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Das Fulcanelli-Komplott (German Edition)

Das Fulcanelli-Komplott (German Edition)

Titel: Das Fulcanelli-Komplott (German Edition)
Autoren: Scott Mariani
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Kapitel 1
Irgendwo in Frankreich,
Oktober 2001
     
    Pater Pascal Cambriel zog sich den Hut fest über den Kopf und schlug den Mantelkragen hoch, um sich gegen den peitschenden Regen zu schützen. Der Sturm hatte die Tür zum Stall aufgerissen, und die Hühner rannten in Panik durcheinander. Der vierundsechzig Jahre alte Priester trieb sie mit seinem Stab wieder zurück und zählte nach, ob alle da waren. Was für eine Nacht!
    Ein Blitz erhellte für Sekundenbruchteile den Hof und das alte Dorf ringsum. Hinter der Mauer des Gartens lag die aus dem zehnten Jahrhundert stammende Kirche von Saint-Jean mit ihrem einfachen Friedhof, auf dem die verwitterten Grabsteine allmählich zerfielen und von Efeu überwuchert wurden. Die Dächer der Häuser und die schroffe Landschaft dahinter erstrahlten hell im Licht eines Blitzes und versanken in schwärzester Nacht, als eine Sekunde später der Donner folgte. Völlig durchnässt vom Regen, schob Pater Pascal den Riegel vor die Tür und sperrte die gackernden Vögel ein.
    Ein weiterer Blitz durchzuckte den Himmel. Der Priester wandte sich um und wollte hastig ins Haus zurückkehren, als ihm etwas ins Auge fiel. Erschrocken hielt er inne.
    Einen kurzen Augenblick hatte er eine zerlumpte, hagere Gestalt gesehen, die ihn über die niedrige Mauer hinweg beobachtete. Doch sogleich war sie wieder verschwunden.
    Pater Pascal rieb sich mit den nassen Händen die Augen. Hatte er sich die Gestalt etwa nur eingebildet? Ein weiterer Blitz zuckte auf, und in dem kurzen Moment flackernden weißen Lichts sah er, wie die fremde Gestalt aus dem Dorf hinaus und in den dahinterliegenden Wald rannte.
    Nach all den Jahren in seiner Gemeinde war es der Priester gewohnt, jeder in Not geratenen Seele augenblicklich zu helfen. «Warte!», rief er gegen den Wind. So schnell, wie sein krankes Bein es zuließ, humpelte er durch das Tor nach draußen und eilte die schmale Gasse zwischen den Häusern entlang zu der Stelle, wo der Mann in den Schatten der Bäume verschwunden war.
    Kurz darauf fand Pater Pascal den Fremden mit dem Gesicht nach unten im Unterholz am Waldrand liegen. Er zitterte am ganzen Leib und hielt sich die dürren Seiten. Trotz des Regens und der Dunkelheit konnte der Priester erkennen, dass die Kleidung des Mannes in Fetzen hing. «Gütiger Gott!», murmelte er voller Mitgefühl und zog, ohne nachzudenken, seinen Mantel aus, um ihn dem Fremden zu geben. «Mein Sohn, ist alles in Ordnung? Was ist passiert? Bitte lass mich dir helfen.»
    Der Fremde redete mit leiser Stimme zu sich selbst, ein wirres Gemurmel, durchsetzt von Schluchzern. Seine Schultern zuckten. Pater Pascal legte ihm den Mantel über den Rücken, während er spürte, wie sein eigenes Hemd vom strömenden Regen augenblicklich durchnässt wurde. «Wir müssen ins Haus», sagte er mit leiser, beruhigender Stimme. «Ich habe eine warme Stube, etwas zu essen und ein Bett. Ich rufe Doktor Bachelard. Bist du imstande zu gehen?» Er versuchte den Mann vorsichtig herumzudrehen, um seine Hände zu nehmen und ihm aufzuhelfen.
    Entsetzt zuckte er vor dem zurück, was der nächste Blitz enthüllte. Das zerfetzte Hemd des Mannes war blutgetränkt. Sein ausgemergelter Körper war überzogen von langen, tiefen Schnitten. Schnitte über Schnitte. Wunden, die verheilt und erneut geöffnet worden waren.
    Pascal traute seinen Augen nicht. Es waren keine willkürlichen Schnitte, sondern Muster. Blutverkrustete Symbole und Formen.
    «Wer hat dir das angetan, mein Sohn?», fragte der Priester, der nun das Gesicht des Fremden genauer betrachtete. Es war runzlig, wie vertrocknet, hager wie bei einer Mumie. Wie weit war er in diesem Zustand durch die Nacht geirrt?
    Mit spröder Stimme murmelte der Mann etwas. «Omnis qui bibit hanc aquam …»
    Verwundert bemerkte Pater Pascal, dass der Fremde lateinisch sprach. «Wasser?», fragte er. «Du möchtest Wasser?»
    Der Mann murmelte unablässig weiter, während er den Geistlichen aus wilden Augen anstarrte und an seinem Ärmel zerrte. «… si fidem addit, salvus erit.»
    Pascal runzelte die Stirn. Der Mann sagte irgendetwas über Glaube und Erlösung? Er redet wirr , dachte der Priester. Die arme Seele ist umnachtet. Der nächste Blitz zuckte beinahe direkt über ihnen; und noch während der Donner grollte, sah Pascal mit Erschrecken, dass der Mann die blutigen Finger fest um den Griff eines Messers geschlungen hatte.
    Ein Messer wie dieses hatte er noch nie gesehen: ein kreuzförmiger Dolch mit einem
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