erinnern?«
    Â»Nicht an alles«, sagte Neal. »Ich weiß noch, wie Mom Meg aus dem Krankenhaus mit nach Hause gebracht hat. Sie hatte ein echt verkniffenes Gesicht und keine Zähne.«
    Â»Ich finde, ich war süß«, bemerkte Meg. »Ich hab die Bilder im Album gesehen. Das Frühste, an das ich mich erinnern kann, ist meine Taufe. Ich hatte dieses wunderschöne Kleid mit den Spitzen
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