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Kolonie der Genetics

Kolonie der Genetics

Titel: Kolonie der Genetics
Autoren: Alfred Bekker
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herein eine Autonomie für die Drei Systeme ins Auge gefasst zu haben und war in dem Moment, als man sich schließlich für unabhängig erklärte, in dieser Hinsicht gut darauf vorbereitet …
    Jelinda deutet zu dem Diskus-Objekt hinauf.
    »Das sind sicher wieder ein paar von den Konzernfuzzis, die uns kontrollieren wollen.«
    »Nicht uns. Unsere Eltern.«
    »Uns auch. Glaub mir. Die erstellen Protokolldaten über uns. Jede Matheaufgabe, die wir während unserer Ausbildung lösen, jede Computeroperation, jede Nutzung des Datennetzes – das wird alles festgehalten.« Sie lacht und fügt noch etwas hinzu: »Wir sind die kommende Generation, Simon! Die Zukunft! Ist doch klar, dass die sehen wollen, wie wir uns entwickeln!«
    In diesem Moment glaubt sie wohl selbst daran. Vierzehn Jahre später erscheint mir das wie blanker Hohn. Ich habe an diese Worte noch oft gedacht. Besonders, als ich später als Extremwelten-Bergbauingenieur für den TR-Tec-Konzern ausgedient hatte.
    Die Zukunft, deren Teil ich angeblich war, dauerte nicht besonders lange. Die durchschnittliche Lebenserwartung eines Erdmenschen liegt bei 110 Jahren. Wie hoch sie bei den Genetics meiner Generation liegt, weiß noch niemand. Man schätzt, dass sie zwanzig oder dreißig Jahre darüber liegen könnte.
    Als man mich nach meinen Jahren im Ingenieursdienst schließlich vor die Tür setzte, mit über einem Jahrhundert an verbleibender Lebenserwartung vor mir, war ich so niedergeschlagen, dass ich mir manchmal gewünscht hätte, man hätte die Lebensdauer nach unten angepasst. Ich dachte, dass dies vielleicht humaner gewesen wäre. Aber über diesen Punkt bin ich einigermaßen hinweggekommen.
     
     
    Manchmal jedoch kehren die Schatten zurück.
    Es hilft mir, diese Aufzeichnungen anzulegen. Das jeweilige Datenvolumen im Verhältnis zur Zeitleiste ist ein ziemlich deutlicher Indikator für den Status meiner psychischen Gesundheit. Aber ich versuche, über diesen Aspekt nicht allzu viel nachzudenken und du solltest es auch nicht tun.
    An Bord eines Raumschiffs wie der STERNENFAUST II ist immer viel zu tun. Vor allem für den Leitenden Ingenieur. Dass meine Techniker manchmal etwas schwer von Begriff sind und ich bei Erklärungen immer sehr langsam vorgehen muss, daran habe ich mich einigermaßen gewöhnt. Ich bin keines der Superhirne, die heutzutage als die Zukunft der Genetics betrachtet werden.
    Nein, genau genommen bin ich bereits Geschichte. Ein Fossil, das sich selbst überlebt hat. So gesehen schmerzt jeder Gedanke an die glücklichen Tage im Methan-Frühling von Galunda Prime. Damals hatte ich noch den Glauben an eine Zukunft. Irgendwie scheint der Mensch einen Glauben an die Zukunft zu benötigen, um psychisch stabil bleiben zu können.
    Die Menschen …
    Ich spreche von ihnen und von uns , als wären wir dasselbe. Das sind wir nicht. Wir stammen voneinander ab, aber das ist auch schon alles. Mein Problem und das Problem aller, deren Optimierung durch eine bessere Version abgelöst wurde, ist, dass sie zu keiner Seite wirklich dazugehören.
    Ich bin kein Erdmensch, kein Alt-Mensch. (Man sagt, bösartigere Stimmen nennen die Alt-Menschen auch die Minderwertigen. Die offiziellen Sprachregelungen neigen da eher zum Euphemismus. Aber seit die jetzt unabhängigen Genetiker-Welten allen, die keine Optimierungen aufwiesen, die Bürgerrechte entzogen und sie des Territoriums verwiesen haben, hat man auch sprachlich jede Scheu verloren. Manche sagen, dass jetzt in der Konzernzentrale und in der Administration des Lord-Managers endlich das ausgesprochen wird, was man ohnehin schon seit langem dachte. Ohne rücksichtsvolle Sprachregelung. Aber das ist ein anderes Thema. Niemand weiß darüber besser Bescheid als du, sodass ich mit meinen Anmerkungen wahrscheinlich bei dir ohnehin nur offene Türen einrenne.)
     
     
    Bevor wir die Station betreten können, müssen wir durch eine Schleuse. Vorher stoße ich das Methan explosionsartig aus meinem entsprechenden Lungenflügel aus. Es ist dasselbe wie vorher mit dem Sauerstoff. Schließlich will ich niemandem in der Station eine Wolke Sumpfluft ins Gesicht blasen. Das ist mir mal als Kind passiert. War ziemlich peinlich, aber inzwischen bin ich so alt, dass man von mir erwartet, dass ich das im Griff habe.
    Eine Zeitlang fanden es einige meiner Altersgenossen ziemlich cool, sich einen Teil des Methans aufzusparen und dann innerhalb der Station bei allen möglichen und unmöglichen Gelegenheiten das Gas
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