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Kolonie der Genetics

Kolonie der Genetics

Titel: Kolonie der Genetics
Autoren: Alfred Bekker
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bestanden hätte, hätte sie es mir sofort erzählt. Da sie das nicht getan hat, kann das nur heißen, dass sie die nötige Punktzahl nicht erreicht hat. Warum auch immer.
    Jedenfalls musste ich sie irgendwann fragen und konnte damit zumindest den Zeitpunkt dieses trübsinnigen Gesprächs bestimmen. Aber das allein kann manchmal auch schon wertvoll sein.
    Sie schüttelt also den Kopf. »Es fehlten mir ganze 23 Punkte.«
    »Und was ist jetzt?«
    »Was soll schon sein, ich muss sie noch mal machen. Das ist alles.« Sie seufzt. »Eine Chance habe ich noch, bevor ich aussortiert werde.«
    »Ach komm, jetzt male den Teufel mal nicht an die Wand! Warum sollte man dich aussortieren?«
    »Genetische Optimierung ist keine Garantie für Spitzenleistung, sondern nur die Voraussetzung dafür«, belehrt sie mich und ich konnte mich an ähnliche Formulierungen erinnern, die uns vorzugsweise von Erwachsenen bei jeder passenden und manchmal auch unpassenden Gelegenheiten vorgebetet wurden. Von Zeit zu Zeit hatte ich dabei den Verdacht, dass sie so etwas nur sagten, um ihre eigene Autorität etwas zu stärken. Aber es muss auch schwierig sein, Nachwuchs zu erziehen, von dem man weiß, dass er einen nicht nur irgendwann überflügeln wird , sondern bereits überflügelt hat .
    Vielleicht lassen die Optimierer menschlichen Erbgutes in den Forschungszentren auf Genet sich irgendwann mal etwas Passendes einfallen, um dieses Dilemma zu lösen.
    Ich bin überzeugt davon, dass dies geschehen wird.
    Jelinda zuckt mit den Schultern. »Es gibt immer Ausschuss trotz aller Optimierung. Und ich habe manchmal das Gefühl, dass ich zu diesem Ausschuss gehöre und sich das nur noch nicht herausgestellt hat.«
    »Das ist doch Unsinn! Erstens gibt es überhaupt keinen Grund dafür, warum du die A3 nicht beim zweiten Mal schaffen solltest und zweitens gibt es sicher auch dann noch andere Möglichkeiten.«
    Sie schüttelt energisch den Kopf. »Nein, die gibt es nicht. Da habe ich mich schon vorher genauestens informiert. Es gibt dann keine Möglichkeiten mehr, Bergbauingenieur für Extremwelten zu werden. Auch keine Hintertür. Ich verliere dann auch jeglichen Anspruch auf Förderung und werde praktisch einem Nicht-Optimierten rechtlich gleichgestellt. Ich werde nichts anderes beginnen können. Jedenfalls nicht mit Erfolg.«
    »Gibt es irgendeinen Grund, schon mit dem Gejammer anzufangen, bevor ein richtiger Grund dafür vorhanden ist?«, fahre ich sie zugegebenermaßen etwas wenig sensibel und genervt an.
    Soll sie den Test doch erst zum zweiten Mal versuchen, bevor sie in Selbstmitleid versinkt und ihr Leben in einer Sackgasse wähnt!
    Ich denke eigentlich, dass sie jetzt zurückgiftet. Dass sie irgendetwas sagt, was ihr hinterher leid tut, was sie dann wiederum besänftigt. Wie in einem sich selbst regulierenden System. Aber das ist nicht der Fall. Nicht heute.
    Sie sitzt einfach da und starrt vor sich hin. »Du verstehst das sowieso nicht«, sagt sie. »Ich glaube, das tut niemand.«
    »Dann versuch es mir zu erklären«, schlage ich ihr vor.
    Sie hebt den Kopf. Ihre Facettenaugen sehen mich an. Ich bin später sehr oft mit ästhetischen Vorbehalten gegenüber Facettenaugen konfrontiert worden – Vorbehalten, die zumeist unausgesprochen blieben und doch eine unsichtbare, trennende Wand zwischen mir und meinen jeweiligen Gesprächspartnern darstellten. Ich konnte diese Vorbehalte nie teilen, so wie ich auch die Annahme nicht teilen kann, man könne in solchen Augen nicht genauso gut lesen wie in den ganz gewöhnlichen Sehorganen des Menschen. Vielleicht ist das alles einfach nur eine Frage der Gewöhnung.
    »Ich habe geahnt, dass ich die A3 nicht bestehen werde«, gibt sie zu.
    »Ach, komm schon – böse Ahnungen sind was für Esoteriker und davon sollte es eigentlich nur bei den Kridan und unter den Alt-Menschen noch welche in nennenswerter Anzahl geben!«
    »Ich meine es ernst. Und soll ich dir noch was sagen? Ich teile dieses gesteigerte Interesse an Maschinen, an technischen Systemen und an Berechnungen aller Art nicht, das ich bei dir jedes Mal spüre, wenn du am Schirm sitzt und dich in komplexe Berechnungen stürzt. Es langweilt mich, irgendwelche Maschinen für irgendwelche hypothetischen Erze unter genauso hypothetischen Extrembedingungen zu entwickeln. Das heißt nicht, dass ich es nicht vielleicht doch könnte, aber es ist einfach nicht das, worüber ich gerne nachdenke. Ich sehe, dass es bei dir anders ist. Ich meine, wie ist es sonst
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