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Klotz Und Der Unbegabte Moerder

Klotz Und Der Unbegabte Moerder

Titel: Klotz Und Der Unbegabte Moerder
Autoren: Christian Klier
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noch?«
    »Längst pensioniert«, winkte Charly ab. »Den hat doch vor zwei Jahren der Löhlein beerbt.«
    »Ausgerechnet Löhlein?«, feixte Winter ungläubig. »Unser Arschkriecher Heinz-Uwe ist jetzt Abteilungsleiter?«
    Charly zuckte gelangweilt mit den Achseln. »Was hast du denn erwartet? Loyalität vor Qualität, du kennst doch den alten Führungsgrundsatz.«
    »Hättest halt doch öfter mal deinen Mund halten sollen!« Winter klopfte ihm süffisant auf die Schulter. »Dann wärst du jetzt mit fünfundvierzig nicht bloß Kommissar! Wie hat der Alte immer gesagt? ›Kritik ist wichtig und erwünscht, aber bitte nicht jetzt und hier!‹«
    »Hör bloß auf, die Zeiten sind Gott sei Dank vorbei! Und die große Reform der bayerischen Polizei hat man ja auch wieder zurückgenommen. – Da! Schau!«
    Mit einer winzigen Handbewegung zeigte Charly in den atemberaubenden Ausschnitt einer Brasilianerin, die sich gerade gebückt hatte, um Steinchen aus ihren Schuhen zu schütteln. »Und das ist übrigens der wahre Grund, warum der Schlossplatz nie geteert wird und hier immer nur der Splittbelag erneuert wird!«
    Winter ließ ein leises, anerkennendes Pfeifen hören.
    »Du sagst, die alten Zeiten sind vorbei … wie macht sich denn der neue Polizeichef?«
    »Ritter? Passt schon«, nickte Charly. »Ein paar moderne Führungsmätzchen natürlich, schließlich ist er ja ein Studienfreund von Staatssekretär Vöhringer, unserem nächsten bayerischen Innenminister. Ritter will vor allem Ergebnisse sehen, schnelle und gute Ergebnisse.« Er grinste. »Aber damit komme ich besser klar als ein Reichsbedenkenträger wie unser Heinz-Uwe Löhlein.«
    Sie hatten den schwarz-rot-goldenen »Leikeim«-Bierausschank vor der Ehrenburg erreicht und schlossen sich, in wortloser Übereinstimmung, der Warteschlange an. In der sanft herannahenden Abenddämmerung hatten alle Gastro-Zelte, Verkaufsstände und VIP -Pavillons mittlerweile ihre blauen, roten und gelben Lichterketten eingeschaltet. Am anderen Ende des Schlossplatzes, auf der taghell ausgeleuchteten Hauptbühne vor dem Landestheater, war der Moderator, ein kleinwüchsiger Berufsjugendlicher des Lokalradios, in seinem Element: In weißer Jeans, weißem Shirt und mit weißem Headset fegte er wie ein Irrwisch über die Bühne, um, mit heiser überkippender Stimme, den dreitausend Fans den Top-Act des Abends zu präsentieren: »Und hier sind sie; begrüßt mit mir, aus Pernambuco in Brasilien, welcome to Coburg-Samba-City, welcome the one and only Ba-te-ria do Sam-ba Bra-sil!«
    23:03 Uhr
    Letzte Zugabe der »Bateria do Samba Brasil«: Aufpeitschend hämmerten die Samba-Rhythmen durch die schwülwarme Vollmondnacht. Trommeln und Tamburine rasten wie entfesselt, trieben Tänzerinnen und Zuschauer in einen infernalischen Wirbel purer Leidenschaft und Lebenslust; wie elektrisiert zuckten schweißnasse Leiber zum stampfenden Stakkato des Samba-Grooves – Ekstase …!
    … Ekstase! dachte Jasmin Keller fasziniert, Samba ist die absolute Ekstase! Der pure Sex. Unfassbar, was in Coburg heute Nacht wieder abgeht – wir sind der Nabel der Welt!
    Die dunkelblonde Studentin saß zwei Steinwürfe weiter im Hofgarten, dem Landschaftspark, der sich über den Schlossplatz-Arkaden an die Hänge des Festungsbergs schmiegt. Hingerissen lauschte sie zum Schlossplatz hinunter, der unter den brasilianischen Perkussionskaskaden förmlich zu vibrieren schien … oder war es nur der Caipirinha, der durch ihre Adern rauschte?
    Entspannt ließ sie sich wieder ins warme Gras zurücksinken. Ihre Lippen schmeckten immer noch leicht salzig. Was für ein geiler Tag: von Alex im »Carrera« abgeholt, den ganzen Abend Samba-Party und jetzt den coolen Porschefahrer endlich mal ganz privat ins Schwitzen gebracht …
    This … could be the first … day of my life …!
    Wo Alex bloß so lang blieb?
    »Muss mal kurz austreten«, hatte er ihr vorhin ins Ohr gewispert und war ein Stück weiter hinter den großen, dunklen Büschen verschwunden.
    Jasmin blickte sich suchend um.
    Das Wiesenstück, das sie von ihrem Platz aus überblicken konnte, hatte sich geleert. Auch das Hippiepärchen, das dort drüben unter der Douglasie gelegen und sich unter seiner Decke stundenlang wie in Zeitlupe bewegt hatte, war nicht mehr da. Weiter oben, wo die Milchgesichter in ihren Skatershorts und Basecaps zusammengesessen hatten, steckten jetzt nur noch leere Flaschen – auf Stöcken, die in den Rasen gespießt waren. Sogar Bocksbeutel
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